Noels Plan

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Es war ein Abend wie jeder andere, den wir in unserem Wohnzimmer auf der Couch verbrachten und über Gott und die Welt philosophierten. Ryan fing langsam an, seine gesamte Situation mit einem Lächeln zu akzeptieren und wenn wir Schlachtpläne mit ihm schmiedeten, wie wir Edward davon überzeugen konnten, dass er ebenfalls Gefühle für seinen besten Freund hatte, dann fing er manchmal sogar mit uns an, über unsere ironischen Bemerkungen zu lachen.

Ryan verließ uns trotzdem oft als erster, um schlafen zu gehen. Ich wusste nicht mehr, ob er nachts noch oft wach lag und weinte, aber ich hoffte, dass sich das alles seit Lioras Ankunft und ihrer Hilfe etwas gebessert hatte. Und ehrlich gesagt, ich traute mich auch nicht mehr, ihn zu fragen.

„Kann ich dich etwas fragen?", sagte Liora, nachdem die Tür von Ryans Zimmer im oberen Geschoss zugegangen war.

„Sicher", antwortete ich lächelnd.

„Das, woran du arbeitest...", fing sie an und spielte mit ihren Fingern in ihren Haaren, „du willst aber nicht deinen missglückten Selbstmordversuch von letztem Jahr wiederholen, oder?"

Ich schluckte. Dass sie immer noch daran dachte, hatte ich nicht erwartet, denn ich hatte den Vorfall größtenteils aus meinem Gedächtnis verbannt. Ich wollte einfach nicht daran denken. Wie hatte ich nur denken können, ich hätte alles besser gemacht, wenn ich mich einfach so aus dem Leben riss, ohne, dass meine Freunde den richtigen Grund dafür kannten? Vermutlich hätten sie ein sichereres Leben gehabt, weil nicht ständig die Gefahr bestand, dass ich Tom aus irgendwelchen zwielichtigen Aktivitäten, die schrecklich schiefgingen, retten musste, aber ich hatte mittlerweile begriffen, dass ich sie mit meinem Selbstmord nicht glücklicher gemacht hätte.

Jetzt wollte ich keine Gedanken mehr daran verschwenden. Zu dieser Zeit war ich vollkommen verzweifelt gewesen; allein gelassen von dem ersten Mädchen, für dass ich geglaubt hatte, Gefühle zu haben, und ohne die Möglichkeit, mit meinen Freunden über meine Sorgen sprechen zu können. Jetzt war das alles anders. Meine Freunde wussten, was es mit mir auf sich hatte – und sie hatten diese Nachricht überraschend gut aufgenommen, auch, wenn sie nicht wussten, dass mein Mensch in Wahrheit nicht Liora war, sondern Tom Riddle – und ich wusste, dass ich im Notfall immer zu ihnen und ihnen meine Probleme erzählen könnte.

„Nein", antwortete ich knapp und hoffte inständig, dass Liora das als Antwort genügen würde.

„W-Wirklich nicht?", stammelte sie. Ihre Augen glänzten leicht und ich ahnte, wie es in ihr aussah. Es musste schrecklich sein, wenn sich die Person, die man liebte, das Leben nehmen wollte.

„Nein, wirklich nicht", sagte ich und küsste sie auf den Scheitel. „Mach dir keine Sorgen. Ich verspreche dir, dass es etwas Gutes wird, wenn es funktioniert. Glaub mir."

Das schien sie zum Glück etwas mehr zu besänftigen. Ich wünschte, ich hätte ihr meine Bücher und meine bereits angestellten Recherchen zeigen können, denn ich war mir fast vollkommen sicher, dass ihr noch etwas eingefallen wäre, um die geplanten Zauberer schneller, sicherer und besser auszuführen, aber ich wusste auch einfach, dass das nicht ging.

Doch ich freute mich zu früh.

„Hat es etwas mit Tom zu tun?"

Ich lächelte milde. „Nein, es hat auch nichts mit Tom zu tun. Genau genommen hat es mit niemandem zu tun, den ich kenne."

Ihr verwirrter Gesichtsausdruck brachte mich zum Schmunzeln.

„Warum tust du es dann?"

„Weil ich dazu gemacht wurde. Und jetzt komm, es ist spät und morgen müssen wir wieder nach Hogwarts, du solltest langsam schlafen."

Kind Des HimmelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt