Letzte Nacht konnte ich eine Stunde lang nicht einschlafen. Mich quälten die mir bevorstehenden Versammlungen der Clans. Wann endet endlich der ganze nervige Kram?, dachte ich mir. Ich will einfach nur leben, nichts weiter.
Jedenfalls bin ich jetzt ganz schön müde, wenn ich so um sieben aufwache. Ich verlasse mein Zimmer und steige die alte Wendeltreppe nach oben, gehe weiter ins Wohnzimmer. Niemand da. Im Haus ist es wieder sehr still. Weiter im Esszimmer finde ich mein - obwohl es sich komisch anhört, sage ich mal trotzdem - Frühstück. Eigentlich hab ich keinen Hunger, aber ich will nicht unhöflich sein. Joshua hat sich schließlich beim Kochen Mühe gegeben.
Nachdem ich letztendlich aufgegessen hab, stehe ich auf und bin dabei, das Geschirr wegzuräumen.
"Zwei Stunden.", höre ich plötzlich Christopher hinter mir sagen.
Ich zucke erschrocken zusammen, lasse fast das leere Glas fallen und drehe mich um.
"Ihnen auch guten Abend.", entgegne ich und unterdrücke das Verdrehen der Augen - er begrüßt und ja nie. "Was soll ich unter zwei Stunden verstehen?"
"In zwei Stunden findet deine Versammlung statt.", erklärt der Älteste.
"Ach so. Wo sind alle?"
"Sie informieren noch die Gemeinde. Ich selbst bin gerade erst zurückgekehrt. Ich hoffe, du weißt, was du dem Clan sagen willst."
"In etwa.", zögere ich.
Der Vampir nickt und verlässt das Esszimmer. Komisch, aber der macht mir immer noch irgendwie Angst. Außerdem, wie wär's mit "bis später" oder so?! Na ja, dann nicht! Was kümmert er mich.
Ich drehe mich wieder zum Tisch um und werde schon wieder abgelenkt. Nach einer unglaublichen Geschwindigkeit kommt jemand abrupt zum Stehen und schlingt die Arme um mich. Nun wäre der Teller beinahe zu Boden gefallen.
"Schönen Abend, Blümchen."
Ach wer könnte das nur sein...?
Trotz dieses Spitznamens lächle ich. Miguels Umarmung hat etwas Rührendes an sich.
Aus den Augenwinkeln sehe ich sein Gesicht und er gibt mir einen Kuss auf die Wange.
"Okay... Was wird das?", frage ich überrascht.
"Ich wollte dich ein bisschen nerven und aufmuntern.", grinst Miguel, lässt mich los und setzt sich halbwegs auf die Tischkante.
"Ja...?", interessiere ich mich, denn er will mich bestimmt was fragen, das sehe ich.
"Bist du aufgeregt? Du wirst heute den ganzen Clan zu sehen bekommen. Wir haben uns schon längst nicht mehr versammelt."
"Komischerweise bin ich nicht aufgeregt. Ich frag mich auch, warum. Eine Sache.", wechsle ich abrupt das Thema. "Wie ich's verstanden hab, sollen alle Vampire hierher kommen. Aber... wohin mit ihnen?"
"Ah.", lacht Miguel kurz. "Unser Wohnzimmer liegt, ich sage mal, unter einer Art Zauber. Es vergrößert sich je nach Menge der Dazukommenden."
"Oh.", bringe ich überrascht hervor.
Das ist ja ein sehr nützlicher Zauber.
"Übrigens.", fängt Miguel an. "Es ist gut, dass du nicht aufgeregt bist. Dann kannst du besser die Anführerin vorspielen."
Die Anführerin vorspielen?!
"Wie bitte?", lege ich den Kopf zur Seite und hebe die Augenbrauen.
"Scherz!", lacht er.
"Miguel! Bist du heute betrunken oder was?", fahre ich ihn an.
"Ich kann nicht betrunken werden."
Ich verdrehe die Augen und seufze. Gaaanz ruhig, Lilith, es ist nur Miguel wie er auch sonst immer ist.
"Bist du allein zurück?", frage ich gelassen, um auf ein anderes Thema zu wechseln.
Mein Freund sieht sich um und lauscht.
"Wie ich sehe, ja.", antwortet er schließlich. "Aber Christopher ist auch da, stimmt?"
Ich nicke. Dann nimmt er mir den Teller aus der Hand und geht in Richtung Küche.
"Ich helfe dir. Geh du dich lieber umziehen."
Umziehen... Wetten, die Kleidung liegt schon irgendwo in meinem Zimmer? Und ist wieder ganz eng...
"Okay, danke dir.", lächle ich ihn an.Mein Ahnen stellt sich als richtig heraus. Was ich anziehen soll ist ein türkises Kleid, welches bereits auf meinem Bett liegt. Es geht genau bis zum Boden... wenn ich die schwarzen Hackenschuhe anhab, die neben dem Bett stehen. Tja, Jeans zählen wohl nicht als passende Kleidung. Sehr schade.
Ach ja, das Kleid ist außerdem, wie erwartet, ganz schön eng und hat einen, meiner Meinung nach, viel zu großen Ausschnitt. Diese perversen Vampire... Haha.
Jedenfalls steige ich gerade die Wendeltreppe hoch ins Erdgeschoss. Und sehe Joshua ganz oben stehen und mich anlächeln.
"Du siehst sehr schön aus.", meint er als ich ihn erreiche. "Wie eine mächtige Anführerin auch auszusehen hat."
Ich spüre, wie mir die Röte ins Gesicht steigt. Joshua mach immer Komplimente.
"Dankeschön.", erwidere ich verlegen.
"Wir haben allen Bescheid gesagt. Und sie werden alle kommen.", berichtet der Junge.
Och Mann, das wird ja Spaß machen...
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Zu Hause bei den Vampiren 2
VampireDie Geschichte von der Halbvampirin Lilith geht weiter. Neue Wahrheiten kommen heraus und neue Schwierigkeien erwarten sie.