Kapitel 6

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Der nächste Morgen begann genauso wie der Vortag. Doch diesmal hielt Robin ständig Ausschau nach der hübschen Aria. In der Mensa suchte er sich einen Platz in ihrer Nähe und hoffte dadurch, vielleicht einmal mit ihr ins Gespräch zu kommen.Der Unterricht begann an diesem Dienstag mit dem Fach Literatur. Die Schüler versammelten sich in der Klasse und warteten auf den Lehrer. Jeder unterhielt sich noch mit seinem Sitznachbarn, als er endlich die Klasse betrat. Der Lehrer war ein groß gewachsener Mann mit breiten Schultern. Seine Stirn war hoch und hatte bereits einige Furchen. Sein Blick war eisern und ernst. Er stellte sich mit seinem dunkelgrauen Designer-Anzug vor die Klasse. Unter dem Sakko trug er ein schwarzes Hemd, dessen beiden oberen Knöpfe geöffnet waren. Damit wirkte der solariumgebräunte Elementarist, der mindestens schon die Mitte vierzig überschritten hatte, nicht leger, sondern eher wie ein schleimiger Gigolo. Robin fand ihn sofort unsympathisch.Schweigend stand er mit ernstem Blick vor der Klasse, während ihn die Schüler erwartungsvoll anstarrten. Schließlich standen die ersten Schüler auf, während sie Robin und der andere Rest fragten, was dies zu bedeuten hatte. Schließlich gaben ihnen die Blicke der Stehenden den Hinweis, ebenfalls aufzustehen.


Natürlich, fiel es Robin ein, das sind die Schüler mit dem Element Wasser. Sie hatten bereits Unterricht bei ihm und wissen, was er von uns will.Also standen schließlich alle auf und der Lehrer begrüßte die Schüler:„Guten Morgen, alle zusammen!"Im Chor wurde geantwortet:„Guten Morgen", und nur die Schüler mit dem Element Wasser sprachen weiter, „Herr von Zimmenthal!"„Das nächste Mal steht ihr alle sofort auf, wenn ich den Raum betrete. Verstanden?", sprach der Lehrer mit strenger Miene. Dann fuhr er fort:„Wie diejenigen, die noch nicht die Ehre hatten, mich kennenzulernen, gerade bemerkt haben, ist mein Name von Zimmenthal - Tiberius von Zimmenthal. Mein Element ist das Wasser. Außerdem werde ich euch in den Fächern Literatur und Grammatik unterrichten. Damit werden wir also dienstags und freitags den kompletten Vormittag verbringen."„Das sind ja rosige Aussichten", flüsterte Iggy seinem Sitznachbarn zu.„Haben Sie uns etwas mitzuteilen, Herr Brenner?", sprach er den Rotschopf energisch an.„Nein, alles in Ordnung", antwortete Iggy erschrocken.„Sie sollten sich merken, dass Sie den Mund zu halten haben, wenn ich spreche, Herr Brenner."„Entschuldigen Sie bitte", stieß der Junge mit den Sommersprossen eingeschüchtert hervor.„Ich denke, Sie müssen sich unsere Schulregeln vergegenwärtigen. Daher kommen Sie heute Nachmittag nach Ihrer letzten Unterrichtsstunde in mein Büro, um die Schulordnung abzuschreiben."Robin hörte, wie Iggy ängstlich neben ihm schluckte. In der Klasse war es totenstill und alle starrten den strengen Lehrer an. Der Sechzehnjährige war froh, dass er nicht seinem Element zugeordnet war. Weitere Unterrichtsstunden mit ihm hätte er nicht aushalten können.Der Literatur- und Grammatik-Unterricht zog sich in die Länge. Robin konnte kaum die Mittagspause abwarten. Er hatte keine Lust mehr auf die Strenge dieses Lehrers. Herr von Zimmenthal duldete keine störenden Geräusche. Dass nicht geschwätzt werden durfte, war allen bewusst. Aber wenn ein Stift vom Tisch fiel oder jemand mit Papier raschelte, erntete er böse Blicke der Lehrkraft und ihm wurde eine Strafe angedroht.Die Unterrichtseinheiten endeten beide mit einem Haufen Hausaufgaben, sodass Robin wusste, dass sie nicht sehr viel Freizeit haben würden. Am meisten störte ihn, dass sein heimlicher blonder Schwarm die ganze Zeit total veränstigt aussah. Am liebsten hätte er Aria von dieser Qual erlöst, aber da mussten sie wohl alle durch.Selbst die Streberin Marina hatte ihre Probleme mit dem Lehrer. Obwohl sie wohl das meiste Fachwissen von allen aufwies, machte von Zimmenthal ihr die ganze Zeit klar, dass ihr Wissen trotzdem nicht ausreichen würde. Man konnte die Schweißperlen sehen, die ihr über die Stirn liefen.Arme Marina, dachte Robin, und dann ist das auch noch ihr Tutor. In ihrer Haut möchte ich wirklich nicht stecken.Nach der Mittagspause hatten sie eine entspannte Unterrichtseinheit Informatik bei Frau Funke. Textverarbeitung war das Thema und dafür gingen sie in den Computerraum. Da die meisten keine Probleme damit hatten, einen Text abzutippen und diesen richtig zu formatieren, blieb ihnen am Ende noch Zeit, um ein wenig im Internet zu surfen.„Warum schaust du denn so wütend", wollte Robin von seinem Mitbewohner wissen. „Genieße doch den Informatik-Unterricht."„Das kann ich nicht", stieß er fauchend hervor. „Gleich muss ich zu Herrn von Zimmenthal und die Schuldordnung abschreiben. Darauf habe ich keinen Bock. Und heute Nachmittag beginnt auch noch die Koch-AG. Wann soll ich dann noch die Hausaufgaben machen?"„Das wird wohl ein anstrengender Tag für dich werden", seufzte Robin. „Kopf hoch! Du wirst es überleben."„Du hast gut reden."Am Abend traf Iggy schließlich erschöpft in ihrem gemeinsamen Zimmer ein. Müde warf er sich bäuchlings auf sein Bett.„Armer Kerl", sprach er freudig seinen neuen Mitbewohner an. „Jetzt bist du fix und fertig."„Das kannst du laut sagen. Um 09:00 Uhr fing heute der Unterricht an. Jetzt haben wir 09:00 Uhr abends und ich bin gerade erst fertig geworden."„Aber du meintest doch, beim Kochen könntest du entspannen."„Das stimmt auch", entgegnete Iggy, „aber heute war erst mal ein Kennenlernen. In der AG sind auch Schüler aus der zwölf oder dreizehn. Die wollten erst mal meine Fähigkeiten testen und so war ich die ganze Zeit nur dabei, irgendwelches Gemüse zu schnibbeln."„Verstehe. Sie haben dich heute total ausgenutzt."„Das kannst du laut sagen", stöhnte der Rotschopf. „Aber heute ist etwas im Büro vom von Zimmenthal passiert."„Erzähl!", forderte Robin Iggy auf.„Diese Marina suchte ein Gespräch mit ihm. Sie wollte von ihm wissen, warum er ihre Leistungen nicht würdigte."„Krass!", kommentierte der Sechzehnjährige dies. „Ich hätte ihr so viel Selbstvertrauen gar nicht zugetraut. Sie wirkt doch total schüchtern."„So war sie auch in seinem Büro. Sie hätte fast geheult, als sie ihn ansprach. Aber ihr ließ dies wohl keine Ruhe. Sie ist es anscheinend gewohnt, immer die besten Leistungen zu erbringen."„Hmm...", summte Robin.„Aber er wies sie total ab und sagte ihr, dass sie die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen hätte und auch noch viel lernen müsse. Nur weil sie auf ihrer alten Schule ein Zeugnis mit dem Durschnitt 1,0 hatte, bedeutete dies nicht, dass sie auch hier die Schlauste sei."„Das klingt hart!"„Ja, nach diesen Worten konnte sie dann tatsächlich nicht mehr an sich halten und rannte heulend raus."„Das war ihr sicher auch peinlich vor dir."„Sie bemerkte mich gar nicht, weil ich in einem Nebenraum saß. Ich bekam das auch nur mit, weil die Tür offen stand."„Irgendwie tut sie mir leid. Sie hat ja wirklich etwas drauf und der Typ spricht ihr das noch ab."„Was willst du anderes erwarten?", fragte Iggy seinen Mitbewohner. „Er ist einfach ein riesengroßes Ekelpaket."Das kann noch heiter mit ihm werden.

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