Kapitel 11

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Es war ein Freitagabend, als Robin in seinem Zimmer auf seinem Bett lag und Musik hörte. Er hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und lag auf seiner Decke. Als er seiner Musik lauschte, wippte er mit den Füßen zum Takt. Da stürmte Iggy ins Zimmer und stieß seinen Mitbewohner an, damit er die Kopfhörer herunter nahm. „Hey", beschwerte sich der Sechzehnjährige, „was soll das?" „Steh auf! Wir gehen auf eine Party!" „Wie bitte?", hakte Robin überrascht nach. „Wir machen uns jetzt fertig. Wir sind auf eine coole Studentenparty eingeladen." Das ließ sich der blonde Elftklässler nicht zweimal sagen. „Endlich geht hier mal etwas ab", freute er sich. Nacheinander duschten die beiden und warfen sich anschließend in Schale. Robin freute sich darüber, endlich mal feiern zu können. Da er ja noch nicht volljährig war, durfte er in keine Disko hinein. Und so war es äußerst selten, dass er feiern gehen konnte. In Frankfurt war das noch nie vorgekommen, weil es hier ja keine Möglichkeit gab. Zuhause hatten Freunde immer mal wieder eine private Hausparty arrangiert, wo er dann mit seinen Schulkameraden und Freunden hingehen konnte. Hier in Frankfurt kannte er ja lediglich die Leute aus dem Internat und da war es ja nicht möglich, eine Party aufzuziehen.
Zu diesem Anlass machte sich der blonde Schüler besonders schick. Er zog eine knallrote Jeans, ein weißes Hemd und darüber ein weinrotes Sacko an. Er fühlte sich nach etwas Schickem. Iggy hingegen wählte eine lässige Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit einem Print-Motiv darauf. Darüber zog er eine feine graue Weste. Beide stylten sich ihre Haare vor dem Spiegel und arbeiteten eine Tonne Gel hinein. „Kommt Jojo auch mit?", fragte Robin seinen Kumpel beiläufig. „Ja, ich habe ihn auch gefragt. Ich denke, Skye hat nichts dagegen." „Skye?", hakte der Sechzehnjährige erschrocken nach. „Was hat er denn damit zu tun?" „Er hat uns dahin eingeladen. Woher soll ich denn sonst eine Einladung zu so einer Party haben. Er meinte, wir könnten mal zusammen was unternehmen und richtig die Sau rauslassen." „Was? Aber er ist unser Lehrer und nicht unser Freund!", regte sich der Elftklässler auf. „Was sagt denn Quinn dazu?" „Wir sollen das natürlich für uns behalten. Unser Rektor muss davon doch nichts erfahren. Ich finde es cool, dass wenigstens einer unserer Lehrer so cool und locker ist." „Bist du wahnsinnig? Skye ist unser Lehrer und sollte sich auch so benehmen." Robin empörte sich sehr und redete sich komplett in Rage. „Warum tut er so auf gut Freund? Das ist total unangemessen und gehört sich nicht." „Robin", unterbrach ihn der Rotschopf, „du übertreibst es maßlos. Skye ist einfach eine coole Socke und ich finde das genial. Andere Schüler würden uns beneiden und du tickst hier komplett aus." Bei diesem Satz klopfte es an der Zimmertür und Jojo trat herein. Auch er hatte sich speziell für diesen Abend schick gemacht. Er trug eine schwarze Stoffhose und ein dunkelbraunes, weites Hemd, welches seine Muskelmasse verdeckte. „Seid ihr soweit?", fragte er seine beiden Freunde. „Skye wartet unten schon auf uns." „Bist du etwa auch damit einverstanden, dass wir mit unserem Lehrer feiern gehen?", wollte Robin von dem Muskelprotz wissen. „Warum denn nicht?", engegnete er. „Das ist doch total cool." „Das ist nicht normal", widersprach der blonde Schüler. „Jetzt stell dich nicht so an!", flaumte ihn Iggy erneut an. „Komm jetzt mit oder bleib eben hier. Aber vermiese uns nicht die Laune!" Da er nun schon komplett aufgestylt war und total Lust auf das Feiern entwickelt hatte, gab Robin widerwillig nach und folgte seinen Freunden nach unten in den Hof, wo Skye bereits auf sie wartete. Der junge Lehrer trug einen dunkelblauen Samtanzug, dessen Sakko er zugeknöpft hatte. Darunter trug er anscheinend nichts, denn eine muskulöse Brust schaute oben hervor. Er lächelte seine Schüler an und sagte: „Ihr seht aber gut aus. Dann kann die Party ja starten. Folgt mir." Die Jungs verließen das Internat durch das vordere Tor, wo bereits ein Taxi stand. Sie stiegen hinein und fuhren gemeinsam durch Frankfurt. Die ganze Fahrt über lachten und amüsierten sich Iggy, Jojo und ihr gemeinsamer Lehrer. Nur Robin schwieg die ganze Zeit. Er war sehr misstrauisch gegenüber dem Luft-Elementaristen. Seit der Situation in seinem Büro kann er ihn noch weniger leiden als er es davor schon ohnehin tat. Als sie vor einem Mehrfamilienhaus angekommen waren, stiegen die vier aus. Skye bezahlte den Taxifahrer und gab ein großzügiges Trinkgeld. Dann klingelten sie und wurden in den Hausflur gelassen. Sie stiegen die Treppe hinauf, der junge Lehrer voran und seine Schüler hinterher. Als sie im zweiten Obergeschoss angekommen waren, empfing sie bereits ein junger Mann mit auffallend langen Locken und einem Ziegenbart. „Hey Skye, altes Haus", begrüßte er den Lehrer und umarmte ihn freundschaftlich. „Ich habe noch ein paar Freunde mitgebracht", erklärte der Junglehrer. „Ich hoffe, das geht in Ordnung." „Selbstverständlich. Kommt rein und lasst es euch gutgehen." Die vier Elementaristen betraten den engen Flur der Wohnung. Als sie in Richtung Wohnzimmer gingen, vernahmen sie eine leise Hintergrundmusik. Die ganze Wohnung war voller Menschen, die miteinander sprachen und dabei laut lachten. Viele hatten Becher in der Hand, in denen sich wahrscheinlich alkoholische Getränke befanden. „Holt euch auch was zu trinken aus der Küche", forderte der Gastgeber auf. So gingen sie zu viert in die Küche und da standen allerhand Alkoholika herum. „Was wollt ihr trinken?", fragte der Lehrer seine Schützlinge. „Wasser?", fragte Iggy skeptisch nach. Skye lachte. „Heute bin ich nicht als euer Lehrer hier. Ihr könnte ruhig Alkohol trinken. Ich werde es nicht weitersagen." Robin blieb skeptisch. Seiner Meinung nach gehörte sich dies für einen Lehrer nicht und er fand sein Verhalten sehr unangebracht. Deshalb entschied er sich dafür, bei einem Orangensaft zu bleiben. Iggy schüttete sich ebenfalls Orangensaft in einen Becher, kippte aber einen Schuss Vodka nach. Jojo nahm sich einfach eine Flasche Bier. Skye war wohl in Sachen Alkohol kein unbeschriebenes Blatt und so mixte er sich irgendeinen außergewöhnlichen Cocktail zusammen. Sie stießen schließlich miteinander an und tranken aus ihren Bechern. Dann gingen sie zurück ins Wohnzimmer und unterhielten sich. Skye kannte die Leute wohl noch aus seiner Studentenzeit und fand daher sofort Anschluss. Die drei Jungs blieben eher unter sich. Jojo und Iggy hatten großen Spaß und freuten sich darüber, Alkohol trinken zu dürfen. Für Iggy war es wohl das erste Mal, kam irgendwann heraus. Deshalb war er schon nach dem ersten Becher etwas angetrunken. „Mach etwas langsamer", forderte ihn Robin auf. „Jetzt lass ihn doch", lachte Jojo los. Er amüsierte sich köstlich über den Umstand seines Freundes. Der Abend ging weiter und es wurde weiter getrunken und gelacht. Irgendwann hob jemand die Lautstärke der Musik an und es wurde im Wohnzimmer getanzt. Nur Robin setzte sich gelangweilt in einen Sessel. Er konnte die Party irgendwie nicht genießen. Die Anwesenheit seines Lehrers hemmte ihn. Gerne hätte er wie Iggy und Jojo die Sau raus gelassen, aber er wollte lieber nüchtern bleiben. Er traute Skye nicht und wollte daher auf seine Freunde aufpassen. Als die Nacht schon fortgeschritten war, waren alle Anwesenden total betrunken. Iggy lallte quasi nur noch vor sich hin und Jojo hatte auch eine gewaltige Fahne. Nur Robin blieb stocknüchtern. Irgendwann kam sein Lehrer auf ihn zu und packte ihn an den Händen. „Steh doch mal auf", forderte er ihn auf und zog ihn dabei nach oben. „Lass uns tanzen." „Nein danke", lächelte der blonde Schüler gespielt. „Ich bleib lieber hier sitzen." Er befreite sich von den Handgriffen seines Lehrers und setzte sich wieder hin. So drehte sich Skye seufzend um und stellte sich zwischen Iggy und Jojo. Die drei tanzten los, was irgendwie lustig aussah. Besonders das Muskelpaket Jojo sah seltsam aus, als er diese merkwürdigen Bewegungen machte. Seine Körpermassen waren anscheinend nicht dazu gemacht, sich rhythmisch zur Musik bewegen zu können. Trotzdem war ein Mädchen von dem muskulösen jungen Mann anscheinend total angetan. Sie war schlank, hatte lange braune Haare und tanzte Jojo an. Sie nahm ihn an den Händen und wippte mit ihm gemeinsam zur Musik. Vielleicht will sie ihn auch nur ein bisschen führen, weil sein Tanzstil nicht gerade atemberaubend ist, dachte sich Robin. Währenddessen tanzte der junge Lehrer seinen Mitbewohner an. Robin wurde stutzig. Als Skye schließlich sein Sakko öffnete und seine blanke Brust sowie seinen durchtrainierten Sixpack präsentierte, fand der Sechzehnjährige das gar nicht mehr lustig. Doch Iggy fand das in seinem besoffenen Zustand anscheinend total klasse. Er umarmte seinen Lehrer und tanzte mit ihm eng umschlungen. Was soll das? Robin beobachtete das Geschehen argwöhnisch. Keiner schien Notiz von den beiden zu nehmen, denn jeder war mit sich selbst beschäftigt. Und Jojo war hin und weg von dem hübschen Mädchen. Robin überlegte, ob er sich einschalten sollte und haderte mit sich selbst. Er sah dabei zu, wie Iggy und Skye immer offenherziger miteinander umgingen. Es ging soweit, dass der Lehrer die Hände des Rotschopfs nahm und über seine eigene Brust und den Bauch streicheln ließ. Und da war es für den blonden Schüler vorbei. Er stand auf und packte sich seinen Mitbewohner. „Hey", beschwerte sich Iggy, „was soll das?" „Du kommst jetzt kurz mit mir auf die Toilette." Entschuldigend blickte der Rotschopf seinen Lehrer an und ließ sich von seinem Mitbewohner auf die Toilette ziehen. Hinter ihnen schloss er die Tür und forderte Iggy auf, sich auf die heruntergeklappte Kloschüssel zu setzen. „Was machst du mit mir?", lallte der rothaarige Schüler seinen Freund an. „Du solltest dich mal selbst fragen, was du da machst!", entgegnete er ihm schroff. „Skye geht zu weit. Merkst du nicht, dass er dich nahezu verführen möchte?" „Na und?", gab Iggy zurück. „Lass ihn doch." „Hast du mir gerade nicht zugehört? Er will dich verführen", wiederholte Robin energisch und hoffte, dass sein Freund wach werden würde. „Willst du das etwa?" „Er ist doch total heiß", kam es aus dem Rotschopf heraus. Erschrocken riss Robin die Augen auf. Hatte er richtig gehört? „Stehst du etwa auf ihn?", wollte Robin nun genau wissen. Iggy blickte zu Boden und blieb still. Er hatte damit zu kämpfen, sein Gleichgewicht zu halten. Nun wusste der Sechzehnjährige, dass sein Freund genug hatte. „Warte hier kurz!" Er verließ das Bad und suchte Jojo, der noch immer mit dem Mädchen tanzte. Er tippte seinem muskulösen Freund an die Schulter und flüsterte ihm zu, dass sie jetzt gehen sollten. Jojo wusste nicht, was das zu bedeuten hatte, folgte aber seinem Freund auf die Toilette. Als er Iggys Elend sah, half er Robin, ihn aufzuhieven. Gerade als sie die Wohnung verließen, kam Skye durch den Flur angelaufen. Sein Oberkörper war mittlerweile komplett entblößt und er trug sein Sakko in der Hand. „Wartet auf mich!", forderte er seine Schüler auf. Sie stiegen die Treppe hinab und der junge Lehrer trottete hinterher. Auf dem Weg zog er sein Sakko wieder an und bestellte mit seinem Handy ein Taxi. Auf der Heimfahrt musste sich Iggy zusammenreißen, dass er sich nicht übergab. Doch Skye war bester Laune: „War das nicht eine fantastische Party?" Robin schwieg die ganze Zeit und konzentrierte sich auf seinen Freund. Er fand den Abend richtig mies und war ziemlich sauer auf seinen Lehrer. Nun hatte er es sich komplett bei ihm verscherzt.

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