13."...Schuld die keinen trifft..."

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"Okay, ich lass jetzt Frank rufen." Tom löste sich aus der innigen Geschwisterumarmung. Er konnte nicht mehr mit ansehen, wie seine Schwester leiden musste. Der Arzt musste her.

Amy hielt ihn für einen kurzen Moment noch am Arm fest, besann sich dann aber und nickte ihm zustimmend zu. Er hatte ja recht.

Tom donnerte gegen das Gitter, das laut schepperte. "Hey! Irgendjemand da?" brüllte er in den dunklen Flur.

Kurze Zeit später ging das Licht an und zwei der düsteren Typen schlurften den Gang entlang.

"Was gibt's du Flohzüchter?", fragte der eine.

Tom überhörte großzügigerweise die Bezeichnung. Aber er schwor jetzt schon Rache zu einem späteren Zeitpunkt.

"Lasst Frank rufen, meine Schwester braucht 'nen Arzt", brummte er unfreundlich.

"Geht das auch ein bisschen freundlicher?"

"Bitte!" fügte Tom in übertriebener Nettigkeit hinzu. Boah, wie er es hasste, in dem Moment auf die Mistkerle angewiesen zu sein! Aber was blieb ihm anderes übrig? Nichts!

"Na also, geht doch! Kann euch allerdings noch nicht versprechen, wann Frank hier sein wird!" Während diese Worte gesprochen wurden, verschwanden die beiden auch schon wieder. Und wenig später wurde das Licht im Flur wieder gelöscht.

"Scheiß Warterei! Ich hasse das!" Tom lief an den Tisch und trat kräftig gegen einen Stuhl, der mit einem lauten Krachen umfiel.

"Und warum überhaupt sind wir hier in diesem Drecksloch!? Was soll das alles!?!" Tom wurde nun richtig wütend. Er ließ all seine angestaute Aggressionen raus, und wischte mit einem Handgriff ein Tablett mitsamt Ladung vom Tisch.

Amy und Bill schauten erschrocken auf.

"Hey, komm mal wieder runter", Bill sprang schnell an Toms Seite und wollte ihn beruhigen. Er packte ihn mit beiden Händen an seinen Armen, und zwang ihn, ihm in die Augen zu schauen. Normalerweise wirkte es meisten, wenn sie sich gegenseitig einfach nur anschauten. Die stumme Verbindung zwischen ihnen half in solchen Fällen. Nicht so aber dieses Mal.

"Scheiße man! Was machen wir hier!? Was soll der ganze Mist?!" Tom stemmte sich mit aller Kraft gegen seinen jüngeren Bruder, gegen die dieser nicht ankam.

"Tom...bitte...beruhige dich", Bill schaute seinen Bruder flehend an.

Plötzlich ließ sich Tom kraftlos an der Wand hinabgleiten. Er legte seine Arme auf seine Knie und vergrub sein Gesicht darin. Ein leises Schluchzen war zu hören.

"Wir sollten doch eigentlich für unsere neue Tour proben. Aber stattdessen sitzen wir hier.....hier in diesem scheiß Loch". Toms Stimme bebte und zitterte. Seine sonst so machomässige Fassade bröckelte. Nun war er ein ganz normaler Teenager, der einfach nur Angst hatte.

Amy blickte erschrocken auf die Szene, die sich da vor ihr abspielte: Bill kniete vor Tom und hielt ihn so gut es ging fest. Toms Schluchzen durchbrach die Stille. Er, der sonst immer der Stärkste unter den dreien war, brach einfach zusammen. Sie bekam Panik. Wer sollte denn jetzt hier das Ruder übernehmen? Diese Zelle hier würde sie alle noch an ihre Grenzen bringen...wenn sie da mal nicht schon lange angelangt waren...

Sie lief zu ihren Brüdern. Sie mussten jetzt zusammen halten, alleine würden sie es nicht schaffen. Ihr zerriss es fast das Herz, als sie Tom so fertig vor sich sah! Mit tränenverschleierten Augen blickte er zu ihr auf, als sie so hilflos vor ihm stand.

"Amy...", seine Stimme war kaum zu hören, "...es...es. tut mir so leid...". Ein neuer Schluchzer ließ ihn die Kontrolle über seine Stimme verlieren.

"Tom...", sie strich ihm sanft über seine Haare, "Du kannst doch am allerwenigsten für dieses Chaos hier", sie schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter, was ihr aber nicht recht gelang.

"...Schuld die keinen trifft..." , sinnierte Bill abwesend vor sich hin.

Es war schrecklich für sie mitanzusehen wie ihr Bruder litt. Und in dem Moment hatten die Drillinge alle nur einen Gedanken: Endlich hier weg zu kommen!

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Simone und Gordon saßen gemeinsam vor dem Fernseher, als die Pressekonferenz ausgestrahlt wurde. Für Simone war es unerträglich, das alles mitanhören zu müssen. Sie sah, wie die beiden Freunde ihrer Söhne, ziemlich down an dem langen Tisch vor den Journalisten saßen. Täglich hatte sie mit den Beiden in den letzten Tagen seit dem Verschwinden, telefoniert. Es tat gut sich gegenseitig zu trösten und sich immer wieder Mut zu zu sprechen. Gordon war in dieser Zeit ganz für Simone da. Er sagte sämtliche Termine und Musikstunden ab.

Das Ganze im TV ging nicht lang. Nach zehn Minuten war es vorbei. Simone schickte sämtliche Stoßgebete gen Himmel, dass endlich jemand einen Hinweis auf den Verbleib ihrer Kinder hatte. Sie konnten doch nicht einfach vom Erdboden verschluckt worden sein!

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Amy, Bill und Tom saßen in ihrer Umarmung immer noch am Boden, als sie Schritte hörten. Keiner von ihnen hatte aber Lust sich zu bewegen. Die Türe wurde mit einem Quietschen geöffnet und drei der Schränke standen plötzlich vor ihnen.

"Hey ihr Süßen, bitte recht freundlich!"

Was war los? Geschwächt und lustlos hoben die drei die Köpfe. Einer von den Typen hatte einen Fotoapparat in der Hand und grinste in ihre Richtung. Dann blitzte es auch schon. Vom grellen Blitzlicht geblendet hielten sich die Drillinge die Hände vors Gesicht.

"Moah du Arsch! Was soll das?" Bill fing sich als Erster wieder.

"Och, Mike will mal nicht so sein und euren Eltern ein Foto von euch zukommen lassen," grinste einer.

Und genau so schnell wie sie aufgetaucht waren, verschwanden die drei wieder.

Geschockt schauten sich die Geschwister an. Sie konnten nicht fassen was das gerade war.

"Oh mein Gott! Wenn Mom und Gordon uns so sehen! Shit!" Amy griff sich nervös in die Haare.

"Wer weiß, vielleicht sind die ja so blöd und stellen sich selbst ne Falle. Wenn sie das Foto zuhause abgeben - wie auch immer-, vielleicht hinterlassen sie ja dabei Spuren, die sie zu uns führen!", überlegte Bill laut und ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.

Tom nickte, dann schob er einfach seine Geschwister sanft beiseite und stand auf. Ohne lange zu überlegen lief er geradewegs auf sein Gepäck zu und schnappte sich seinen Gitarrenkoffer. Er musste was tun, hier ging er sonst vor die Hunde!

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Einer für alle - Alle für einen ~Geschwister halten zusammen~(Tokio Hotel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt