•Neunundzwanzig•

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...von unverzeihlichen Flüchen und langen Umarmungen.

Sehr weit kamen wir allerdings nicht. Kurz vor der Treppe nach unten kam uns nämlich Remus entgegen, der anscheinend mit den Nachforschungen fertig war.

Als er mich in Begleitung der beiden Slytherins erblickte, verengten sich seine Augen zu Schlitzen. Auch Mulciber und Snape hatten ihn erblickt und Snape grinste spöttisch.

"Ach da ist ja der Letzte aus unserem Familienklan." Bedrohlich baute er sich vor Rem auf. Mulciber blickte ihn verwirrt an, denn sein winziges Hirn konnte anscheinend nicht eins und eins zusammen zählen.

"Was genau wird das hier?", fragte Remus ohne auf Snapes Geschwafel einzugehen und blickte besorgt auf dem Zauberstab, der immer noch an meinen Hals gepresst wurde.

Plötzlich kam mir der Gedanke, wie bescheuert das für Muggel aussehen musste: Ein Typ presst einen Stock an den Hals einen Mädchen und bedroht sie dann damit. Ich kämpfte kurz um mir das Lachen zu unterdrücken, ehe ich mich wieder komplett auf die Szenerie vor mir konzentrierte.

"Deine kleine Schlammblut Freundin hat die überaus nette Absicht, uns zu begleiten."

Ich war fast überrascht, dass ein so komplexer Satz es aus Mulcibers Mund geschafft hatte, aber irgendwie musste er ja auch gut genug für Voldemort sein.

"Jaa, ich wollte schon immer umbedingt von zwei schmierigen Typen mit einem Zauberstab am Hals in die Kerker gezerrt werden", rutschte es mir raus, bevor ich darüber nachdenken konnte.

Sofort spürte ich einen durchdringenden Schmerz, der seinen Ursprung an meinem Hals hatte. Auch Snape hatte auf meine Aussage reagiert und blickte mich jetzt böse an.

Irgendwann wird dir deine große sarkastische Klappe mal zum Verhängnis, hatte Marls immer gesagt und wie es aussah, hatte sie recht gehabt. Freche Antworten waren noch nie gut bei den Leuten angekommen und für Sarkasmus musste man erstmal Humor haben, was ich bei meinen Entführern für nicht so wahrscheinlich hielt. Zumindest nicht meinen Humor.

Das einzig Gute an dieser Aussage war, dass dadurch Snape und Mulciber so auf mich fixiert waren, dass sie Remus keine Beachtung mehr schenkten und dieser mit zwei perfekt ausgeführten Schockzaubern reagierte.

Sofort hörte der Schmerz auf und gerade als ich mich wieder frei bewegen konnte, wurde ich auch schon von einer Hand von den Beiden langsam wieder zu sich kommenden Slytherins weggezogen.

Ich blickte hoch und sah in ein Paar Haselnussbraune Augen. Sofort schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Bevor ich jedoch ein Danke sagen konnte, hatte James mir schon meinen Zauberstab in die Hand gedrückt und sich selber den Schlangen zugewandt.

Diese waren nämlich anscheinend gar nicht begeistert von Rems Schockzaubern und schossen jetzt ordentlich zurück. Wir waren zwar zu sechst, aber gegen die Tricks der schwarzen Magie, die unsere Gegner draufhatten, war es doch ein ausgeglichener Kampf.

Wir waren alle in unserem Element und ich konnte mich nicht daran erinnern, je so ein echtes Duell gefochten zu haben, als ich in Dumbledores Büro, in dem wir jetzt alle saßen nachdem uns Minnie hierher verfrachtet hatte, saß und darüber nachdachte.

Eigentlich sollte ich mich schlecht fühlen, da ich die Regeln gebrochen hatte, doch ich bereute nichts. Wer wusste, was die beiden Schlangen mit mir angestellt hätten, hätten wir nicht gekämpft. Genau das unterbreitete ich Dumbledore auch, dessen Stirn sich bedrohlich in Falten legte.

"Gibt es dafür Zeugen, Miss Evans?", fragte er mit erstaunlich ruhiger Stimme, während sein Blick forschend über Snape und Mulciber glitt.

"So ziemlich alle Leute auf der Wiese müssen mitbekommen haben, wie die Beiden mich davon gezogen haben. Außerdem werden sie herausfinden können, dass von dem Zauberstab, der mir am Hals lag, der Cruciatusfluch oder ein ähnlicher schwarzmagischer Zauber ausging", beantwortete ich seine Frage und hoffte, hier bald heraus zu kommen, denn ich hatte deutlich besseres zu tun, als hier zu sitzen.

Als wir eine halbe Stunde später mit Ausnahme von Mulciber, der aufgrund des unverzeihlich Fluchs in größeren Schwierigkeiten steckte, entlassen wurden, atmete ich erleichtert auf und auch James, der neben mir ging, seinen Arm um meine Taille, was mich komischer Weise überhaupt nicht störte, schien nicht traurig, da so einfach rausgekommen zu sein.

Da James noch etwas mit seinen Rumtreiberkollegen noch etwas zu besprechen hatte und ich noch kurz bei der Bibliothek vorbei und ein Buch abgeben musste, trennten sich im nächsten Gang unsere Wege. Ich verabschiedete mich kurz von ihm und wollte gerade in den Gang biegen, als ich in jemanden hineinstieß.

Ich blickte auf und sah ihr ins Gesicht. Augenverdrehend sammelte ich das Buch wieder vom Boden auf und wollte gerade weitergehen, da ich mir den Tag nicht noch mehr vermiesen lassen wollte.

Doch anscheinend waren ihre Pläne anders, denn sie blickte mich nur kurz weiter an, bis ich von ihr nach vorne gezogen wurde und in Marlenes Armen lag. Ich erkannte das Shampoo wieder, welches sie anscheinend immer noch zu benutzen schien, als meine Nase sich in ihren Haaren vergrub. Erst jetzt fiel mir auf, wie sehr ich sie doch eigentlich vermisst hatte.

Ich schlang meine Arme ebenfalls um sie und drückte sie fest. Im Moment war mir egal, was sie gesagt hatte, warum sie das getan hatte und woher der plötzliche Sinneswandel kam. Mir war klar, dass das noch zu klären war, aber momentan war ich einfach froh, sie wiederzuhaben.

Wie lange genau wir so da standen, wusste ich nicht. Wir standen einfach da und klammerten uns an die andere, wie an einen rettenden Felsen. Wir hatten noch nie lange ohne einander gekonnt und auch unsere Streits waren selten länger als ein paar Tage von statten gegangen.

Als wir uns schließlich ein wenig gelöst hatten und sie genug Luft zum Sprechen hatte, sagte sie mit zittriger Stimme: "Lils, ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht, als ich das mit Snape und Mulciber auf der Wiese gesehen habe!"

Eine leise Träne rollte ihre Wange hinunter. "Ich wollte dir auch zur Hilfe eilen, aber dann hat Louis mich beruhigend festgehalten und Jenna meinte, wenn ich in die Schusslinie geraten würde, könnte ich mich schwer verletzen und grässliche Narben oder Behinderungen davon tragen.

Ich weiß jetzt, dass das falsch war. Ich war so lange von den Löwen weg, dass ich ganz vergessen habe, dass wir mutig sind." Sie wurde von einem Schluchzer unterbrochen und weitere Tränen flossen aus ihren dunkelbraunen Augen und ich drückte sie nur einfach ganz fest in meine Arme.

"Ich war so eine schlechte Freundin", brachte sie noch zwischen ihren Schluchzern hervor und bekam dadurch irgendwie einen Schluckauf, was die Situation zwar nicht besser, aber ein wenig lustiger machte.

Ich musste Schmunzeln und auch ihr verweintes Gesicht durchzog ein Lächeln. Das alles hier erinnerte mich viel zu sehr an früher. Immer wenn Marls sich wehgetan und deswegen geweint hatte, hatte sie Schluckauf bekommen und war daraufhin in Gelächter ausgebrochen, was den Schluckauf nur verschlimmert hatte.

Es gab so viele Situationen mit Marls, so viele Insider und Geheimnisse, das ich mich fragte, wie ich es geschafft hatte, die letzte Zeit ohne sie zu verbringen und wie ich überhaupt auch nur eine Sekunde an die Kündigung der Freundschaft hatte denken können.

J.I.L.Y.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt