•Vierzehn•

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...von schlechter Style-Beratung und Familiengesprächen.

"Das hier? Oder seh ich da drin fett aus?", rief Marls und lief dabei gehetzt durchs Zimmer. Der Inhalt ihres Kleiderschranks lag verteilt im ganzen Zimmer. Es sah aus, als ob jemand mit einem 'Bombada' den Raum gesprengt hätte. Da werden sich Mary und Shannon ja freuen, trug mein Sarkasmus zur Situation bei.

Momentan trug sie ein mehr als nur akzeptables Outfit und betrachtete sich kritisch im Spiegel. Es bestand aus einer schlichten schwarzen Hose und einem knalligen Top. Knallige Farben waren zwar nicht so meins, aber Marls stand es einfach perfekt.

"Beruhig dich, Mädchen, du siehst gut aus, wenn nicht sogar perfekt!", ich saß schon seit gut zwei Stunden gelangweilt und mittlerweile genervt auf meinem ehemaligen Bett, sah der Prozedur zu und gab hin und wieder meine Meinung zu den Outfits ab. Hätte ich doch bloß ein Buch mitgenommen! Obwohl Marls es sicher nicht zugelassen hätte, wenn ich jetzt lesen würde.

"Meinst du wirklich? Das passt doch gar nicht zu meinen Augen!" "Hör mir mal gut zu: Deine Augen sind braun verdammt! Dazu passt so gut wie alles, außer hellblauer Lidschatten. Ich frag mich wirklich, was dieser Louis mit dir gemacht hat. Du mutierst mir hier noch zu einer Dorcas, Süße.", wies ich sie zurecht.

Bald würde ich ihr so doll gegen den Kopf schlagen, bis sie diesen Louis vergaß! So hübsch war er doch gar nicht und für einen Rawenclaw recht dumm. Ich hatte mit Emmeline, der Vertrauenschülerin von Rawenclaw mal über ihn gesprochen und sie hatte mir berichtet, dass sein Charakter in etwa der grottigste war, den je ein Mensch, mit dem sie gesprochen hatte, gehabt hatte.

Marls seufzte nur verzweifelt auf und rannte weiter wie ein aufgescheuchtes Huhn durchs Zimmer, als plötzlich meine Rettung ihren Kopf durch die Tür steckte. "Mary", rief Marls und umarmte sie freudig, "du musst mir unbedingt helfen! Ich hab doch morgen dieses Date und Lils hat keine Ahnung von Mode." Mary nickte nur verwirrt und ich verließ, einerseits froh, andererseits ein wenig beleidigt, das Zimmer.

Im Schülersprecherraum angekommen, fand ich allerdings nur einen Sirius auf dem Plüschkissen-Sofa sitzend vor. Er hatte mich noch nicht bemerkt und wirkte auch sonst nicht so wie sonst. Wenn ich ihn nicht in den letzten Tagen besser kennengelernt hätte, würde ich stark daran zweifeln, dass das hier Sirius Black war.

Vorsichtig setzte ich mich neben ihn und sagte leise: "Hey", nur um mich bemerkbar zu machen. Erschrocken zuckte er zusammen und blickte mich an. In seinem Blick lag etwas undefinierbares. Etwas Trauer, aber auch Zufriedenheit und vor allem Nachdenklichkeit.

"Es ist ne Eule für dich gekommen", sagte er und nahm einen rosafarbenen Briefumschlag von dem kleinen Tisch, der vor dem Sofa stand. Ich nahm ihn entgegen und sofort umhüllte mich eine Duftwolke von eine seehr künstlichen Parfüm. Ich musste prompt loshusten und brach damit die komische Atmosphäre, die uns bis eben umgeben hatte. Er prustete los und auch ich stieg mit ein.

Wir lagen beide schon fast auf dem Boden, als wir uns von unserem Lachen, beziehungsweise Husten erholt hatten und ich machte mich nun daran, den Brief zu lesen. Wie ich schon unschwer an dem rosa Briefpapier und der Parfümwolke erkennen konnte, war er von meinem allerliebsten Schwesterherz. Schlagartig hörte ich auf zu lachen und meine Miene vereiste sich. Sie schrieb folgendes:

Hey Freak,

ich hoffe, dir geht es richtig dreckig an deiner Freakschule. Nunja, nicht viel Drumherum-Gerede, ich und Vernon sind verlobt. Da Mum fest darauf bestanden hat, dass du dabei bist, wird die Hochzeit in deinen Weihnachtsferien stattfinden. Wehe, du versaust irgendwas! Alles Schlechte,

Petunia

"Lily, was ist los?", Sirius sah mich besorgt an. "Ach, nur meine Schwester...", ich machte eine wegwerfende Handbewegung. "Petunia oder? Marlene hat mal von ihr gesprochen. Ihr versteht euch nicht so wirklich, hat sie gesagt." "Ne ne, alles in Ordnung. Aber was war mit dir vorhin los?"

Er sah mich kurz an und sagte dann mit dem Anschein seines typischen Lächelns: "Meine Geschichte gegen deine". Ich überlegte kurz. Sollte ich ihm wirklich die Sache mit Petunia erzählen? Vor weniger als einem Monat noch, hätte ich gedacht, dass er sich darüber lustig machen würde und hätte lieber James geküsst, als ihm davon zu erzählen, aber in letzter Zeit hatte sich viel zwischen uns geändert. Ich weiß, dass da fies klingt, aber er ersetzte sozusagen Snape.

Letzten Endes siegte meine Neugier zu seiner Geschichte, außerdem hatte ich es auch schon James erzählt, also warum nicht, und ich schlug lächelnd in seine hingehaltene Hand. "Du zuerst!", forderte ich. Er nickte ergeben und fing an:

"Meine Familie, also die Familie Black, ist in den Kreisen der Zauberer ziemlich bekannt. Wir sind schon seit Jahrhunderten Reinblüter und begehen dafür sogar Inzest. Mein Großvater zum Beispiel hat seine Cousine geheiratet. Und warum? Weil sie Muggel verabscheuen. Muggel, Muggeldinge, Muggelgeborene, ja sogar Muggelklamotten. Die Blacks sind schon immer in Slytherin gewesen, wurden fast alle Todesser und haben alle schon mindestens einen Muggel oder Muggelgeborenen auf dem Gewissen. Selbst mein kleiner Bruder Regulus!

Als ich dann damals zu meiner Freude nach Gryffindor kam, waren meine Eltern schon enttäuscht, aber dachten, dass der Hut sich geirrt hat und ich trotzdem ihrem Namen alle Ehre machen würde. Dem war natürlich nicht so. Die ersten Ferien wieder zu Hause waren die Hölle! Nachdem sie erfahren hatten, dass ich jetzt zusammen mit einem Blutsverräter und einem W..", er stockte kurz, "Widerlichen Halbblut den Slytherins, meistens Kinder von Freunden meiner Eltern, Streiche spielte, sind sie ausgerastet. Ich glaube, mein Vater war noch nie so wütend und ich hatte noch nie so viele blaue Flecken.

Die nächsten Ferien wurden nicht gerade besser und immer häufiger flüchtete ich zu den Potters, die mich aufnahmen, wie ihren eigenen Sohn und mir das gaben, was meine Eltern mir nie gaben: Das Gefühl geliebt zu werden. Letztes Jahr dann schließlich, haben meine Eltern wohl die letzte Chance gesehen, mich zum umdenken zu zwingen und ich wäre fast ein Todesser geworden. Daraufhin bin ich dann endgültig weg von ihnen und zu den Potters. Ich weiß nicht, wie dankbar ich James und seinen Eltern bin!"

Ich war geschockt! Ich hatte mir ja vieles gedacht, als Marls mir von seiner Flucht erzählt hatte, aber dass es so krass war, hätte ich nicht ansatzweise gedacht. Ich bewunderte ihn für seinen Mut, sich seiner Familie zu widersetzten uns um die Freundschaft, die zwischen ihm und James bestand. Plötzlich fühlte ich mich schlecht, die beiden Jahrelang gehasst zu haben. Sirius hatte in seinem Leben schon so viel durchmachen müssen und James hatte anscheinend doch ein ziemlich großes Herz.

Ich musste ihn wohl ziemlich lange angestarrt haben, denn er sagte zu mir: "Lily, du brauchst dich nicht schlecht fühlen oder mich jetzt anders behandeln. Ich weiß selbst, dass ich mich in den letzten Jahren vor allem dir und Snape gegenüber Scheiße verhalten hab." Und mit einem Grinsen und einer auffordernden Handbewegung fuhr er fort: "Deine Geschichte bitte!"

Ich lächelte. "Ok, aber sie ist nicht halb so Filmreif wie deine." Und dann erzählte ich ihm von der Zeit, wo Snape und Petunia noch Sev und Tunia hießen, von der Zeit, bevor ich erfahren hatte, dass ich eine Hexe war, von Petunias Eifersucht, ihrem Hass. Ich erzählte ihm von Vernon und von der Hochzeit, zu der ich so 'liebenswürdig' eingeladen wurden war.

Ich erzählte einfach, weil ich wusste, dass er sich nicht darüber lustig machen würde, dass er mich verstehen würde. Denn er wusste, wie es war, wenn ein die eigene Familie hasste.

J.I.L.Y.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt