Umzug

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Ich lehne meine verschwitzte Stirn gegen die Scheibe unseres Autos, mein Körper kämpft gegen diesen engen Raum, gegen das Gefühl eingesperrt zu sein. Mein Wolf versucht sich an die Oberfläche zu kämpfen um mich zu befreien, doch ich habe es bereits gelernt wie ich mit meiner Platzangst umgehen kann und bin schon ziemlich gut darin sie zurück zu drängen. Es ist neu für mich das es im Auto passiert aber Gott sei Dank ist es nicht so schlimm, mein Bruder muss etwas gemerkt haben, denn er nimmt meine Hand und drückt sie aufmunternd. Ich lächle ihn an und drücke seine Hand ebenfalls. Seid unser Auto von der Fähre herunter gerollt ist, geht es mir etwas besser und nun rauscht die grüne und wunderschöne Landschaft von Irland an uns vorbei.


Wie gerne würde ich mich verwandeln und das saftige, weiche Gras unter meinen Pfoten spüren während ich darüber laufe. Wir fahren noch ungefähr eine Stunde bis wir auf einer Straße fahren die umgeben von Wald ist, die Sonne scheint durch die Blätter der grünen Bäume und verleiht der Straße etwas magisches. Der Wald lichtet sich etwas und als wir um eine kleine Kurve fahren, kommen wir an einem wunderschönen alten Backsteinhaus vorbei. Das Dach sieht aus wie aus graubraunem Stroh, Efeu wächst daran empor und lila- und rosafarbene Blumen wachsen aus dem hohen Gras um das Haus. Der Garten ist atemberaubend schön und märchenhaft, etwas das man in London nicht so oft zu Gesicht bekommt. Ein Junge kommt aus der Tür gestürmt, doch wir fahren zu schnell sodass ich nur seine schwarzen Haare erkennen kann und seinen starken Körperbau. Ein Kribbeln läuft durch meinen Körper und sofort richte ich mich auf, was war das denn?

Noah sieht mich fragend an, "alles okay?" Es ist rührend wie fürsorglich er ist, aber doch nervt es manchmal, "ja alles gut." Lächelnd sehe ich wieder aus dem Fenster, wieder sind wir von Wald umgeben und fahren auf eine Lichtung zu, es geht wieder um eine kleine Kurve und unser Auto hält. Wir stehen vor einem weißen großen Haus, es hat große Fensterscheiben und sieht schon von hier sehr hell und einladend aus. Es hat keinen Garten, sondern sieht eher so aus als würde der komplette Wald dazugehören. Es sieht aus als wären wir hier mitten im nirgendwo, aber ich weiß von der Karte her das wir nur einpaar Minuten die Straße entlang fahren müssen und schon sind wir in der Stadt. Natürlich gleicht hier nichts London, doch als wir in unserem Urlaub hier waren konnte man trotzdem super shoppen gehen sowie einkaufen, die Stadt ist einfach wundervoll. Ich steige aus dem Auto und falle fast über mein Kissen, das mir auf den Schoß gefallen sein muss als ich meinen Kopf vorhin gehoben habe. Nie würde ich eine fast achtstündige Fahrt ohne mein Kissen antreten! Noah fängt an zu lachen, "du und deine Kissen."


Schnell hebe ich es vom Boden auf und klopfe es mit den Händen ab, "na und. Es ist weich und kuschelig, nur weil du so einen harten Schädel hast."
Einmal habe ich mein Kissen vergessen, als wir nach Edinburgh zu unserer Tante gefahren sind, die Fahrt war die reinste Hölle und bei jedem holpern habe ich mir den Kopf angehauen. Unsere Möbel sind schon vor einpaar Tagen hier angekommen und mein Vater hat hier alles hergerichtet, er ist Architekt und hat das Haus gestaltet. Als ich gerade meinen Koffer aus dem Kofferraum hebe, geht auch schon die weiße Holztüre auf und mein Vater kommt grinsend zum Vorschein. "Hattet ihr eine gute Fahrt?" Er drückt meiner Mutter einen Kuss auf die Lippen und lächelt sie an, meine Eltern sind der reinste Kitsch und lieben sich noch wie am ersten Tag. Eigentlich ziemlich schön, aber ist ja klar das ich jetzt genauso etwas will wenn ich älter werde. Ja ich hatte schon Freunde, aber immer ein Geheimnis zu haben tut keiner Beziehung gut und so richtige Liebe war noch nie dabei. Mein Vater grinst mich verschwörerisch an, "ich denke mal du willst sofort dein Zimmer begutachten?"
Er hat sich von uns allen die Wünsche angehört die das neue Haus betrafen, er hatte uns weder das Haus gezeigt, noch etwas für die Zimmer kaufen lassen. Das Haus hat mich sofort in seinen Bann gezogen und ich liebe es jetzt schon, es sieht majestätisch und märchenhaft zugleich aus. Auf mein Zimmer bin ich jetzt schrecklich gespannt. Mühelos hebe ich meinen Koffer hoch und trage ihn ins Haus, man steht sofort gegenüber einer großen braunen Wendeltreppe die nach oben führt. Links ist eine milchige Glastüre mit weißem Holzrahmen, durch die man in ein kleines Wohnzimmer mit Esstisch und in die Küche kommt. Rechts ist ein Bogen in die Wand eingelassen, durch den man in ein riesiges Wohnzimmer mit Kamin und großen Fenstern kommt. Die Wände sind weiß, was alles noch heller erscheinen lässt. "Die Treppe rauf und das zweite Zimmer links."
Mein Dad steht hinter mir und bedeutet mir mit seinem Finger den Weg. "Soll ich dir den Koffer hoch tragen", fragt er mich. Mit hochgezogenen Augenbrauen sehe ich ihn an, "ich bin ein Werwolf, schon vergessen? Ich könnte sogar dich mit einem Finger besiegen." Er hebt ergeben die Hände und grinst. Unsere Eltern sind keine Werwölfe, komischerweise nur ich und mein Bruder. Sie haben uns erzählt das sie es heraus gefunden haben als mein Bruder und ich spielten, wir saßen im Wohnzimmer und anfänglich war es nur ein kleiner Streit und dann zwei kleine Wölfe die sich gegenseitig beißen. Wir lebten schon immer in einer Großstadt und dort waren eigentlich nie irgendwelche anderen Wölfe, ich weiß nur das sie meistens ein Rudel bilden und man besser nicht in ihr Revier eindringen sollte. Als ich die letzte Treppe nach oben steige, stehe ich in einem ebenfalls weiß gestrichenen Gang mit Bildern und einem kleinen Schrank aus Zedernholz. Rechts und links sind jeweils weitere drei Türen und die Treppe führt noch einmal hoch in den zweiten Stock, Noah steht hinter mir und geht an mir vorbei nach rechts, "sieht so aus als hätten wir unser eigenes Stockwerk."


"Sieht so aus, aber wieso drei Türen?"
Mein Blick schweift zwischen den zwei Türen auf der rechten Seite meines Ganges und der einen auf der linken Seite hin und her.
"Lass uns nachsehen."
Und schon ist er weg. Ich tapse zu der ersten Türe und drehe den silbernen Knauf, zum Vorschein kommt ein Ankleidezimmer. Mein Herz macht einen freudigen Satz. Zwei große Fenster sind nebeneinander in die Wand nach draußen auf die Straße eingelassen und bis zur Hälfte mit einem milchigen Muster blickdicht gemacht. In der Mitte des Raumes liegt ein cremefarbener runder Teppich, ein körpergroßer Spiegel steht in der Ecke neben dem Fenster und daneben steht ein großes weißes Schuhregal. Die komplette Wand rechts von mir, wird von einem großen ebenfalls weißen Schrank bedeckt. Links hier gleich neben der Tür steht ein kleiner Schrank mit Schubladen, wahrscheinlich für Unterwäsche, sowie eine Tür schräg gegenüber. Meinen Koffer lasse ich einfach hier stehen und gehe zu der Tür, ein blauer Knopf mit weißem Muster dient als Klinke. Wunderhübsch, ist das einzige was mir dafür durch den Kopf schießt. Ich drehe denn Knauf und trete in mein neues, wunderschönes Zimmer. Es ist alles da was ich brauche.


Mein Flachbildschirm hängt an der Wand gegenüber von meinem Bett, mein Schminktisch steht im Licht der Sonne, sowie mein Schreibtisch. Neben meinem großen Bücheregal, ich lese für mein Leben gerne, steht ein roter Sessel mit Fell darüber und einer Leselampe daneben. Der Sessel passt perfekt zu der roten Wand an der mein Bett steht, meine Möbel hier sind ebenfalls weiß, wie mein großes Bett mit den Kissen darauf. Ja ich liebe Kissen, am liebsten habe ich hunderte davon auf meinem Bett. Es ist wunderschön. Ich bin zwar ein Werwolf, aber immer noch ein Mädchen. Sofort beginne ich meine restlichen Sachen noch an ihre Plätze zu räumen und lasse mich danach auf mein Bett fallen. Es klopft an meiner Tür und ich stütze mich auf meine Ellbogen, "ja?"

Noah steckt den Kopf durch die Tür im Gang in mein Zimmer, "kann ich kurz mit dir reden?"
"Klar."
Er kommt herein und lässt sich neben mich fallen, sein Gesicht ist ernst, was nicht so oft vorkommt.
"Ich möchte nicht das du dich die erste Zeit die wir hier sind verwandelst, es könnte das Revier eines Rudels sein. Morgen in der Schule werde ich mehr in Erfahrung bringen, aber bitte tu es erstmal nicht. Nur bis wir wissen mit wem wir es zutun haben okay ?"
Ich gebe einen traurigen Seufzer von mir und ziehe einen Schmollmund, "okay."
"Und sprüh dir morgen starkes Parfüm hin."
Ich verdrehe die Augen, "ja Daddy."
Es ist schließlich nicht mein erstes Mal an einer neuen Schule. Er grinst bloß und wirft ein Kissen nach mir. Ich liebe meinen Bruder, er ist mein Beschützer und immer da wenn mir etwas fehlt. Schon seid wir klein sind sind wir unzertrennlich.
"Komm mit rüber, wir zocken eine Runde in meinem Spielzimmer."
Ich hebe eine Augenbraue, "sei vorsichtig mit der Wortwahl, seid Shades of Grey denkt da jeder anders drüber."
Wieder landet ein Kissen an meinem Kopf.

Mate   -the moon is rising-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt