Kapitel 37

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Vor zehn Minuten kam Angelika mich und Joshua - der übrigens nen schicken und offensichtlich extra für ihn geschnittenen Anzug angezogen hat - abholen. Überraschenderweise gingen wir wieder ins Haus, wobei mich Miguel mit einem Lächeln beschenkte - sag ich jetzt mal -, dann stiegen wir die Wendeltreppe hinab in das Untergeschoss und liefen den Gang in die Richtung, wo sich die Tür zur Arena befand, entlang.
"Manchmal denk ich wirklich, der Flur ist unendlich.", überlege ich laut, um die lastende Stille nicht länger ertragen zu müssen.
Doch mein Kommentar ändert nichts, die Vampire schweigen weiter.
"Denke lieber nach, wie du den Clan dazu bringst, sich mit den Moons zu versammeln.", entgegnet Angelika.
Für mich klingt ihre Stimme etwas feindselig. Wahrscheinlich ist sie jedoch nur nervös.
"Schaff ich schon. Aber danke für den Hinweis."
Das war gerade frech. Aber ich sag doch, die Nacht fing von Anfang an schlecht an.
"Du bist leichtsinnig. Wir sind nicht die Moons.", erwidert sie daraufhin.
Ich hab gemerkt, dass die Vampirin es nicht mochte, mich beim Namen anzusprechen. Gelegentlich sprach sie ihn gar nicht aus. Jeder hat seine Probleme.
"Habe ich ihr auch schon gesagt.", mischt sich Joshua ein.
Ich versuche, nicht auf die Vampire einzugehen. Nur die Ruhe bewahren. Ja, ich bin sehr nervös.
Ich schaffe, eine Ablenkung zu finden: Es sieht wahrscheinlich sehr komisch aus, ich in Begleitung von zwei Kindern, die mir in gar nicht kindlicher Sprachweise Ratschläge geben.
"Wir sind da.", kündet Angelika plötzlich an.
Ich habe gar nicht gemerkt, wie wir - genau, ich auch - stehen geblieben waren. Nun befinden wir uns mitten auf dem Gang.
"Hier gibt's also eine geheime Tür.", frage ich eher als stelle fest.
"Die gibt es hier überall. Außer dass sie nicht geheim sind, sondern du sie nur nicht siehst.", erklärt Joshua.
Und warum sehe ich sie nicht? Ach egal.
"Lilith."
Oh, ich war wieder weggedriftet. Jetzt sehe ich den Jungen fragend an, der mich angesprochen hat.
"Einmal tief ein- und ausatmen."
Obwohl mir der Grund dafür nicht klar ist, folge ich seiner Anweisung.
Angelika legt die Finger um eine aus dem Nichts aufgetauchte Klinke und öffnet eine Tür vor uns. Ich frage am Besten nicht danach...
Dahinter befindet sich ein großer Raum, der von vielen, sehr vielen Kerzen erleuchtet wird. Es gibt überhaupt keine Möbel. Nur alte Wände mit Kerzenhaltern. Und - Überraschung! - um die hundert Vampire. Wir drei betreten das Zimmer und stehen auf einer Art Podest - ich vorne, Joshua und Angelika zwei Schritte hinter mir. Die Vampire im Saal sehen mich stumm an. Keine Begeisterung wie die Moons sie mir gezeigt haben. Offensichtlich waren sie wirklich mit Josephine zufrieden. Tja, ich nicht.
"Sei gegrüßt, Darkclan. Ich weiß, ihr seid alle ziemlich unglücklich mit mir. Aber so ist es gekommen, dass ich nun eure Anführerin bin. Um euch zufriedenzustellen, lasse ich die gleichen Regeln, nach welchen ihr auch mit Josephine gelebt habt.", fange ich mit erhobener Stimme selbstbewusst an.
Angelika hatte mir geraten, zuerst besser nichts zu ändern, damit mich die Vampire akzeptieren. Ich hielt und halte es auch für klug.
"Wenn ihr mir irgendetwas zu sagen habt, ich höre. Aber nicht alle auf einmal.", fahre ich fort.
Es bleibt noch immer still im Raum. Zögerlich blicke ich nach hinten, zuerst Joshua und dann Angelika an. Beide zucken leicht mit den Schultern.
Abwarten., sagt Joshua in meinem Kopf.
Mit Vampiren muss man vorsichtig und geduldig sein., fügt Angelika hinzu.
Ich sehe wieder nach vorne. Alle schweigen noch immer.
"Ich weiß, dass ihr etwas zu sagen habt. Für eure Meinung werdet ihr nicht bestraft. Heute zumindest."
Das Letzte muss ich einfach sagen. Sonst werden sie nicht glauben, dass ich stark und ernst genug bin.
"Du kannst nicht unsere und gleichzeitig ihre Anführerin sein.", ruft jemand aus der Menge.
Die Stimme klingt jung und gehört auf jeden Fall einem Mann.
Jaa, sie leben!
"Ich bin einer anderer Meinung.", widerspreche ich, obwohl ich ehrlich gesagt seiner Meinung bin.
Oder besser gesagt kann ich überhaupt keine Anführerin sein.
"Wie willst du es hinkriegen? Du gehörst doch wirklich den Moons an.", meldet sich eine Frau.
"Ich kann beide Clans regieren.", entgegne ich hochnäsig. "Ich habe sowohl das Recht, als auch die Macht dazu. Ich lasse euch eure Regeln und verbiete euch nicht, Menschenblut zu trinken. Habt ihr früher nicht auch so gelebt?"
Angelika hat mir von der Lebensweise ihres Clans berichtet. Sie will mir ja wirklich helfen.
"Jetzt will ich zum eigentlichen Grund dieser Versammlung kommen. Ich will euch mit den Moons versammeln. Ich verlange das sogar. Wie steht ihr dazu?"

Zu Hause bei den Vampiren 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt