•Sieben•

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...von Bücherdieben und nervigen Zicken.

Heute war es so weit! Endlich würde es wieder nach Hause gehen.

Hogwarts hatte schon vor längerer Zeit mein richtiges Zuhause ersetzt. Eigentlich schon seit ich das Schloss das erste mal betreten hatte.

Ich fühlte mich einfach, als ob ich da rein passen würde. Ich gehörte noch nie in die Muggelwelt, ich war schon immer eine Hexe!

Ich schloss meine Auge und ging zügig durch die Absperrung zwischen den Gleisen neun und zehn. Wie jedes mal fühlte ich mich, als wäre ich dort angekommen, wo ich schon immer hingehörte. Bei dem Gedanken daran, dass dies meine letzte Fahrt nach Hogwarts war, stiegen mir sogar ein paar Tränen in die Augen, die ich aber schnell wegblinzelte.

Ich schob meinen Koffer in Richtung Schülersprecherabteil und ließ mich, dort angekommen, auf den nächstbesten Sitz fallen.

Im Schulsprecher/Vertrauensschülerabteil hatte jeder seinen eigenen Sessel, zumindest jedes Haus welche in seiner Farbe, und anscheinend hatte ich auch einen Gryffindor erwischt, denn das Sitzpolster war rot.

Ich schloss kurz die Augen und bereitete mich mental darauf vor, gleich Potter zu begegnen, oder sollte ich ihn James nennen? Würde ich dann auch Black Sirius nennen? Diese Fragen spukten in meinem Kopf herum.

Seufzend öffnete ich die Augen wieder und blickte auch schon in das mir bekannte Paar braune Augen, welches mich von der Tür aus fragend anblickte. Ich erwiderte den Blick kurz und fragte dann:

"Willst du nicht herein kommen?" "Doch", war seine schlichte Antwort, "aber da ich dich gerade seufzen gehört hab, Evans, würde ich gerne den Grund dafür erfahren. Nicht, dass ich schon wieder etwas angestellt habe, ohne dass ich davon weiß und du mich jetzt dafür gerne in die Luft jagen würdest."

Ich blickte ihn an und musste dann lachen. Es sah einfach zu lustig aus, wie er da mit eingezogenem Kopf stand, als würde gleich eine Bombe vor ihm explodieren. Und die Tatsache, dass ihn normalerweise nicht mal McGonagalls Blick einschüchtern konnte, machte die Sache noch lustiger.

Er atmete erleichtert aus und betrat jetzt auch mit seinem Gepäck das Abteil. Anscheinend war eine lachende Lily besser als eine seufzende Lily.

"Nein, nein, es hat mal Nichts mit dir zu tun", sagte ich, als ich mich einigermaßen wieder beruhigt hatte und er in der zwischen Zeit schon sein Gepäck mit einem 'Wingardium LeviOsa' auf die Gepäckablage gehievt hatte, "ach und ich wollte dir anbieten, mich,  jetzt da wir ziemlich viel mit einander zu tun haben, Lily zu nennen."

Kurz sah er überrascht aus, lächelte dann aber und nickte zustimmend.

Ich wusste nicht, ob er lächelte, weil er mich jetzt ein Stückchen weiter auf seine Alle-Mädchen-aus-Hogwarts-finden-mich-geil-Liste setzen konnte, oder ob er einfach froh war, dass wir uns nicht die ganze Zeit gegenseitig anzickten.

"Gut, also Lily, was ich noch fragen wollte, was müssen wir als Schulsprecher denn alles machen?", unsicher fuhr er sich durch die Haare.

Momentmal! James Potter war unsicher?

James Potter? Unsicher?

Das musste irgendjemand in die Geschichte aufnehmen!

"Also", erklärte ich ihm kurz alles Wichtige, "Wir müssen gleich die Vertrauensschüler einweisen, das kann ich aber auch übernehmen, dann im Zug ein wenig herumgehen und kontrollieren, ob irgendjemand sich nicht an die Regeln hält und dann die Erstklässler zu Hagrid bringen. Den Rest erklär ich dir dann später."

Dann schaute ich kurz auf die Uhr und schnappte mir, nachdem ich festgestellt hatte, dass die Vertrauensschüler erst in ein paar Minuten hier sein würden, ein Buch und fing an zu lesen, während James sich auf den Sessel neben mich setzte und sich dann mein Buch nahm, um es sich anzusehen.

Niemand, wirklich niemand, egal ob Hexe oder Muggel, ob Reinblütig oder Muggelgeboren, niemand störte Lily Evans beim Lesen! Das war ein ungeschriebenes Gesetz.

Krampfhaft ruhig drehte ich mich zu ihm hin und spürte, wie die Wut in mir hochkochte! "Potter, James oder wie auch immer du heißt", sagte ich betont freundlich mit dem falschesten Lächeln, das die Welt je gesehen hatte, "wenn du noch ein bisschen länger leben willst, dann gibst du mir jetzt MEIN Buch wieder!"

Er grinste mich frech an: "Nö, erst wenn du mit mir ausgehst." Und hielt dabei das Buch demonstrativ von mir weg.

Was hatte ich noch mal über seine Datefragen gesagt? Anscheinend war ihm klar geworden, dass er nur noch dieses Jahr hatte, um mich auf vorhin genannte Liste zu setzen.

Aber dass er die Dreistigkeit besaß, mich in so einer Situation auch noch nach einem Date zu fragen, ließ das Fass bei mir überlaufen. Nicht mal die Tatsache, dass die Vertrauensschüler jeden Moment hier auftauchen könnten und dass ich als Schulsprecherin eine Art Vorbild war, hielt mich davon ab, den Jungen vor mir anzuschreien.

"Du wagst es, mir das Buch zu klauen und mich dann auch noch nach einem Date zu fragen? Hast du aus den letzten 5.000 Malen nichts gelernt? Du bist noch dümmer, als ich dachte! Aber gut, damit auch du es kapierst: NEIN, ICH WERDE NIEMALS MIT DIR AUSGEHEN! NICHT IN DIESEM LEBEN UND IN KEINEM ANDEREN!"

Mit diesen Worten schnappte ich mir mein Buch aus seiner Hand und setzte mich in einen Gryffindorsessel am anderen Ende des Abteils. Dabei ignorierte ich die verängstigten Blicke der beiden Ravenclawvertrauensschüler, die gerade durch die Tür herein gekommen waren und die Tatsache, dass James sie beruhigte und ihnen mit ihrem Gepäck half.

Eine gute halbe Stunde später waren die Vertrauensschüler eingewiesen und eine weitere halbe Stunde später konnte ich Potter oder auch James abwimmeln und machte mich jetzt auf die Suche nach Marls.

Sie saß zusammen mit Dorcas und Hestia in einem Abteil und unterhielt sich mit ihnen, oder eher gesagt unterhielten sich die beiden Anderen und sie saß daneben.

Dorcas war eine für ihr Alter recht kleine, blonde Sechst-Klässlerin und die beste Freundin von Hestia, einer brünetten Ravenclaw aus unserem Jahrgang.

Anscheinend war kein anderes Abteil mehr frei gewesen, denn sonst würde sie sich die Diskussion der Beiden, welcher Junge auf Hogwarts der 'hotteste' war, nicht anhören. Bei diesem ganzen 'James'-'Nein Sirius'-'Nein Jamiiiiee'-'Nahein, Süße, Siiiiirii'-Gerede wurde einem einfach schlecht!

Ich beschloss, sie zu erlösen und platzte in das Abteil. "Dorcas, Hestia, ich hab super gute Neuigkeiten für euch", sagte ich und versuchte dabei so aufgeregt wie nur möglich zu wirken, "ich hab gerade ein Gespräch zwischen James und Sirius belauscht und Sirius meinte: 'Was würde ich nicht alles dafür tun, dass Dorci und Hest hier wären. Die beiden sind einfach sooo süß und lustig.' und James hat zustimmend genickt und ganz verliebt gegrinst!"

Sofort sprangen die Beiden auf und gingen streitend, wer jetzt wen bekommen würde, davon.

Marls blickte mich erst ungläubig an, aber dann, als die beiden Zicken außer Reichweite waren, brachen wir in schallendes Gelächter aus. "Danke", brachte Marls unter Lachtränen heraus, "aber eines würde mich ja schon noch interessieren. Wie liefs mit James?"

Mein Blick verdunkelte sich.

J.I.L.Y.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt