In Frankfurt wieder angekommen, ging der Unterricht in der folgenden Woche seinen gewohnten Gang. Serafina Funke führte lediglich noch einmal ein Gespräch mit Robin über den Vorfall in Berlin. Sie drückte ihre Sorge um das junge Elementum aus und versprach, dass die Lehrkräfte ein besonderes Auge auf ihren Schützling behielten. „Das bedeutet allerdings, dass du erst einmal nicht mehr das Internat ohne einen Erwachsenen verlassen solltest." „Wie bitte?", erkundigte sich Robin. Er dachte, er hätte sich verhört. „Wir müssen befürchten, dass du auch hier angegriffen werden könntest. So lange wir nicht wissen, wer dahinter steckt und ob das der einzige Vorfall gewesen ist, müssen wir besonders aufpassen." Für Robin war das gar keine gute Nachricht, denn schließlich wollte er demnächst mit Aria tanzen gehen. Und einen Lehrer wollte er ganz bestimmt nicht dabei haben, auch wenn sich Skye sicherlich liebend gerne anbieten würde. Noch am selben Tag suchte er die hübsche Blondine auf und erzählte ihr von dem Vorfall in Berlin und dass sie ihre Verabredung bis auf weiteres verschieben müssten.
„Das macht doch nichts", gab sie ihm verständnisvoll zurück. „Wir haben sicherlich noch früh genug die Gelegenheit, tanzen zu gehen." „Aber bis dahin können wir doch auch hier zusammen Zeit verbringen", schlug Robin mutig vor. „Sehr gerne", bestätigte die Luft-Elementaristin mit einem herzlichen Lächeln. Robin schwebte auf Wolke sieben und freute sich über die Reaktion seiner Mitschülerin. Besser hätte es für ihn nicht laufen können. Schließlich fasste er den Mut und sprach ein Thema an, welches ihn in den letzten Tagen sehr beschäftigte: „Darf ich dir etwas erzählen?" „Warum nicht?", entgegnete Aria ihm gespannt. „Ich habe vor, einen Zirkel zu gründen und suche diesbezüglich ein paar Leute." „Wie?", wunderte sich das Mädchen. „Du willst tatsächlich einen Zirkel gründen?" „Ja", bestätigte der Sechzehnjährige. „Nach dem Angriff in Berlin muss ich auf alles gefasst sein. Skye erklärte mir, dass ich durch einen Zirkel stärker werde und ich mich dadurch besser schützen könne." Bei dem Namen des jungen Lehrers leuchteten die Augen der hübschen Blondine schlagartig auf. „Skye...", wiederholte sie schwärmend, „er ist so ein toller Lehrer." „Na ja", entgegnete er mürrisch. Die Eifersucht packte ihn wieder. „Ich verstehe nicht, was alle an ihm so finden." „Wie?", wunderte sich Aria. „Gerade um dich kümmert er sich doch vorbildlich. Wie er sich dir als Nachhilfelehrer anbot oder dich mit nach Berlin nahm, ist nicht selbstverständlich." Aria wusste natürlich nichts von den Einschleim-Aktionen des jungen Lehrers. Für sie muss er ein großartiger Pädagoge sein. Robin hätte nach dieser Aussage würgen können. Er war ganz und gar nicht ihrer Meinung und wollte ihr am liebsten widersprechen. Aber andererseits wollte er nicht wie ein eifersüchtiger Bengel wirken und fuhr deshalb schnell mit seinen Ausführungen fort: „Jedenfalls wollte ich dich fragen, ob du nicht vielleicht das Element Luft in meinem Zirkel verkörpern möchtest?" „Ausgerechnet ich?", reagierte sie überrascht. „Das wäre mir eine große Ehre, Robin. Danke für das Angebot!" „Ich habe zu danken", gab er mit einem charmanten Lächeln zurück. Er hätte nicht erwartet, dass sie darauf so positiv reagieren würde. Er freute sich darüber, das erste Mitglied seines Zirkels zu haben. Er war davon überzeugt, dass die anderen drei auch nicht zögern würden und ebenfalls das Angebot annahmen. Am Abend fragte er sogleich Iggy. Dieser reagierte wie erwartet und war froh, das Feuer in dem Zirkel repräsentierten zu dürfen. Auch Jojo nahm dankend an. Er sah sich selbst als perfekte Verkörperung der Erde. In der nächsten Nachhilfestunde bei Marina fragte er schließlich auch die Wasser-Elementaristin. Ihre Reaktion war aber anders als die seiner Freunde: „Du willst was?", hakte sie schockiert nach. „Ich möchte einen Zirkel gründen. Und dafür fehlt mir noch das Element Wasser." „Bist du wahnsinnig geworden?" Das schüchterne Mädchen war außer sich und total entsetzt. „Warum?", wollte der Junge verwirrt wissen. „Wir sind doch alle noch Anfänger. Ein Zirkel ist etwas für Fortgeschrittene. Dabei kann noch so vieles schief gehen. Das ist viel zu gefährlich." „Tatsächlich?", fragte er nach. Damit hatte er nicht gerechnet. „Ein Ritual in einem Zirkel ist kein Spiel. Dabei werden Kräfte beschworen, die wir uns noch gar nicht vorstellen können. Wie bist du auf so eine blöde Idee gekommen?" Nun freute sich Robin einmal, dass er eine passende Antwort parat hatte, die seinen Lehrer ins negative Licht zerrten, auch wenn es nur bei seiner Mitschülerin Marina war. „Skye hatte die Idee. Er ermutigte mich dazu." „Was?", spie das Mädchen mit der Nerd-Brille entsetzt aus. „Unser Lehrer?" „Genau", bestätigte Robin. „Er meinte, so könnte ich mich besser verteidigen." „Das ist doch Wahnsinn! Dabei kann sonst noch was passieren. Wir könnten uns alle verletzen." Auch wenn er es schade fand, dass die Idee eines Zirkels doch nicht so gut war wie sie ihm zunächst erschien, freute er sich darüber, dass sich jemand über den jungen Lehrer aufregte. Vielleicht hatte er endlich jemanden gefunden, der genau seiner Meinung war, was Skye betraf. Deshalb setzte er dem Ganzen noch eine Spur drauf: „Und er will sogar Teil des Zirkels sein." Für einen Moment schaute ihn Marina verdutzt an, bis sie schließlich weiter sprach: „Ach so ist das." Sie überlegte kurz und fuhr sodann fort. „Wenn er selbst Teil des Zirkels ist, ist das natürlich etwas anderes." „Wie bitte?" Robin dachte, er hätte sich verhört. „Wenn ein Lehrer Teil des Zirkels ist, wird er natürlich darauf acht geben, dass nichts passiert. Er kann die ganze Sache einschätzen und den Zirkel gegebenenfalls führen." „Was?", rief der Sechzehnjährige verwirrt aus. „Ich denke, dann besteht keine Gefahr. Dabei könnten wir sogar einiges lernen." Und so schnell wendete sich das Blatt. Plötzlich fand Marina die Idee gar nicht mehr so schlimm und sah sogar das Positive in ihr. Robin hatte sich damit selbst in den Finger geschnitten und seinen verhassten Lehrer wieder rehabilitiert. „Dann sage ich sogar zu", sprach das Mädchen schließlich weiter. „Mit Skye in unserem Zirkel habe ich keine Bedenken." „Aber... aber...", stotterte Robin. Marina blickte ihn erwartungsvoll an und wartete darauf, was er sagen wollte. Robin sammelte sich kurz, bis er endlich fortfuhr: „Aber ich möchte ihn nicht in meinem Zirkel haben. Stattdessen habe ich Aria gefragt, ob sie den Teil der Luft übernimmt. Sie hat zugesagt." Die Wasser-Elementaristin griff sich an den Kopf. „Was hast du dir dabei gedacht, Robin?", fragte sie ihn resigniert. „So kann das nicht funktionieren. Du brauchst jemanden im Zirkel, der sich auskennt." „Aber nicht Skye", gab er beleidigt zurück. „Dann kann ich aber leider nicht mitmachen", antwortete Marina. „Es tut mir leid." Damit beendete sie die Nachhilfestunde und ließ Robin alleine in der Sporthalle zurück. Er wusste nicht, wie ihm geschah. Niemals hätte er mit so einer Reaktion seiner Mitschülerin gerechnet. Für ihn war alles klar gewesen. Lediglich bei Aria vermutete er eine Absage. Doch nachdem sie zusagte, dachte er, dass sein Zirkel komplett wäre. Doch nun hatte ihm Marina abgesagt. Was sollte er nun tun? Sollte er die ganze Sache vergessen und doch keinen Zirkel gründen? Oder sollte er vielleicht jemand anderen fragen, der das Wasser im Zirkel verkörpern konnte? Er wusste keine Antwort. Stattdessen schwirrten wieder tausend Gedanken durch seinen Kopf. Er musste in Ruhe darüber nachdenken und vielleicht wusste er dann, was er tun sollte.
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ELEMENTUM - Neue Mächte
FantasiEines Tages bemerkt der sechzehnjährige Robin Held, dass ihm Feuer nichts anhaben kann. Da bekommt er einen Brief von einem geheimnisvollen Internat in Frankfurt. Er erfährt, dass er ein Elementarist ist und von nun an soll er die Oberstufe mit ande...