Kapitel 2

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Krachen fiel die Türe ins Schloss und Frau Reichert schüttelte genervt den Kopf.

Taddl. So hieß er also. Verständlich, dass er seinen Namen nicht nennen wollte.

Genauso laut wie er das Zimmer verlassen hatte, kam er wieder zurück. Rücksichtslos warf er die kleine Schachtel auf das Pult und schlappte wieder zu seinem Platz.

Er war anders. Nicht schlecht anders... Interessant anders.

Seine rauchig blaue Augen starrten mich an. Hatte ich ihn so lang gemustert?! Schnell wendete ich meinen Blick ab und versuchte die Aufgabe vor mir anständig zu Ende zu bringen.

Frau Reichert stellte sich neben mich und sah mir über die Schulter. Kennt ihr das ekelhafte Gefühl, wenn einem genau auf die Finger geschaut wird? Purer Hass!

Wortlos ging Frau Reichert wieder weg. Sie fuhr mit dem Unterricht fort, aber mein Blick glitt immer wieder zu ihrem Sohn.

Glücklicher Weise fiel ihr das nicht auf, aber ihm. Er starrte jedes mal zurück und ich verlor mich immer in seinen Augen. So verschleiert, vernebelt, mystisch.

Auf einmal piepte ein Handy. Verwirrt sahen wir uns um. Wer würde diesmal Ärger kassieren?

Frau Reichert entschuldigte sich. Es war also ihr Handy. Sie nahm es zu Hand und las kurz etwas.

"ja dann geh halt", sagte sie genervt und blickte zu ihrem Sohn. Hatte er wirklich über das Handy gefragt ob er auf Toilette dürfte?

Taddl verließ den Raum. Kurz darauf sahen wir ihn draußen. Rauchen.

Frau Reichert bemerkte unsere Blicke und folgte ihnen. Als sie entdeckte, was uns faszinierte, stürmte sie raus auf den Hof. Unsere Blicke verfolgten aufgeregt das Geschehen.

Leise öffneten wir die Fenster, um etwas hören zu können.

Frau Reichert schrie laut, obwohl in sämtlichen Zimmer Unterricht war. Noch immer hatte Taddl seinen Mund nicht geöffnet und sah sie mit schräg gelegten Kopf an. Ständig zuckte er die Schultern und schüttelte ab und zu seinen Kopf.

Genervt kam Frau Reichert zurück in das Klassenzimmer und starrte immer wieder wütend zu ihrem rauchenden Sohn. Eine viertel Stunde bevor er zur Mittagspause klingelte kam Taddl wieder herein und setzte sich still an seinen Platz.

Ich spürte die ganze Zeit seinen Blick auf mir und versuchte so oft es ging nicht darauf zu achten, aber dieses Augen zogen mich einfach magisch an. Sie zeigten mir alles was es in seiner Seele zu finden gab, aber es war verschlüsselt. Ich müsste durch den Rauch darin blicken um zu erkennen, was er verbarg und doch so offen zeigte.

Es klingelte und wieder gingen alle nach draußen. „Warten wir noch auf den Neuen? Sonst muss er ganz alleine die Pause verbringen", bat ich. „Du willst was mit dem Neuen machen? Der wo so komisch drauf ist? Der dich die ganze Zeit anstarrt und dazu noch der Sohn unserer Klassenlehrerin ist?", fragte Sam mit hochgezogenen Augenbrauen. „Jetzt hab dich nicht so! Ich bin damals auch auf dich zu gegangen obwohl du da noch eine Glatze hattest", rechtfertigte ich mich. „Das war nur eine Phase", nuschelte Sam. „Also warten wir?", fragte ich und sah auch den Rest der Gruppe an. Alle nickten und so warteten wir im Raucherbereich. Es war klar, dass Taddl hier her kommen würde.

Wortlos (Taddl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt