•Einunddreißig•

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...von verwirrenden Küssen und kreativen Angetrunkenen.

Ich sprang auf. Diesen Jungen zu küssen war das einzige woran ich denken konnte und nichts würde mich davon abbringen, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Es war als wäre ich betrunken. Betrunken vor Glück oder vor Liebe. Ein unbeschreibliches Gefühl war das.

Sirius hatte anscheinend irgendetwas in meiner Bewegung oder meinem Blick gemerkt, denn er rief James etwas zu. Ich hörte nicht, was es war, sondern sah nur aus den Augenwinkeln, wie sich seine Lippen bewegten. Meine Sinne waren zu sehr auf dieses wunderschöne Geschöpf gerichtet. Wie hatte ich ihn nur je hassen können?

James jedenfalls, oder auch momentan das Objekt meiner Begierde warf im zurückweichen noch einen kurzen Blick auf mich, bevor er Sirius zustimmte und durch den Flur und dann in sein Zimmer verschwand. Ich wollte ihm hinterher rennen, doch Sirius stellte sich mir in den Weg.

Er versuchte mich festzuhalten und ich wehrte mich mit aller Kraft. Ich schlug und trat um mich und ich biss ihn sogar. Ich wusste, dass ich am nächsten Tag vor Scham im Boden versinken würde, aber mein verblendetes Ich brauchte James.

Meine Abwehr hätte allerdings nicht viel mehr als ein Fluchen seitens Sirius gebracht, wäre nicht Marls aus dem Zimmer gekommen und hätte ihre Lippen auf Sirius' gepresst, was diesen so dermaßen verwirrte, dass er mich losließ. Es hätte mich genauso verwirren müssen, aber meine Sinne waren anders vernebelt.

Da ich mich nun wieder frei bewegen konnte, stolperte ich wahrscheinlich nicht gerade elegant auf Potters Zimmer zu, aus dessen Tür dieser gerade kam. In seiner Hand hielt er ein kleines Fläschchen.

In meinem Herz breitete sich bei seinem Anblick ein wohliges Gefühl aus und so zog ich ihn an mich und drückte meine Lippen auf die Seinen.

Jedenfalls hatte ich das vor. Statt auf James' weiche warmen Lippen, trafen meine auf etwas kaltes, glattes, das sich als Glasphiole herausstellte und ich schmeckte eine leicht bittere Flüssigkeit.

Mein Verstand klärte sich auf. Es war, als ob ein Staubsauger oder ähnliches eine Art Nebelschwade aus meinem Kopf zog. Und ich stolperte verwirrt von James zurück. Ich fühlte mich, als hätte ich die letzten paar Minuten nur von außen miterlebt, als hätte ich ein Buch gelesen und steckte nun in dem Charakter, den ich zuvor nur begleitet, aber nicht kontrolliert hatte.

Nachdem ich endlich wieder komplette Klarheit in meinem Geist und über die Situation erlangt hatte, nämlich, dass ich soeben Liebestrank verabreicht bekommen hatte und das quasi von dem Freund meiner besten Freundin, begab ich mich zurück in mein Zimmer, wo die anderen bereits saßen.

Marlene hatte ebenfalls das Gegenmittel getrunken und heulte nun, als sein ihre komplette Welt zusammengebrochen. Nun, in einem gewissen Maße war sie das ja auch. Sie hatte soeben ihren Freund betrogen, von dem sie erfahren hatte, dass sie ihn gar nicht geliebt hatte, sondern dieser sie nur auf eine höchst widerwertige Art und Weise ausgenutzt hatte.

Ich setzte mich zu ihr, umarmte sie und sagte erst einmal nichts. In solchen Momenten braucht niemand lange Reden. Man braucht einfach nur jemanden, der einem das Gefühl gibt: Ich bin für dich da! Sie sah so elend aus, dass ich sogar anfing mit ihr zu weinen und so saßen wir beide da und weinten still.

Währenddessen versuchten sich Sirius aka Sherlock und James aka Watson einen Überblick über den Tathergang zu machen. Und irgendwann waren Marls und ich so fasziniert über das Gebrabbel der Beiden, dass wir sogar vergaßen zu weinen und sie einfach nur anstarrten, als wären sie die Hauptdarsteller in einer unserer Lieblingsszenen aus einem der tollen Muggelfilme, die wir so oft zusammen sahen.

Sirius war nämlich der festen Überzeugung, dass der Trank in der Schokolade von Zonkos kam und demnach erhitzt eigentlich wirkungslos sei, was bedeuten würde, dass wir den Großteil der Schokolade schon vorher gegessen haben mussten, während James meinte, dass der Trank nicht von Zonkos sein könnte, da dieser auch gleichgeschlechtliche Verliebte 'produzieren' würde, aber Marls und ich nicht übereinander hergefallen waren.

Kurz: Es interessierte eigentlich niemanden in diesem Raum, woher der Trank kam. Dennoch war der Streit der Beiden eine sehr willkommene Ablenkung.

Kurz darauf kamen Remus und Mary vorbei, die inzwischen das Passwort in und auswendig konnten und wurden sofort über die Sachlage aufgeklärt. Allerdings war der Bericht von uns allen nicht komplett sachlich, sondern mit der ein oder anderen Beleidigung geschmückt, die an einen gewissen Ravenclaw ging.

Die Stimmung wurde immer fröhlicher, auch von Seiten Marls, deren glockenhelles Lachen nach diesem Vorfall wundervoll klang. Wir hatten die restlichen Erdbeeren auf Schokospritzer untersucht und es uns mit ihnen in dem Kissenlager, das Marls und ich zuvor gebaut hatten gemütlich gemacht.

Nach der ein oder anderen Flasche Feuerwhisky, die Sirius aus seinem, Remus' und Franks Schlafsaal geholt hatte, wurden die verrücktesten Rachepläne vorgestellt und ausgearbeitet. Und so bescheuert es auch klingen mag, es waren sogar mehrere richtig gute dabei. Betrunkene oder auch Angetrunkene waren wohl ziemlich kreativ.

Doch obwohl ich mich hier ausgesprochen wohl fühlte, spürte ich dennoch eine gewisse Beklommenheit in mir. Ich schämte mich irgendwie für das was passiert war, auch wenn ich selber wusste, dass ich nichts dafür konnte. Jedes mal, wenn ich jemanden aus Versehen berührte, war es als ob ein Stromschlag mich durchzuckte und sofort hatte ich wieder die Situation von vorhin im Kopf.

Remus schien das zu bemerken, denn sein Blick lag mehrmals besorgt auf mir und als ich schließlich alle zum Gehen aufforderte, da ich doch gerne allein in meinem Zimmer schlafen wollte, blieb er noch beim Portrait stehen und sagte:

"Lily, du musst dich dafür nicht schämen. Niemand wird es dir nachtragen. Und es wird auch keiner etwas rumerzählen oder sowas."

"Ich weiß", antwortete ich ihm, "das ist es nicht. Es war einfach so ein komisches Gefühl, nicht Herr über seinen Körper zu sein. Ich-" Ich brach ab. Eine erste Träne schimmerte in meinen Augen und ich versuchte, sie irgendwie zu verstecken, da ich nicht wollte, dass er sie sah, doch sie lief einfach mein Gesicht hinunter, ohne dass ich es verhindern konnte.

Rem, einer meiner besten Freunde seit Beginn meines Hexenlebens tat genau das, was ich vorhin bei Marls getan hatte. Er nahm mich in den Arm. Gut, er fing nicht an mitzuheulen, so wie ich, aber er gab mir das Gefühl für mich da zu sein und allein das tröstete mich schon ungemein.

"Ich weiß es einfach nicht genau", flüsterte ich, nachdem der Tränenstrom versiegt und meine Stimme wieder befähigt war zu sprechen. "Du wirst es rausfinden, da bin ich mir sicher. Und wenn du dabei auf ein Problem stößt, ich und die anderen sind immer für dich da!"

Ich drückte ihn noch ein letztes Mal, wünschte ihm eine gute Nacht und machte mich selbst Bettfertig. Ich dachte noch eine ziemlich lange Weile nach, doch kam zu keinem vernünftigen Ergebnis.

Ein Licht ging mir erst auf, als ich mitten in der Nacht ins Bad getrottet und mir etwas zu trinken geholt hatte.

Das Gefühl, dass ich während meinem 'Rausch' hatte, war nicht komplett verschwunden, auch war es mir nicht komplett fremd gewesen. Und das konnte eigentlich nur eins bedeuten:

Ich verliebte mich langsam, aber sicher. Und es war auch ziemlich klar, in wen!

J.I.L.Y.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt