•Siebenundzwanzig•

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...von Sherlock Holmes und Grundschulgeschichten.

Ziemlich gut gelaunt von der lustigen Nachhilfestunde gingen Sirius und ich zu den Schulsprecherräumen und ich quietschte ihn mit dem Frankreichaustausch zu, von dem er, was mich wirklich sehr wunderte, noch gar nichts wusste.

Da die Schulsprecherräume eh auf seinem Weg lagen und er mich laut seiner Aussage 'nicht der Gefahr, die rothaarigen Hexen in diesem Flur lauerte' aussetzten wollte, begleitete er mich netter Weise.

Vor dem Portrait wurden wir oder eher ich bereits erwartet. Dort stand nämlich eine Fuchsteufelswilde Mary, die Hände auf den Hüften, die eine leicht verängstigte Hestia in den Boden funkelte.

Als Mary mich sah, zeigte sie anklagend mit dem Finger auf Hestia und sagte in einem Tonfall, als hätte letztere ihre Eltern umgebracht: "Was macht diese Schlampe hier?" Ich sah, wie Hestia bei diesem Wort zusammen zuckte und noch kleiner wurde, als sie es ohne High Heels eh schon war. Es passte zwar gerade überhaupt nicht zur Situation, aber mir fiel auf, dass sie eine der wenigen war, die nicht größer waren als ich.

"Ganz ruhig, Mary", ich zog sie von der Brünetten weg, der ich ein kleines Lächeln schenkte, welches sie erwiderte, "also, das Mädchen dort heißt nicht Schlampe, sondern Hestia und du gehst jetzt mit meiner netten Begleitung entweder in meinen Schlafsaal oder woanders hin und die erklärt dir dann alles. Nicht wahr Siri-Schatz?"

"Ach, und wehe ihr missbraucht mein armes Himmelbett. Ich habe da einige Zauber eingerichtet, die du besser nicht kennen lernen möchtest", flüsterte ich noch in Sirius' Ohr, bevor er mit einem nicht mehr ganz so zufriedenem Lächeln hinter Mary durch das Porträt ging, welches ich kurz zuvor geöffnet hatte.

Als die beiden verschwunden waren, trat auch ich in James' und mein Reich ein und blickte Hestia lächelnd entgegen. "Komm!"

Drinnen angekommen blickte sie sich erstmal um. Ihr Blick blieb ebenso wie meiner am Anfang an dem kleinen Bücherregal in der Ecke hängen und wie automatisch machte sie langsam ein paar Schritte darauf zu.

Ich folgte ihr und sah, wie ihre Finger über den Einband von 'Sherlock Holmes-Der Klub der Rothaarigen' strichen. Leise lachte ich. Wie passend.

Seit ich hier mit wohnte hatte das Regal einen kleinen Hauch Muggel bekommen.

"Ich liebe Holmes' Geschichten", sagte ich und zog das Buch aus dem Regal heraus. Der Rücken war schon mehrfach gebrochen und ich konnte mich noch gut daran erinnern, dass die Sherlock-Bücher mit zu denen gehört hatten, die ich, sobald ich 17 geworden war, mit Hilfe von Magie geflickt hatte.

Hestia drehte sich nun von den Büchern weg und sah mich an. "Ich habe sie auch alle gelesen. Meine Mutter meinte damals, dass sie noch zu brutal für mich wären, aber ich hab sie trotzdem heimlich gelesen."

Erstaunt blickte ich sie an. Ich hatte zwar gewusst, dass Hestia ein Halbblut war, aber dass sie meinen Lieblingsdetektiv kannte, hatte ich nicht gedacht.

Nach einer kurzen Buchdiskussion und drei Büchern, die sie sich von mir geliehen hatte, landeten wir dann auf dem Sofa mit den Weltbesten Kissen. Ich war kurz oben in meinem Zimmer gewesen und war, nachdem ich Sirius und Mary von meinen Sachen weggescheucht hatte, die Beiden waren der festen Überzeugung, etwas, das Jily beweisen würde, in meinem Zimmer zu finden, mit Keksen und warmen Kakao zurück gekommen. Es war wirklich kalt für Ende September.

"Also, entweder du erzählst einfach drauf los oder ich stell dir Fragen", war meine Aufforderung für Hestia gewesen, dass sie mir doch endlich erzählen sollte, was los war.

Sie blickte mich aus ihren blauen Augen an und ich sah, dass sie kurz davor war, in Tränen auszubrechen. "Weißt du", ihre Hände zitterten leicht, "ich liebe Lesen und all das schon immer. Man konnte mich kaum noch ohne Buch sehen. Meine Eltern entschieden sich dann, mich auf eine Muggel Grundschule zu schicken, weil meine Mum eben ein Muggel ist und wollte, dass ich auch in ihrer Welt klar komme.

Ich konnte schon ein Jahr vor der Schule lesen und auch Rechnen und Schreiben fiel mir nicht schwer. Die Kinder an der Schule waren eifersüchtig und grausam. Ich wollte nie unbedingt viele Freunde haben. Mich hätte es nicht mal großartig gestört, alleine mit meinem Buch auf dem Schulhof zu sitzen. Aber diese Kinder hatten nicht vor, mich in Ruhe zu lassen.

Sie ärgerten mich. Manche nur harmlos mit Streber-Bezeichnungen und ähnlichem, doch es gab auch noch andere. Manchmal sperrten sie mich in der Toilette ein oder schlugen mich sogar." Jetzt brachen die Tränen aus ihren Augen.

Ich musste Schlucken. Hestias Beschreibung traf auch ziemlich auf klein Lilylein zu. Ich war auch eine ziemliche Streberin gewesen, aber ich hatte ein paar ziemlich gute Freunde gehabt, die mich so akzeptiert hatten. Lena, die gerade ihr Abitur in Deutschland machte, besuchte ich auch immer noch öfters.

Petunia und ihre Zicken hatten mir zwar das Leben alles andere als leicht gemacht, aber so wie in Hestias Erzählungen war es mir nie ergangen.

"Meine Eltern endschieden dann nach mehreren Gesprächen mit der Schulleitung, mich von der Schule zu nehmen. Ich war darüber mehr als nur froh und noch mehr freute ich mich auf Hogwarts, wo ich Leute kennenlernen würde, die mir ähnlich waren. Nicht wegen den Büchern, sondern wegen der Tatsache, dass ich dort unter meines Gleichen war.

Ich wurde nach Ravenclaw eingeteilt und freute mich sehr darüber. Mein Dad hatte mir von den Häusern erzählt und ich wollte schon immer nach Ravenclaw. Dennoch lief das erste Jahr nicht so wie erhofft. Ich merkte selber, wie langweillig es war, eine Streberin zur Freundin zu haben. Das klingt jetzt ziemlich doof, aber den Mädels aus meinem Jahrgang war Schule noch 1000 mal wichtiger als mir und ich begriff, wie es für meine alte Klasse gewesen sein musste.

So wollte ich nicht mehr sein. In meinem zweiten Jahr lernte ich Dorcas kennen. Eine blonde Erstklässlerin, die Gryffindor ihr Zuhause nannte. Sie war so ziemlich das Gegenteil von den anderen Mädchen, von denen ich mich distanzieren wollte. Das wir uns kennenlernten war ein ziemlicher Zufall. Ich wollte mich unbedingt ändern und Dorcas strahlte genau das aus, was ich wollte.

Am Anfang war sie noch gar nicht so bitchig. Die Veränderung kam mit der Zeit und wie ich zugeben muss, bei uns beiden. Mir war das selber überhaupt nicht bewusst und ich hakte auch nicht nach, wenn Dorcas meinte, man müsse jetzt high heels tragen, um cool zu sein. Ich tat es einfach.

Das ganze wurde dann noch verstärkt, als ich anfing, mich in James zu verknallen. Ich versuchte alles, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen und erst jetzt ist mir klar, dass das wohl ziemlich negativ war. Egal, was ich versuchte, er hatte nur Augen für dich.

Ich wurde sehr schnell ziemlich eifersüchtig auf dich. Du warst genauso wie ich damals. Doch du hattest eine allerbeste Freundin, die für dich sterben würde, kamst mit jedem zurecht, warst gut in der Schule und James himmelte dich an. Ich lernte schnell, dich abgrundtief zu hassen.

Nachdem ich dann euer Date gesehen hatte, wurde mir jedoch klar, warum er so vernarrt in dich ist. Du bist natürlich, nie aufgesetzt und trotzdem immer freundlich zu jedem. Ich dagegen war über die Jahre eine Barbie Puppe geworden, hatte über jeden gelästert, der nicht in mein aufgesetztes Weltbild passte.

Mein Herz ist an diesem Abend zu Bruch gegangen, aber ich habe auch eine wichtige Sache festgestellt. Fassaden bringen mich nicht weiter. Eigentlich müsste ich dich dafür hassen, dass dich jeder mag, aber es geht nicht, weil ich genau weiß, warum dich jeder mag."

Die Tränen liefen nur so über ihre Wangen. Ich wischte sie vorsichtig weg und umarmte sie. Sie tat mir so schrecklich leid!

J.I.L.Y.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt