Kapitel 2

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Von seinen Versuchen erzählte er niemanden, weder Freunden noch Familie. Er traute sich nicht. Zu sehr war er von seiner Fähigkeit verunsichert worden. Er wusste nicht, ob es etwas Positives oder Negatives war - Segen oder Fluch. Auf der einen Seite war es schon toll, nicht verbrennen zu können. Auf der anderen Seite kannte er nichts und niemanden, der dies auch konnte. Und er wusste, dass es Menschen mit komischen Begabungen gab, die allerdings auf eine körperliche Einschränkung zurückzuführen waren, die nicht selten dafür sorgte, dass die Person eines frühen Todes sterben musste. Dieser Gedanke jagte ihm Angst ein.Es vergingen weitere Tage und sogar schlaflose Nächte. In den Zeitungen und sogar im Fernsehen berichtete man von dem tragischen Feuer in der Schule. Nach den Sommerferien konnten die Schüler nicht mehr dorthin zurückkehren, da sie erst neu aufgebaut werden musste, was wahrscheinlich einige Jahre in Anspruch nehmen würde. Nur die Turnhalle blieb verschont, sodass die Sportvereine sie weiterhin nutzen konnten.Doch Robin musste sich nun langsam auf die Suche nach einer neuen Schule machen, die er nach den Sommerferien besuchen wollte. Die Schulen in der Umgebung kamen dafür in Frage, sodass er sich deren Websites anschaute, um mehr über sie zu erfahren. Doch keine schien sein Interesse wirklich zu erwecken.
Plötzlich rief ihn seine Mutter:„Hier ist ein Brief für dich gekommen, Robin."Neugierig verließ er seinen Schreibtisch und betrat das Wohnzimmer, wo ihm seine Mutter den Umschlag überreichte.„Von wem ist der?", wollte Robin wissen, doch seine Mutter schüttelte nur den Kopf und antwortete:„Ich weiß es nicht. Da steht was von einem Haus 4E."„Haus 4E?", wiederholte er skeptisch. „Was soll denn das heißen?"Als Robin sich den Umschlag anschaute, vergewisserte er sich selbst: Haus 4E stand im Adressfeld. Neugierig öffnete er den Umschlag und schaute sich den Brief an.„Nun sag schon, was steht darin?", forderte seine Mutter ihn ungeduldig auf.„Dieses Haus ist scheinbar ein Internat. Sie wollen mir ein Stipendium geben, damit ich nach den Ferien ihre Schule besuche und dort mein Abitur mache."„Wie bitte?", hakte sie überrascht nach.„Hier steht: Sehr geehrter Herr Held, wir bedauern den tragischen Vorfall an Ihrer Schule sehr und können uns sehr gut vorstellen, in welcher Situation Sie nun stecken müssen. Das Haus 4E ist ein Internat für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Begabungen. Da wir von Ihrer besonderen Begabung erfahren haben, möchten wir Ihnen gerne ein Stipendium in unserem Haus anbieten. Dies beinhaltet die komplette Übernahme der Kosten für die Unterkunft, Unterrichtsmaterialien, die Beschulung sowie die Verpflegung. Falls Sie daran Interesse haben, laden wir Sie herzlich zu einem persönlichen Gespräch ein. Bitte teilen Sie uns ihre Entscheidung telefonisch oder per E-mail mit, damit wir gegebenenfalls einen Termin vereinbaren können. Mit freundlichen Grüßen Benedikt Quinn - Rektor."„Jetzt bin ich aber platt", war die Reaktion seiner Mutter.„Was meinst du, wie ich mich gerade fühle?"„Aber du musst zugeben, dass das gut klingt. Wo liegt denn diese Schule."„Frankfurt am Main steht hier. Das ist ja nicht gerade um die Ecke. Das muss ich mir gut überlegen."„Das könnte eine riesige Chance für dich sein. Ich würde das an deiner Stelle annehmen."Robins Mutter war für ihre Leichtgläubigkeit bekannt. Sie hinterfragte selten etwas. Glücklicherweise war ihr Sohn misstrauischer. Er fand diese Sache sehr mysteriös. Woher kennen sie ihn? Warum melden sie sich ausgerechnet bei ihm? Warum sollte er in ein Internat nach Frankfurt ziehen?„Und welche besondere Begabung meinen sie?", stieß er skeptisch hervor.„Vielleicht meinen sie dein sportliches Talent. Du hattest immer eine Eins im Sportunterricht und bei den Bundesjugendspielen hattest du überall die besten Ergebnisse."„Meinst du, das ist es?" Er war nicht überzeugt. „Ich bin schließlich in keinem Sportverein."„Vielleicht meinen sie aber auch deine Musikalität. Du spielst doch Gitarre", fügte seine Mutter hinzu.„Ja, aber doch eher amateurhaft. Ich bin kein Jimmy Hendrix. Da gibt es viel bessere als mich."„Dann weiß ich auch nicht", gab sie resigniert auf.Robin hatte eine Idee. Dieses Internat hatte doch bestimmt eine Website. Da müsste doch etwas Genaueres stehen. Vielleicht würde er da herausbekommen, welcher besonderen Begabung er ein Stipendium zu verdanken hatte.Er ging zurück in sein Zimmer und setzte sich erneut vor den PC. Dieser war noch eingeschaltet, sodass er schnell nach dem Internat suchen konnte. Und tatsächlich fand er auch eine Homepage. Dort konnte er zunächst einmal auf der Startseite ein Foto des Gebäudes entdecken. Es war weiß und hatte eine große Vorderfront mit einem Bogentor. Nirgendwo war ein Schild, das den Namen des Internats verriet. Von außen sah es lediglich wie ein großer Komplex mit vielen Räumen aus. Als er das Bild anklickte, erschien ein Informationstext. Diesem konnte er aber nicht viel entnehmen. Da stand lediglich, dass es sich um ein Internat handelte, welches besondere Begabungen von Schülern förderte. Das Internat existierte seit 1957 und wurde von Rektor Benedikt Quinn geleitet. Bis auf ein Impressum mit den Kontaktdaten gab es nichts Weiteres auf der Website zu erfahren.Sehr verwunderlich, dachte sich Robin.Normalerweise gab es viel mehr auf den Seiten von Schulen zu sehen. Seine letzte Schule, die jetzt leider in Trümmern lag, strotzte nur von Informationen über sich: Von der Gründungsgeschichte über das pädagogische Konzept bis hin zu Fotos von den Klassen und anderen Events bot sie alles, was interessierte Eltern ansprechen könnte. Doch dieses Internat blieb ein völliges Mysterium.Schließlich beschloss er die angegebene Nummer einmal anzuwählen und den Rektor persönlich zu fragen. Wenn er ihm keine konkreten Auskünfte geben würde, interessierte ihn das Internat nicht mehr. Schließlich wollte er nicht bei irgendeiner extremen Sekte landen.Nach einem kurzen Ertönen des Freizeichens meldete sich eine raue, ältere Stimme eines Mannes:„Haus 4E, Rektor Quinn am Apparat?"„Guten Tag", entgegnete Robin auf die Begrüßung, „mein Name ist Robin Held. Ich habe einen Brief von Ihnen erhalten."„Ach ja!", rief der ältere Mann am anderen Ende freudig aus. „Guten Tag, Herr Held. Schön von Ihnen zu hören."„Vielen Dank, Herr Quinn. Ich melde mich, um nähere Informationen von Ihnen zu erhalten. Auf Ihrer Homepage konnte ich leider nicht viel erfahren."„Sie sind skeptisch", kam es sofort aus Quinn heraus. „Das kann ich verstehen."Der Sechzehnjährige war aufgrund seiner Offenheit sehr überrascht und wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Nach einigen Sekunden des Schweigens fuhr der Rektor des Internats fort:„Sie haben eine besondere Begabung, über die ich gerne mit Ihnen sprechen würde. Allerdings möchte ich dies nicht am Telefon tun. Deshalb bitte ich Sie um ihr Verständnis und lade Sie hierher ein. Dann können wir über alles sprechen."„Es tut mir leid, Herr Quinn", sprach Robin nun, der sich wieder einigermaßen gesammelt hatte, „aber Sie sprechen in Rätseln. Das klingt alles sehr seltsam. Daher weiß ich nicht, ob ich den weiten Weg in Kauf nehmen kann."„Ich verstehe Ihr Misstrauen, Herr Held. Aber die Angelegenheit ist, so möchte ich sagen, zu heiß, um sie am Telefon zu besprechen."Was meint er damit?Robin wusste nichts mit seiner Aussage anzufangen. Warum sprach er so kryptisch? Und was meinte er mit zu heiß? War die Sache zu heiß, um sie am Telefon zu besprechen? Aber warum war sie zu heiß?„Ich verstehe nicht ganz", fuhr Robin nun fort. „Warum sollte das zu heiß sein, um es jetzt hier am Telefon zu klären?"Langsam wurde er ungeduldig und wollte am liebsten auflegen.„Nicht einfach heiß, Herr Held, sondern brennend heiß, wenn Sie verstehen, was ich meine. Obwohl Sie sich wahrscheinlich nicht verbrennen würden, nicht wahr?"Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Der alte Mann sprach also von dieser Begabung. Erschrocken legte Robin schnell auf und legte das Telefon beiseite. Er war völlig außer sich und wusste nicht, was er denken sollte.Woher weiß er davon?Quinn wusste anscheinend davon, dass ihm Feuer nichts antun konnte. Sein Hinweis bezog sich darauf, dass er sich nicht verbrennen konnte, weil ihm Feuer nichts ausmachte. Und dies bezeichnete der Rektor als Begabung.Starr blickte Robin auf seinen Bildschirm, auf dem noch immer die Homepage des Internats geöffnet war. „Wir fördern besondere Begabungen unserer Schülerinnen und Schüler." Das war also damit gemeint. Er war wohl nicht der einzige Mensch auf der Welt, dem Feuer nichts anhaben konnte. Nicht nur er war jemand, der nicht verbrennen konnte. Es gab da wohl noch mehr und diese besuchten dieses Internat in Frankfurt. Daher hatte er eine Einladung erhalten.Als er dies begriff, wählte er erneut die Nummer des Rektors und als dieser abhob, entschuldigte sich Robin als allererstes:„Ich wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Aber ich glaube, ich verstehe es jetzt."„Keine Sorge, Herr Quinn", gab der ältere Herr freundlich zurück, „Sie sind nicht der erste, der auf diese Weise reagiert. So was ist ja nichts Alltägliches. Also ich würde mich freuen, wenn Sie uns einen Besuch abstatten würden. Die Anfahrtskosten übernehmen wir selbstverständlich. Alles Weitere klären wir dann hier vor Ort, wenn Sie einverstanden sind."Und Robin war einverstanden. Er war neugierig geworden und wollte dieses Internat unbedingt kennenlernen. Daher vereinbarte er einen Termin mit dem Rektor, welcher noch in den Sommerferien lag. Seinen Eltern erzählte er allerdings, dass es sich bei dem Internat tatsächlich um eine Schule handelte, die sportlich begabte Schülerinnen und Schüler förderte. Dies freute seine Eltern und so erlaubten sie eine kleine Reise nach Frankfurt. Voller Vorfreude erwartete er nun diesen Tag.

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