Kapitel 13

72 8 0
                                    

Als die neue Woche anbrach, hatte Robin erneut ein Gespräch mit Rektor Quinn und den anderen Lehrkräften. Wieder fand er sich in dem kleinen Konferenzraum ein, an dem alle an einem runden Tisch saßen. Er nahm Platz und hörte sich an, was der Schulleiter zu sagen hatte. „Wir haben jetzt eine Lösung gefunden", begann Quinn seine Ausführungen. „Diese ist zwar noch immer nicht optimal, aber etwas Besseres fiel uns nicht ein. Trotzdem müssen Sie mit dieser Lösung einverstanden sein, sonst kann das nicht funktionieren." Da bin ich mal gespannt, dachte sich der Sechzehnjährige und hörte weiter zu. „Wir haben uns überlegt, dass Sie weiterhin den Feuer-Kurs von Frau Funke besuchen. Dabei bleibt es zunächst einmal. Darüber hinaus könnten Sie Nachhilfe in den anderen Elementen in Anspruch nehmen, der Ihnen zumindest die Grundlagen näher bringt." Der Rektor räusperte sich, bevor er fortfuhr. „Zunächst hatten wir uns überlegt, die Praxisschwerpunkte so zu legen, dass sie alle besuchen könnten. Aber dieses Pensum kann ich auf der einen Seite den Lehrkräften nicht zumuten, weil dies Mehrarbeit für sie bedeuten würde. Teilweise müsste der Unterricht dann bis zum Abendessen gehen und das ist unmöglich. Auf der anderen Seite wäre es ebenfalls für Sie eine immense Belastung, weil sie dann sechs Unterrichtsblöcke mit jeweils neunzig Minuten mehr hätten. Zudem ist das widerrechtlich."
„Verstehe", entgegnete Robin. „Also erscheint diese Nachhilfe am sinnvollsten. Dies würde dann wie eine Art AG ablaufen, in der Sie von Schülerinnen und Schüler der verschiedenen Elemente unterstützt werden." „Und an wen dachten Sie da so?" „Wenn es um das Element Wasser geht, möchten wir Ihnen die äußerst talentierte Marina Hollenbach an die Seite stellen. Sie ist ziemlich intelligent und kann Ihnen die Grundlagen sicherlich gut erklären. Im Fach Erde dachten wir an Ihren Freund Joris Keller, mit dem Sie sowieso Ihre Freizeit verbringen. Auch er ist diszipliniert und fleißig." „Das klingt gut", bestätigte der blonde Schüler. „Und was ist mit dem Element Luft?" Er hoffte darauf, dass er vielleicht Nachhilfe von der hübschen Aria kriegen würde. In seinem Kopf lief bereits ein ganzer Film ab, in dem er mit ihr zusammen Zeit verbrachte. „Im Falle Luft hat sich unser junger Kollege Herr Hawkins bereit erklärt, zusätzlich kostenlos Mehrarbeit zu leisten und Ihnen Einzelunterricht zu erteilen." Das hätte ich mir denken können. Mit finsterer Miene blickte er zu Skye herüber, der lediglich freundlich lächelte und damit seine strahlend weißen Zähne präsentierte. Und wieder hatte er einen Plan ausgeheckt, wie er ihm auf die Pelle rücken konnte. Dabei hatte er gehofft, dass er nach dem Gespräch mit Iggy endlich eingesehen hatte, was er für einen Mist baute. Sein Mitbewohner erzählte ihm nämlich, dass er sich mit dem jungen Lehrer ausgesprochen hatte. Nach dem Vorfall auf der Party wollten sie eine nähere Beziehung seinlassen. Skye versicherte dem Rotschopf, dass er ihn nicht verführen wollte und lediglich auf ein freundschaftliches Verhältnis aus war. Er räumte angeblich ein, dass das auch nicht in Ordnung war und er sich deshalb zurückzog und sich von nun an professionell verhalten wollte. Doch nun hatte sich das Blatt erneut gewendet und Robin wusste, dass er nur leere Versprechungen geäußert hatte. Oder aber sie trafen tatsächlich nur auf Iggy zu und er würde trotzdem versuchen, ihm näher zu kommen. Aber warum? Was will er bloß von mir?, fragte sich der Elftklässler. „Muss das sein?", kam es endlich aus ihm heraus. „Wie bitte?", erkundigte sich der Rektor, als ob er nicht richtig gehört hätte. „Sie finden die Idee mit den einzelnen Nachhilfestunden nicht gut? Ist Ihnen das zu viel?" „Nein", antwortete Robin. „Das meinte ich nicht. Die Idee von der Nachhilfe ist ganz gut. Aber gibt es nicht jemand anderen, was das Element Luft betrifft, der mir Nachhilfe erteilen könnte?" Die Lehrkräfte schauten den Jungen verwundert an. Sie verstanden seine Abneigung gegen Skye Hawkins nicht. Schließlich traute sich der Rektor, die Frage zu stellen: „Haben Sie etwas gegen Herrn Hawkins?" „Nein", erwiderte Robin schnell. Er wollte nicht, dass der Rektor irgendeinen Verdacht schöpfte. Schließlich hatte er Iggy versprochen, die ganze Sache nicht zu petzen und es für sich zu behalten. So musste er wohl oder übel nachgeben. „Es ist schon in Ordnung. Ihr Vorschlag ist fabelhaft." „Wir finden diese Lösung fürs Erste ebenso zufriedenstellend. Wenn es Ihnen manchmal doch zu viel wird, können Sie auch die ein oder andere zusätzliche Stunde ausfallen lassen. Sie werden sowieso nicht alles gleich gut beherrschen können." „Stattdessen haben wir uns noch etwas Zusätzliches überlegt", warf nun Serafina Funke ein. „In unregelmäßigen Abständen sollen sie in einem Block besonders gefördert werden – beispielsweise an einem Wochenende. Da erhalten Sie etwa einen ganzen Tag Unterricht von einer der hier anwesenden Lehrkräfte oder Sie werden auf eine besondere Schulung außerhalb des Internats geschickt." „Wie bitte?", erkundigte sich der blonde Schüler. Die letzten Ausführungen hatte er nicht ganz verstanden. „Es gibt einige renommierte Elementaristen, von denen Sie sicher etwas lernen können, auch wenn diese keine ausgebildeten Lehrkräfte sind. Schließlich geht es bei ihren besonderen Fähigkeiten nicht um ihr Abitur, sondern um die Entwicklung Ihrer Kräfte." „Was Frau Funke Ihnen damit sagen möchte", nahm Quinn wieder den Faden auf, „Sie werden durch Praxis in der Realität viel schneller und besser lernen als im Klassenzimmer." „Wow", rief der Sechzehnjährige aus. „Das klingt cool! Also ich bin damit einverstanden. Aber eine Frage habe ich dazu noch." „Bitte", forderte ihn der Rektor auf. „Warum werden nicht alle Schüler auf diese Weise in ihren Elementen unterrichtet, wenn man sich dadurch schneller und besser weiterentwickelt." „Die Antwort liegt darin, dass das ziemlich unpädagogisch ist. Sie werden sich vielleicht teilweise in Gefahr begeben, was Eltern unter normalen Umständen nicht erlauben würden. Ihre Eltern hingegen wissen nicht einmal von ihren Fähigkeiten, weswegen wir diesem umgehen würden. Darüber hinaus müssen die Persönlichkeiten, die Sie unterrichten werden, entlohnt werden. In Ihrem Fall übernehmen wir das, weil wir Sie gerne fördern möchten. Der ganzen Schülerschaft können wir das nicht finanzieren." „Das ist dann also exklusiv für mich." „So kann man das sehen", bestätigte der Schulleiter. „Und wissen Sie schon, wann ich meinen ersten Ausflug habe?", wollte der Schüler unbedingt wissen. Er konnte es kaum abwarten, seine Kräfte außerhalb der Schule zu erproben und sie beherrschen zu lernen. „Sie haben es aber eilig", lachte nun der alte Herr. „Wir informieren Sie, sobald es soweit ist." Robin bedankte sich für dieses Gespräch und ging letztendlich mit einem guten Gefühl aus dem Konferenzraum, auch wenn er nun wieder Einzelunterricht von dem schmierigen Junglehrer erhalten würde. Diesen Gedanken verdrängte er aber erst einmal. Er ging schnell zu seinen beiden Freunden und erzählte ihnen alles, bis auf die Sache mit Skye. Davon wollte er seinem Mitbewohner unter vier Augen erzählen. Jojo und Iggy fanden die Idee mit den Ausflügen toll und beneideten ihren Kumpel. „Du hast es gut", sprach der Muskelprotz. „Dann kommst du hier auch mal raus. Das wird sicher abenteuerlich." „Darauf freue ich mich auch", entgegnete Robin. „Aber es wird bestimmt auch anstrengend, denn schließlich passiert das alles zusätzlich zum normalen Unterricht, der uns ja auch so schon total in Anspruch nimmt." „Ach, das schaffst du schon", munterte ihn Iggy auf. Später sprach er mit dem rothaarigen Jungen über Skye, als sie alleine in ihrem Zimmer waren. Er versuchte Iggy davon zu überzeugen, dass der junge Lehrer irgendeinen Hintergedanken hatte. „Das bildest du dir bestimmt nur ein", spielte der Rotschopf Robins Sorge herunter. „Vielleicht will er wirklich nur nett sein." „Du nimmst ihn ja noch immer in Schutz", regte sich der Sechzehnjährige über seinen Freund auf. „Ich dachte, du würdest nun kapieren, was das für einer ist. Aber du bist wie benebelt." „Was soll denn das heißen?", wollte Iggy leicht angesäuert wissen. „Du weißt schon, was ich meine. Du hast die rosarote Brille auf, wenn es um diesen schmierigen Kerl geht." „Jetzt gehst du zu weit, Robin!", schrie der Rotschopf plötzlich wutentbrannt los. „Du weißt gar nicht, was du da erzählst." „Pah", empörte sich der blonde Schüler. „Es ist eher andersherum. Du bist dir nicht im Klaren, was das für ein Typ ist, weil du so vernarrt in ihn bist." „Hör auf damit", warnte Iggy seinen Mitbewohner energisch. „Dann hör du damit auf, ihn in Schutz zu nehmen." „Ich nehme niemanden in Schutz. Ich bin nur realistisch und nicht so paranoid." „Realistisch? Das bist du nicht. Du leidest unter Realitätsverlust", schimpfte Robin zurück. „Das muss ich mir nicht bieten lassen." Mit diesen Worten stampfte Iggy aus dem Zimmer und schmiss die Tür hinter sich zu. Mit hochroten Kopf blieb Robin zurück. Er war so sauer auf seinen Mitbewohner und konnte einfach nicht verstehen, warum er nicht genauso über den jungen Lehrer dachte wie er. Ist er wirklich so blöd?

ELEMENTUM - Neue MächteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt