•Achtzehn•

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...von Pünktlichkeit und einem Deal.

"Bei Merlins bunt gepunkteter Unterhose, jetzt beeil dich, verdammt noch mal!", gehetzt lief ich den Gang entlang und hackte dabei im Petunia-Style meine Absätze, die zum Glück nicht ganz so hoch wie die meiner ehrenwerten Schwester waren, in den Boden. Hinter mir dackelte ein gewisser Schwarzhaariger her, der nicht in geringster Weise die Anstalten machte, sich zu beeilen.

Da ließ man sich einmal darauf ein, zusammen mit James Potter zum Unterricht zu gehen und dann kam man auch das erste Mal seit dem Vorfall mit Peeves in der dritten Klasse, zu spät! Ich war kurz davor, die Absätze statt in den Boden in seine Füße zu rammen. Aber dann würde er wahrscheinlich noch langsamer werden und die ganze Zeit rumjammern.

Nachdem wir uns gestern noch einen schönen freien Nachmittag gemacht hatten, erfuhren wir heute leider wieder den Ernst des Lebens, der anscheinend aus früh aufstehen, lernen und in James' und vermutlich auch in Sirius' Fall zu spät kommen, bestand.

Ich war eh schon gereizt, da ich mir gestern Abend den falschen Weck-Ton eingestellt hatte, ich hasste dieses 'Piep-Piep Piep-Piep', und dann kam er mir hier mit Sprüchen wie:

"Die McKenzie merkt das doch eh nicht." "Lass doch nicht so die Streberin raushängen." "Ist doch nur-"

"Bist du eigentlich schon irgendwann mal in deinem Leben pünktlich gewesen?", unterbrach ich ihn beim Letzten dann doch dezent zickig und zog ihn quasi schon hinter mir her.

"Nicht sehr oft, wenn es um Schule geht, aber ich verspreche dir, dass ich zu unserer Hochzeit pünktlich sein werde!", und da war wieder das unausstehliche Grinsen. Gleich würde die Frage kommen. Still zählte ich im Kopf die Sekunden.

Ich kam nicht mal bis sieben, als er noch folgendes dranhängte: "Apropos, hast du Lust, mit mir nach Hogsmeade zu gehen?" Nicht Clever, Junge, dachte ich.

Nicht. Clever. Ich war eh schon bis zum Reißen gespannt und er war einer der Mitgründe.

Ganz ruhig Lily, wenn du ihn hier zusammen schreist, wird die McKenzie nicht die einzige Lehrerin sein, die mitbekommt, dass Lily Evans zu spät kommt, versuchte meine Vernunft zu siegen. Ich wollte ihn gerade mehr oder weniger freundlich abweisen, als mir eine Idee kam.

"Hmm, ich schlage dir eine Art Spiel vor", ich war stehen geblieben und es juckte mich gerade überhaupt nicht, dass ich dadurch noch später sein würde, "wie es aussieht, sind wir gar keine so undenkbare Konstellation, wie ich noch vor einem Jahr dachte. Trotzdem habe ich ab und an das Gefühl, dass ich dir am liebsten den Hals umdrehen würde. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass unsere Welten und Grundeinstellungen recht verschieden sind.

Du bist Reinblut, nicht gerade der Fleißigste, Quidditchkapitän und Streichemeister. Ich hingegen bin Muggelstämmig, lerne so oft es geht, liebe Lesen über alles und bin eher so die Moralapostel oder Streberin. Mit diesem 'Spiel' möchte ich dir anbieten, dass wir versuchen, in die 'Welt' des jeweils anderen zu blicken. Dafür geben wir uns abwechselnd immer eine Aufgabe, die innerhalb einer Woche erledigt werden muss.

Schaffst du deine Aufgabe, werden wir an dem Wochenende ein Date haben und wenn ich meine nicht schaffe, dann schulde ich dir einen, gut, sagen wir zwei, Küsse. Was hältst du davon?" Erwartungsvoll blickte ich ihn an.

Ich war mir nicht ganz sicher, ob er meinen Worten folgen konnte, da ich dazu neigte, sehr schnell zu sprechen, wenn ich jemandem versuchte, eine meiner Meinung nach sehr gute Idee verständlich zu erklären. Doch ich konnte an seinem Gesicht erkennen, dass er damit einfach nur nicht gerechnet hatte. Verständlich, da ich selbst ziemlich überrascht von mir selbst war.

Nachdem er die Ungläubigkeit überwunden hatte, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, das mir sehr viel besser gefiel als das Grinsen davor, und schlug voller Elan ein. Ein 'können wir nicht doch drei draus machen' konnte er sich allerdings nicht verkneifen, was ich jedoch lächelnd verneinte.

Da wir eh die Hälfte verpasst hatten und außerdem noch nichts gefrühstückt hatten, da wir so spät dran waren, beschlossen wir, die Kleinigkeiten in der Küche zu besprechen.

"Also", schmatze James, während er gerade ein weiteres Croissant mit Marmelade aß. Anscheinend mochte er Croissants sehr gerne, während ich mich lieber mit frischen Erdbeeren, die es im Herbst hier noch gab, sättigte. Es hatte auch so seine Vorteile, eine Hexe zu sein. "Was für Aufgaben hattest du dir so vorgestellt?"

"Mir kam die Idee gerade eben aufgrund des Zuspätkommens, das dir ja nicht gerade fremd ist. Dementsprechend wird meine erste Aufgabe, ja, ich beginne dieses Spiel, sein: Komm eine Woche lang nicht zu spät.

Machbar würde ich sagen. Da das diese Woche aber nicht mehr klappen wird und ich dieses Wochenende eh was vorhab, fangen wir, oder eher gesagt du, nächsten Montag, dem 19.9. an."

"Einverstanden. Dann hab ich noch genug Zeit, mir was auszudenken. Eine Bedingung hab ich aber noch: Vollmondnächte sind außerhalb des Spiels und du musst mir versprechen, immer an Vollmond im Schloss zu bleiben."

In seinen Augen sah ich echte Besorgnis und ignorierte deshalb auch die Tatsache, dass ich niemals so dumm sein würde und einem Werwolf in die Arme laufen würde und nickte einfach. Apropos, ich musste James noch mal fragen, ob Remus jetzt wusste, dass ich Bescheid wusste. Und ich musste so oder so nochmal mit ihm reden, machte ich mir eine gedankliche Notiz.

Auf meine Frage über Remus meinte er, dass Sirius ihm das ganze schon einigermaßen beigebracht hatte und da ich auf meiner verzauberten Uhr sah, dass wir gleich Alte Runen hatten, wo ich eh neben dem Werwolf saß, beschloss ich dann gleich mit ihm zu sprechen.

Die Hauselfen hatten schon das Geschirr abgeräumt und wir saßen uns jetzt gegenüber und schwiegen uns an, jeder in seinen eigenen Gedanken. Es war kein gezwungenes, sondern eher ein angenehmes Schweigen, dass wir jedoch unterbrachen, als wir das Gewusel in den Gängen wahrnahmen, das uns deutete, dass die erste Stunde, die wir ja nun erfolgreich geschwänzt hatten, vorbei war. Ich hatte mir mein erstes Mal schwänzen eigentlich anders vorgestellt, aber ich denke mit James Potter würde das nicht das letzte Mal werden.

"Achja, wann endet das Spiel eigentlich? Dann, wenn du die Aufgaben mit Absicht verhaust, nur damit du zwei Küsse von mir bekommst?", und mit den Worten war er dann auch schon verschwunden. Wahrscheinlich zu seiner zweiten Hälfte aka Sirius Black. Schon ein Wunder, dass die Beiden es so lange ohne einander ausgehalten hatten.

Ich blieb noch sitzen und dachte über seine letzten Worte nach. Würde ich mich tatsächlich in ihn verlieben? Wollte ich mich überhaupt in ihn verlieben? Ich wusste selbst, dass diese Frage unnötig war: Die Liebe ließ nicht mit sich spielen. Aber noch hatte ich die Chance gehabt, dem ganzen zu entkommen, einer eventuellen Liebe aus dem Weg zu gehen.

Das wäre die sichere Variante, die aber weder fair James gegenüber war, noch die, die mich am glücklichsten machen würde. So hätte ich es wenigstens ausprobiert und wenn es nicht klappte, dann wusste ich zumindest, dass es nicht funktionierte. Den eventuellen Liebeskummer mal aus dem Spiel gelassen.

Mein Kopf klatschte auf den Tisch. Worauf hatte ich mich da schon wieder eingelassen?

Lily, verdammt,  was machst du dir schon wieder für Gedanken?, ermahnte ich mich. Es geht hier um James Potter. James. Potter. Es war trotz allem, was in den letzten Wochen passiert war, immer noch ziemlich unwahrscheinlich, dass sich Lily Evans in James Potter verliebt!

Wahrscheinlich würde das Spiel eh nur bis zu den Ferien gehen, unsere momentan existierende 'Freundschaft' würde langsam verlaufen und James würde endlich kapieren, dass das zwischen uns nie was werden würde!

J.I.L.Y.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt