Heute sollte der Tag der Tage sein. Es war ein Samstag und die Schüler hatten natürlich frei. Auch für Robin war keine außerschulische Veranstaltung geplant, sodass die fünf neuen Freunde genug Zeit hatten, um ihr Ritual vorzubereiten. Marina wälzte die Bücher, während die anderen einen geeigneten Platz suchten, um das Ritual durchzuführen. Da Robin noch immer nicht ohne einen Erwachsenen das Internatsgelände verlassen durfte, beschlossen die Jugendlichen, das Ritual in der Nacht durchzuführen. Hierfür mussten sie sich aus dem Gebäude schleichen, was nicht sehr einfach war, denn die Sicherheitsvorkehrungen wurden seit dem Angriff in der Sporthalle erhöht. „Warum fragen wir nicht einfach Skye, ob er uns begleitet?", fragte Aria unwissend. „Er ist ein wirklich cooler Lehrer und würde uns auch nicht verraten." „Das ist eigentlich keine schlechte Idee", bestätigte Marina. „Robin, du hattest mir ja auch erzählt, dass er die Idee zum Zirkel hatte. Also ist er sicherlich einverstanden." „Nein", widersprach der Sechzehnjährige vehement. „Wir machen das ohne einen Lehrer."
„Warum?", hakte die hübsche Aria unbedacht nach. Sie wusste ja nichts von Robins Abneigung gegenüber den Luft-Elementaristen. Doch das Elementum wollte darauf nicht eingehen und antwortete einfach nicht auf diese Frage. Das fanden natürlich die Mädchen aus der Gruppe recht seltsam. Auch Jojo wusste nicht so richtig, was los war. Doch zum Glück mischte sich Iggy ein und nahm seinen Zimmergenossen in Schutz: „Lasst es gut sein. Auch Skye wird vielleicht den anderen Lehrern davon berichten. Wir sollten es tatsächlich erst einmal für uns behalten." Damit hatte Robin überhaupt nicht gerechnet. Er hätte eher angenommen, dass gerade der Rotschopf seinen Lieblingslehrer verteidigte. Doch stattdessen hatte er dafür gesorgt, dass seine Freunde nicht mehr weiter nachfragten und die Entscheidung akzeptierten. „Vielleicht ist es wirklich besser so", stimmte Marina zu. „Wir würden Skye nur in einen Interessenkonflikt bringen. Das sollten wir vermeiden." Und damit war die Sache endgültig vom Tisch. Als es dunkel wurde, war es endlich soweit. Die fünf Jugendlichen hatten sich überlegt, einen Park aufzusuchen, in dem sie ungestört ihr Ritual durchführen konnten. Sie machten sich auf den Weg ins Frankfurter Westend, wo sich der Campus der Universität befand. Dort in der Nähe war ein großer Park, in dem sie viel Platz haben würden. Es war stockdunkel und man sah im Grüneburgpark nicht einmal mehr die Hand vor Augen. Glücklicherweise haben die Schüler an genügend Taschenlampen gedacht. Sie betraten den Park und liefen ein Stück hinein, bis sie inmitten einer großen Wiese stehenblieben. Der Boden war mit lauter Laub bedeckt. Ein kühler Wind wehte und der Mond war von trüben Wolken bedeckt. Sie legten die Taschenlampen so in einem Kreis auf den Boden, dass ihr Lichtschein die Mitte, in der die fünf Kids standen, erleuchtete. Marina holte sodann einige Utensilien aus ihrem Rucksack, den sie mit sich trug. „Was hast du da?", fragte Iggy neugierig. „Das sind Sachen, die wir für das Ritual brauchen. Zunächst einmal muss ich schauen, wo der Norden liegt." „Dafür haben wir doch GPS auf unseren Handys", warf Robin freudig ein. Er holte sein Smartphone aus der Hosentasche und schaltete das GPS ein. Als er die Navigations-App aktivierte, hatte er schnell herausgefunden, wo Norden liegt. Seinen Zeigefinger richtete er in die Richtung. „Sehr gut", lobte Marina. „Jojo, nimm bitte diese braune Kerze und stelle sie dahin, wohin Robin zeigte." Sie instruierte weiter. „Aria, nimm diese weiße Kerze und stelle dich in die östliche Richtung. Iggy, du nimmst die rote Kerze und stellst dich gegenüber Jojo in den Süden. Und ich nehme diese blaue Kerze und stelle mich in den Westen." „Und was ist mit mir?", wollte Robin von seiner Mitschülerin wissen. „Du gehörst in die Mitte. Und du nimmst bitte dieses Feuerzeug. Deine Rolle wird es sein, unsere Kerzen anzuzünden und die Elemente zu beschwören. Du gehst reihum und sprichst laut die folgenden Worte aus: Ich rufe die Kraft des entsprechenden Elements. Wir wiederholen deine Worte. Dabei müssen wir uns sehr konzentrieren. Zum Schluss bewegst du dich wieder in die Mitte und hebst deine Arme. Dann rufst du alle Elemente an. Wir heben die Kerzen in die Luft und rufen noch einmal die Namen unserer Elemente. Anschließend müssten wir eine starke Energie spüren. Damit werden wir unsere Elementarkraft gesteigert haben." „Wow", rief Aria erstaunt. „Das klingt ja cool. Dann lasst uns doch anfangen." „Bei wem soll ich denn beginnen?", hakte das Elementum nach. „Du beginnst bei Aria, dann gehst du zu Iggy weiter und reihum, bis du bei Jojo warst. Verstanden?" „Verstanden", bestätigte er. „Und wenn wir uns nicht ausreichend konzentrieren?", wollte Iggy wissen, der sich noch ein wenig unsicher fühlte. „Dann wird es eben nicht funktionieren. Aber ansonsten ist es ein recht ungefährliches Ritual. Deswegen habe ich es ja gerade ausgewählt." Alle fühlten sich bei dieser Aussage erleichtert. Damit verloren sie auch ihren letzten Rest Angst, sodass sie das Ritual mit einer gewissen Leichtigkeit durchführen konnten. Nun stellten sie sich alle auf und atmeten noch einmal tief durch. Der Wind säuselte in den Bäumen. Ansonsten war es totenstill. Die fünf Jugendlichen konzentrierten sich, bis Robin endlich begann. Er machte drei Schritte auf Aria zu. Im Schein der Taschenlampen konnte er die Umrisse ihres Gesichts erkennen. Er blickte sie direkt an und hoffte damit, ihre Augen zu erreichen. Er zündete ihre weiße Kerze mit dem Feuerzeug an und sprach dabei: „Ich rufe die Kraft der Luft." „Ich rufe die Kraft der Luft", wiederholte Aria mit einer kräftigen Stimme. Plötzlich wehte ein starker Wind um den Kreis der Jugendlichen, doch die Flamme der Kerze flackerte nicht. Dann ging er weiter zu Iggy, zündete seine rote Kerze an und sprach: „Ich rufe die Kraft des Feuers." Auch der Rotschopf wiederholte diese Worte: „Ich rufe die Kraft des Feuers." Die beiden Jungen spürten eine besondere Wärme in sich, die sie wohlig beruhigte. Dann ging es weiter zu Marina. Dort tat er dasselbe. Er entzündete die Flamme der blauen Kerze und rief: „Ich rufe die Kraft des Wassers." „Ich rufe die Kraft des Wassers", sprach das Mädchen ebenfalls. Plötzlich schien es so, als würde ein leichter Regen auf sie hinabfallen. Es war erfrischend. Anschließend stellte er sich vor Jojo. Er brachte die braune Kerze zum Leuchten und sprach laut: „Ich rufe die Kraft der Erde." Der muskulöse Junge wiederholte ohne zu zögern: „Ich rufe die Kraft der Erde." Bei diesen Worten vibrierte es leicht unter ihren Füßen, als wollte der Boden ihnen eine gewisse Kraft übertragen. Robin bewegte sich danach wieder in die Mitte des Kreises. Er hob seine beiden Hände in die Luft und schaute in den Himmel. Dann schrie er, so laut er konnte: „Ich rufe die Kraft der Elemente." Und die anderen vier Schüler hoben ihre Kerze in die Luft und riefen nacheinander den Namen ihres Elements: „Luft!" „Feuer!" „Wasser!" „Erde!" Plötzlich leuchteten die Taschenlampen um sie herum noch heller auf, als sie es vorher taten. Es kam den Kids wie helllichter Tag vor. Um Aria wehte ein starker Wind. Iggy spürte eine tiefe Hitze in sich. Marina hörte das Rauschen des Meeres, als würde sie mitten am Strand stehen. Unter Jojos Füßen bebte die Erde. Auch Robin spürte dies alles und es fühlte sich für ihn an, als ob eine Energiewelle ihn durchflutete. „Halt!", rief jemand laut von nicht weit her aus. „Hört damit auf!" Alle fünf Jugendlichen richteten ihren Blick dahin, woher die Stimme kam. Mit einem Schlag wurde ihre Konzentration unterbrochen. Ein heftiger Windstoß riss ihnen den Boden unter den Füßen weg. Sie stürzten erschrocken zu Boden. Das Licht der Taschenlampen erlosch. Die Elemente kamen allesamt zur Ruhe, sodass alles so war wie vorher. Keiner wusste, was gerade geschah. In dem Park war es plötzlich ganz still. Nur der Wind säuselte weiterhin, als wäre nie etwas geschehen. Da unterbrach Robin die Ruhe: „Was war das? Wer ist da?" „Kinder sollten nicht mit den Kräften der Elemente spielen. Anfänger sollten sich von so etwas fernhalten." Die Stimme klang böse und verbittert. Doch Aria war die erste, die sie erkannte. „Skye, bist du das?" Da traf es ihn wie ein Blitz. Es war Robins verhasster Lehrer, der sie störte. „Sich nachts vom Schulgelände wegzuschleichen ist ein übles Vergehen. Ohne Erlaubnis ein Ritual durchzuführen, ist ein noch viel größeres." „Es tut uns leid", begann sich Marina zu entschuldigen. „Zu spät", unterbrach sie der Lehrer mit einem wütenden Ton in der Stimme. „Ihr müsst bestraft werden." Mit einem Male wurde der Wind stärker und ein eisiger Hauch lag in der Luft. Da geschah es. Die fünf Jugendlichen wurden durch die Luft geschleudert. Sie schrien laut los, als sie durch die Nacht gewirbelt wurden. Alle kamen hart auf dem Boden auf. „Was soll das?", schrie Iggy laut auf. „Was machst du da?" Sogar der Rotschopf hatte keinen Zweifel, dass sein ach so geliebter Lehrer gerade durchdrehte. Robin erahnte die Gründe dafür, doch seine Mitschüler waren völlig perplex. Ein weiterer Windstoß packte sie und hob sie in die Lüfte. Wegen der schwarzen Dunkelheit, die sie umhüllte, wussten sie nicht, wo oben und unten war. Sie wurden kräftig durchgeschüttelt, als sie nach einem harten Aufprall wieder auf dem Boden lagen. „Au...", jammerten sie verzweifelt. Sie konnten keinen klaren Gedanken fassen und keiner wusste, was zu tun war. „Was soll das?", wollte Aria noch immer wissen. „Warum machst du das?" „Ihr seid so undankbar", spie der junge Lehrer verächtlich aus. „Besonders euer toller Freund, das Elementum. Ich wollte ihm helfen und ihn unterstützen. Aber er lehnte ständig ab. Dabei hätte ich ihm zu mehr Macht verhelfen können." „Und gleichzeitig hättest du auch etwas von der Macht abbekommen", entgegnete ihm der Schüler herausfordernd. „Na und?", schrie Skye dem Elementum entgegen. „Dann hätten wir beide etwas davon gehabt. Das ist doch nur fair!" Mit jedem Wort wurde seine Stimme wütender und greller. Er wirkte fast schon hysterisch. Da vernahm Robin ein leises Wimmern und Schluchzen. Er vermutete, dass Marina anfing zu weinen. Sie hatte Angst. Auch die anderen hatten sicherlich Angst. Ein Lehrer drehte durch und sie fühlten sich wahrscheinlich nicht in der Lage, ihm die Stirn zu bieten. Irgendwas musste er tun. Er erhob sich vom Boden, auch wenn er merkte, dass ihm die Schulter schmerzte. Er muss sich beim Aufprall etwas angeknackst haben. Als er stand, konzentrierte er sich. In seinen Händen erschien ein Feuerball, der ein wenig Licht spendete. Trotzdem konnte er nicht sehen, wo sich der Lehrer befand. Also musste er sich darauf verlassen, dass er die Richtung anhand der Stimme erraten konnte und er nicht einen seiner Freunde traf. „Was soll denn das?", fragte Skye erstaunt, aber ohne einen gewissen Spott zu verbergen. Da erahnte Robin, wo sich der Lehrer befand und schleuderte den Feuerball in diese Richtung. Doch der Ball hatte keine Wirkung. Mit einem kurzen Windstoß war das Feuer erloschen. „Pah", rief der Luft-Elementarist. „Das war ja wohl nichts. Denkst du, du hast eine Chance gegen mich. Dafür bist du noch viel zu ungeübt. Genau wie deine Kameraden hier. Ihr seid schwach und unbeholfen. Hättet ihr mal im Unterricht besser aufgepasst." Nun wurde Marinas Schluchzen lauter. „Du mieses Schwein", schrie Aria ihrem Mentor entgegen. „Ich hätte nie gedacht, dass du so ein Psychopath bist." „Ich?", hakte Skye wütend nach. „Ich soll ein Psychopath sein? Und was ist mit eurem Freund? Der ist doch total paranoid und denkt, dass alle Welt hinter ihm her ist." „Aber wie man sieht, ist ja auch alle Welt hinter ihm her", ertönte plötzlich Iggys Stimme. Robin hätte nie gedacht, dass sein Zimmergenosse so mutig sein konnte. Da sah er, dass auch er ebenfalls einen Feuerball zwischen seinen Händen hielt. Erstaunt blickte er seinen Freund an, der entschlossen in die Richtung des Lehrers schaute. Was hat er vor? Plötzlich schleuderte der junge Feuer-Elementarist einen Feuerstrahl auf den Boden, sodass das Gras zu brennen begann. Kurz darauf umschloss die fünf Jugendlichen und den Lehrer ein großer Feuerkreis, der alles in eine flackerndes Licht hüllte. Nun könnten sie alle Skye sehen. Er hatte blutunterlaufene Augen und seine Haare waren zerzaust. Er sah völlig gereizt aus. Sie erkannten ihn fast nicht wieder. „Meinst du, das ändert etwas?", schrie er. „Nur weil ihr mich jetzt seht, werdet ihr mich nicht aufhalten können. Ihr seid viel zu schwach." Und da erhob er seine Hände und rief einen Wirbelsturm herbei, der das Feuer um sie herum nur noch mehr entfachte. Die Flammen stiegen auf und in ihrer Mitte bildete sich ein gefährlicher Tornado, der scheinbar immer größer wurde. „Oh nein", schrie Aria verzweifelt. Und kurz darauf wurden die fünf Jugendlichen in den Wirbelsturm gezogen. Sie flogen durch die Lüfte. Gleichzeitig spürten sie, dass sich die Flammen von außen mit dem Tornado vermischten und sie wahrscheinlich bald verbrennen würden. Voller Angst schrien sie laut durch die Nacht. Doch sie wussten, dass sie keiner hören würde. Der Wind würde ihre Stimmen nicht weitertragen. Dafür sorgte Skye sicherlich. Doch Robin wollte nicht, dass es so endete. Das junge Elementum wollte diesen miesen Kerl ein für allemal aufhalten, kostete es, was es wollte. Mit aller Konzentration versuchte er den Wirbelsturm unter Kontrolle zu bekommen. Er stellte sich vor, wie seine Freunde und er sanft auf der Wiese abgesetzt wurden. In diese Vorstellung setzte er all seine Energie. Und plötzlich schien es so, als ob die Zeit stehenblieb. Der Wirbelsturm stoppte und alle blieben in der Luft hängen. Schnell schaute sich der blonde Schüler um und blickte direkt in das Gesicht seines verhassten Lehrers, der ein böses Grinsen im Gesicht hatte. Da wusste er, dass er ihn aufhalten musste. Mit aller Kraft lenkte er das Feuer, das sie umgab, auf Skye. Dann ging alles so schnell. Die fünf Jugendlichen landeten auf ihren Beinen auf dem Boden. Der Wirbelsturm verschwand und Skye stand in Flammen. „Was war das?", meldete sich Aria zu Wort, die überhaupt nicht kapierte, was gerade geschehen war. Marina blickte mit tränenden Augen in die Runde. Da sprach Robin sie an: „Schnell, Marina! Du musst Skye löschen. Beschwöre das Wasser!" Das Mädchen überlegte nicht lange und schleuderte einen Wasserschwall auf ihren Lehrer. Sofort rauchte es und das Feuer verpuffte. Skye lag wie ein gestrandeter Fisch auf dem Rücken und spuckte Wasser aus. „Gleich wird er sich wieder erholt haben und uns angreifen", rief Aria. „Wir müssen hier verschwinden." „Nein", warf nun Jojo ein. „Ich weiß, was ich zu tun habe. Iggy, sorge bitte noch einmal für Licht!" Erneut setzte der Rotschopf die Umgebung in Flammen, sodass alle Licht zum Sehen hatten. Da stellte sich der muskulöse Jojo vor seinen Lehrer und erhob seine Arme. Die Erde öffnete sich mit einem lauten Grollen unter Skye. Es schien so, als ob er von ihr verschluckt werden würde. Für einen kurzen Moment ahnte Robin Schlimmes, doch dann sah er, was sein Kumpel vorhatte. Skye war bis auf den Kopf in der Erde vergraben, sodass er sich nicht mehr bewegen konnte. „Super gemacht!", lobten ihn die Jugendlichen. „Nun können wir Hilfe holen", schlug Aria vor. „Lasst uns in der Schule anrufen!" Keiner von ihnen hatte dagegen einen Einwand. Sie hatten keine Angst davor, dafür bestraft zu werden, sich nachts vom Schulgelände entfernt zu haben. Die Festnahme ihres Lehrers war wichtiger.
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ELEMENTUM - Neue Mächte
FantasyEines Tages bemerkt der sechzehnjährige Robin Held, dass ihm Feuer nichts anhaben kann. Da bekommt er einen Brief von einem geheimnisvollen Internat in Frankfurt. Er erfährt, dass er ein Elementarist ist und von nun an soll er die Oberstufe mit ande...