-(35)- Tatü Tata, die Feuerwehr ist da

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Harry

Wie beschreibt man einen Moment, der einem womöglich alles nehmen kann?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass meine Angst mich nicht in eine vollkommende Ohnmacht abdriften lässt. Ich spüre Scherben und Stille und die geisterhafte Geräusche, die neben meinen Ohren vorbeiflimmern.

Vor mir ist Metall und irgendein Gegenstand drückt mir in den Rücken. Stöhnend richte ich mich auf und versuche mich zu bewegen. Meine Haare hängen mir in mein Gesicht, ich habe keine Zeit um sie mir wegzuschieben.

Erleichtert stelle ich fest, dass nichts meines Körpers eingeklemmt ist.Vorsichtig hebe ich meine Hand. Für einen Moment habe ich keinerlei Schimmer wo ich mich gerade befinde, aber als ich das Lenkrad rechts vor mir sehe, das vor der zerspungen Scheibe halb heraus hängt, weiß ich wieder, was los ist.

Scheiße!

Ich springe schon fast auf, aber dann zwinge ich mich krampfhaft dazu erst einmal Ruhe zu bewahren. Wo ist sie?

Dampf umhüllt meine Nase, ich muss husten und verschlucke mich sogleich. Mist, sie kann doch nicht einfach so verschwunden sein!

"Emma?!", rufe ich verzweifelt. All' meine Wut hat sich in Angst verwandelt. Wieso war ich nur so dumm und habe mich vom Lenkrad entfernt? Wieso versuche ich dauerhaft zu verhindern, dass diese blöde Wahrheit ans Tageslicht kommt?

Als ich meinen Blick zu meinen Beinen schwenke, sehe ich erst wie ich zittere. Krampfhaft suche ich nach diesem Mädchen und schiebe ein Teil des Metalls vor mir auf die Seite. Als ich sie sehe versteift sich alles in mir. Panisch brülle ich nach Hilfe und versuche mich durch das Chaos zu ihr zu robben. Sie liegt vorne auf dem Amaturenbrett, das allerdings auch nicht mehr an gewohnter Stelle steht und hat die Augen geschlossen, als würde sie schlafen.

Lebt sie?, ist der erste Gedanke, der mir in den Sinn kommt. Als meine Hand ihren Arm streift versteinere ich beinahe von der Kälte, die von ihrer Haut ausgeht. Sie darf nicht tot sein! Wen soll ich denn sonst nerven? Ich weiß, dass es unmännlich ist zu weinen, aber in diesem Moment war es mir wirklich egal. Und ich weine hemmungslos, ziehe sie vorsichtig in meine Arme, wische ihr das Blut, so gut es geht mit meinem T - Shirt aus dem Gesicht und bete, dass die Sanitäter möglichst schnell eintreffen.

Fast schon schreie ich auf, als ich sehe, wie sich ihre Brust bewegt. Eine riesen Last fällt mir von den Schultern und so presse ich mein Gesicht in ihre Haare, die nach Rauch stinken und an den Spitzen leicht angebrannt sind. Ich flüstere ihr all' die Entschuldigungen zu, die sie verdient und hoffe einfach nur, dass das hier kein Abschied ist. An ihrem Körper blicke ich hinunter und sehe ihr Bein, wie es komisch verdreht unter dem Sitz liegt, der sich aus seiner Verankerung gelöst hat. Scherben liegen überall verteilt auf ihr, ebenso wie auf mir. Aber ich lebe, mir geht es soweit gut.

"Emma!", sage ich ihren Namen leise, als ich Stimmen fremder Menschen um uns wahrnehme, Sirenen von Rettungswägen und Schreie, irgendwo von draußen. Ich drücke ihr Lid nach oben und hoffe, dass sie irgendwelche Reaktionen zeigt, allerdings bleiben diese aus. Meine Tränen tropfen auf ihre Wangen und ich wische sie eilig weg, ehe sie noch in irgendeine Wunde fließen. Erst jetzt kommt mir ihre aufgeplatzte Lippe in den Blick.

Schluckend lehne ich mich wieder zu ihr hinunter und streife ihre Lippen mit meinem Finger, ehe ich meine ganz ganz sanft auf ihre drücke, weil ich die Angst habe, sie dadurch noch mehr zu verletzen.

Der Geschmack von Blut ist mir in diesem Moment einfach nur egal, obwohl ich es sonst eigentlich ziemlich widerlich finde.

Und wie durch ein Wunder öffnen sich ihre Augen einen klitze kleinen Spalt. Meine Mundwinkel ziehen sich nach oben, als ich mich wieder von ihr entfernt habe. Sie öffnet ihren Mund ein wenig, doch dann seufzt sie nur aus und ihre Augen schließen sich wieder und zucken heftig unter ihren Lidern.

City Trouble (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt