Kapitel 1

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Er konnte es nicht glauben, was ihm da passiert war. Als das Feuer in seiner Schule ausbrach, was einem missglückten Chemie-Versuch verschuldet war, fingen alle Schüler an zu schreien und Panik brach aus. Auch er hatte höllische Angst, obwohl er sonst eher zu denen mit der großen Klappe gehörte. Aber bei einer richtigen Gefahr konnte er wie alle anderen keinen kühlen Kopf bewahren.So sollte also sein letztes Schuljahr in der Mittelstufe enden. Für die Oberstufe musste er sich wohl zukünftig eine andere Schule suchen, denn diese war vollkommen abgefackelt und lag deshalb nur noch in Trümmern.Viele seiner Mitschülerinnen und Mitschüler wurden mit starken Verbrennungen in die umliegenden Krankenhäuser eingeliefert. Aber er war der einzige von denjenigen, die mitten in die Flammen geraten waren und völlig unverletzt blieb.Der Arzt begutachtete ihn von oben bis unten. Seine Klamotten waren vollkommen verkohlt, aber an seinem Körper war keine einzige, winzige Schramme.
„Wie haben Sie das geschafft, Herr Held?", wollte der ältere Doktor von dem Sechzehnjährigen wissen.„Ich kann mir das auch nicht erklären", antwortete er.„Da haben Sie Ihrem Namen aber alle Ehre gemacht."Das ist wohl wahr.Robin war sehr darüber verwundert, was ihm da wiederfahren war. Als er diese Story seinen Eltern erzählt hatte, konnten sie es ihm auch zunächst nicht abkaufen. Aber die Aussagen der anderen Beteiligten und des Arztes bestätigten seine Äußerungen.„Vielleicht bist du unverwundbar", scherzte seine Mutter, womit sie ihm lediglich ein müdes Lächeln abgewinnen konnte. Er war einfach zu geschockt und erschüttert, denn für ihn war es nicht nur eine Geschichte. Er war mittendrin gewesen. Er stand mitten in den Flammen und hatte Angst gehabt, zu verbrennen. Aber ihm war nichts geschehen. Er war völlig gesund. Noch am selben Tag durfte er das Krankenhaus verlassen und so lag er am Abend alleine in seinem Bett und dachte über die vergangenen Geschehnisse nach. Er konnte sich keinen Reim darauf machen.Als Kind spielte der blonde Junge mit den graublauen Augen mit den Flammen von Kerzen. Er beeindruckte seine Spielkameraden damit, dass er eine Flamme löschen konnte, ohne dass er sich vorher die Finger mit Spucke anfeuchten musste. Als seine Freunde es ihm gleichtun wollten, verbrannten sie sich meist ihre Fingerchen. Doch er blieb unverletzt.War dies ein ähnlicher Fall wie damals, nur in einem größeren Ausmaße? Er wusste es nicht. Er war einfach nur perplex.Es vergingen einige Tage, doch er musste stets an die Ereignisse in der Schule denken. Für ihn waren, wenn auch etwas verfrüht, die Sommerferien angebrochen, die er aber nun nicht genießen konnte. Stattdessen fragte er sich die ganze Zeit, warum ihm das Feuer nichts antun konnte.Er wagte schließlich ein paar Experimente mit Flammen. Jedes Kind wusste, dass man nicht mit Feuer spielen sollte, aber ihm ließ das Ganze keine Ruhe, sodass er unbedingt herausfinden wollte, ob er vielleicht tatsächlich resistent gegen Feuer war.Und so fing er damit an, wie in seiner Kindheit, Flammen mit seinen Fingern zu löschen. Dies funktionierte ohne Probleme. Nicht ein einziges Mal verbrannte er sich die Hände. Dann versuchte er, seine Handfläche über eine Flamme zu halten und zu schauen, ob er sich irgendwann so verbrennen würde. Bei seinem ersten Versuch dauerte es eine ganze Weile, bis er die Hitze in seiner Hand spürte und er sie deshalb wegziehen musste. Aber er wusste nicht, ob das noch im Bereich des Normalen war. Vielleicht gab es noch andere Menschen, die ihre Hände etwas länger als gewöhnlich über eine Flamme halten konnten. Er probierte es weitere Male und konnte seine Zeit immer weiter verlängern, bis er einen Schmerz spürte. Irgendwann wollte sich nach über fünf Minuten kein Schmerz einstellen, sodass er sein Experiment schließlich abbrach. Für ihn stand fest, dass ihm das Feuer wenig ausmachte. Und so konnte er weitere Schritte unternehmen.Der nächste Versuch beinhaltete, dass er seine Hand direkt in die Flamme einer Kerze hielt. Bei dem Gedanken hatte er ein mulmiges Bauchgefühl, aber er riss sich zusammen und startete damit. Beim ersten Mal tat es ihm sofort weh. Er verbrannte sich die Hand ein wenig, sodass er nun glaubte, er könnte vielleicht doch ganz normal sein.Aber er brauchte einen weiteren Versuch, um dies sicher zu bestätigen. Und schon beim zweiten Mal passierte nichts. Er konnte seine Hand ohne Probleme in die Flamme halten. Erschrocken schaute er sich seine Hand in der Flamme an. Für ihn fühlte es sich so an, als wäre er nur ein Beobachter dieser Szene und niemand, der direkt involviert war. Für ihn war das unglaublich.Doch er musste noch weiter gehen, um seinen Verdacht eindeutig bestätigt zu wissen. Und so sorgte er für ein kleines Lagerfeuer bei seiner Familie im Garten. Natürlich wartete er darauf, dass seine Eltern nicht zuhause waren, bis er einen Stapel Zeitungen und Holz hinter dem Haus anzündete.Als das Feuer entfacht war, hielt er zunächst zögerlich eine Hand in die Flamme. Da nichts passierte und er keine Schmerzen verspürte, hielt er auch seine zweite Hand hinein. Und wieder passierte nichts. Schließlich zog er sich sein T-Shirt über den Kopf und beschloss, sich über die Flamme zu beugen, sodass er seine Brust in die Flamme hielt. Er achtete darauf, dass nicht gerade ein Nachbar über die Hecke schaute und vollzog sein letztes Experiment.Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, weil er so aufgeregt war. Er wusste nicht, was er denken sollte. Auf der einen Seite wäre es wahrscheinlich eine total coole Sache, wenn ihm Feuer wirklich nichts anhaben konnte. Auf der anderen Seite wusste er nicht, was er dann war.Bin ich dann vielleicht krank?Schließlich hielt er seinen nackten Oberkörper in das Lagerfeuer und er dachte, er würde zunächst einen Schmerz verspüren. Doch dann verzog sich dieses Gefühl und er fühlte absolut nichts. Es war höchstens ein wenig warm geworden, aber ansonsten konnten ihm die Flammen nichts anhaben.Erschrocken sprang er sofort auf und schüttete einen Eimer Wasser über die Flammen, den er sich zuvor vorbereitet hatte. Schnell entsorgte er das verkohlte Papier und das Holz und zog sich sein Shirt wieder an.Er verschwand im Haus und verbarrikadierte sich in seinem Zimmer. Erschrocken von sich selbst warf er sich auf sein Bett, um über alles nachzudenken. Sein Verdacht hatte sich also bestätigt.Ich bin nicht normal.

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