Zu Hause bei den Vampiren 2

Kapitel 24

Seitlich läuft Miguel auf mich zu, mit dem Ellbogen voran. Er ist extra nicht auf die Vampirgeschwindigkeit übergegangen, da ich sonst sofort gegen ihn verloren hätte. Wie es nämlich bei den letzten drei Malen war...
Ich springe zur Seite und versuche, das Gleiche zu tun. Doch auch bei mir klappt das nicht. Zu früh gefreut. Miguel stellt mir ein Bein, ich stolpere und falle beinahe hin. Aber nur beinah. Als ich Halt finde, spüre ich ein Stechen im Rücken. Ich lasse meine Krallen ausfahren und wirble herum. Nun hab ich Miguels Krallen an meinem Bauch und er meine an seinem. Wir beide grinsen. Gleichstand also.
"Das wird ja höchst interessant.", meint er.
"Das kannst du laut sagen.", stimme ich seinen Worten zu.
"Bleibt so!", ruft Joshua.
Er kommt zu uns und sieht sich die Situation genauer an. Für ihn scheint es jedoch nicht so amüsant zu sein wie für uns. Er geht die Sache eher ernst an. Schade.
"Was tust du jetzt?", fragt er mich.
"Entweder einstechen oder in seinen Geist eindringen und das tun, was ich vorhin getan hab."
Vorhin... Vor diesen drei misslungenen Versuchen zu gewinnen.
"Miguel?", wendet sich der Junge an meinen Gegenüber.
"Mit meiner anderen Hand schnell den Kopf abhacken.", antwortet dieser.
Oha.
"So hat Lilith die Chance, dich umzubringen.", wirft der Junge ein.
"Nicht, wenn ich schnell genug bin. In diesem Fall würde ich es sein. Und wenn ich sie wirklich töten wollen würde, dann hätte ich sie schon umgebracht, als sie mit dem Rücken zu mir stand. Ich wollte Lilith aber unbedingt eine Chance geben."
Das klingt durchaus beleidigend.
"Das ist ja nett von dir, mein Liebster.", entgegne ich.
Mein Liebster... Hahaha, so hab ich ihn noch nie genannt.
Auch die beiden Vampire lachen kurz.
"Gut, die Runde geht an Miguel.", beschließt Joshua.
Oh Mann... Das hat doch so gut angefangen! Obwohl... Nein, hat es nicht.
Wir nehmen die Krallen weg und lassen sie zurückfahren.
"Warum kann ich ihn nicht erstechen?", interessiere ich mich klagend.
"Weil er so nicht sterben wird. Diese Verletzungen werden heilen.", erklärt Joshua.
"Dann wäre es wahrscheinlich sinnvoller, mich auf die Jagd mitzunehmen. Aber jetzt ist's ohnehin zu spät.", beschwere ich mich.
"Da muss man dir Recht geben.", nickt Miguel.
"Müssen wir jetzt wieder kämpfen?", wende ich mich an Joshua.
"Ja. Doch diesmal kämpfst du gegen mich.", lächelt er schwach.
"Genau. Immer die Levels erhöhen.", erwidere ich.
"Ehm, Lilith, jetzt musst du zumindest nervös werden.", entgegnet Miguel.
"Dafür wird sie mehr als genug Zeit haben.", winkt Joshua ab.
Okay, jetzt werde ich wirklich nervös. Ich erinnere mich noch gut daran, wie der Junge mich umbringen wollte. Gegen ihn hab ich bestimmt keine Chancen, zu gewinnen. OMG, wenn ich schon gegen Miguel verliere...
"Oh, da geht es sogar schon los.", fügt er überrascht lächelnd hinzu.
"Du kämpfst auf einer anderen Ebene, stimmt?", vergewissere ich mich.
Joshua nickt stumm. Ach du... Na gut, Lilith, komm, du schaffst das. Du bist stärker geworden und hast sogar selbstständig einen vollständigen Schutz errichtet. Ich schaff das. Ich schaff das. Ich schaff das nicht...!
"Lilith,", legt Miguel mir seine Hand plötzlich auf die Schulter und bringt mich so aus meinen Gedanken. "du bist stärker, als du denkst. Glaub an dich."
Lächelnd nicke ich. Er hat Recht, ich muss an mich glauben.
Joshua setzt sich im Schneidersitz auf den Boden - wie immer doch.
"Nimm Platz.", deutet er mit der Hand auf die Stelle vor ihm.
Ich setze mich ebenfalls im Schneidersitz hin. Miguel tut es uns gleich und so bilden wir ein Dreieck. Nur, dass ich und Joshua gegenüber voneinander sitzen und uns gegenseitig angucken.
"Hm.", macht der Vampirjunge auf einmal.
"Was ist?", wundere ich mich.
"Ich habe vergessen, dass du einen vollständigen Schutz hast."
"Und was bedeutet das für die Aufgabe?"
"Es heißt, ich muss jetzt anders vorgehen. Aber mache dir keine Sorgen, anstrengend wird es trotzdem sein. Sogar für uns beide..."
Das klingt aber wirklich toll.
"Das ermuntert mich jetzt aber!"
"Bist du bereit?", geht Joshua nicht auf meine Bemerkung ein.
"Ja.", antworte ich kurz.
Ich spüre etwas, was vom Gefühl her an einen Schlag auf den Kopf erinnert, und verziehe das Gesicht.
"Nein, du bist eindeutig nicht bereit.", widerspricht Joshua.