Angelika, mit ihren sehr kurzen blonden Haaren und diesmal in einem schwarzen Kleid, wartet vor dem Tor auf mich. Na ja, jetzt hat sie, statt einem, drei Zuhörer. Was sie nicht sehr erfreut, nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen.
"Gute Nacht.", begrüße ich sie.
"Ob man sie wirklich so bezeichnen kann, ist fraglich.", entgegnet sie.
"Schlechte Neuigkeiten?", fragt Miguel nicht sonderlich überrascht.
"Für mich - ja, ihr seid schließlich mitgekommen."
Ich drücke die Lippen zusammen, um nicht zu lachen, Joshua lächelt, doch Miguel schaut das Mädchen verärgert an.
"Wir werden nicht gehen.", schüttelt der Junge den Kopf.
"Von mir aus.", zuckt Angelika die Schultern. "Lilith, Josephine fragt dich um einen Treff. Außerdem will sie das Problem mit dem Krieg klären. Wir glauben immer noch daran, dass du Alexandra davon abhalten kannst."
"Wie denn bitte? Sie ist stärker als ich."
Angelikas Blick wandert zu Joshua und sie legt den Kopf schief. Nun sehe ich Joshua fragend an.
"Sie ist nicht stärker. Du bist es. Vor allem, nachdem du einen vollständigen Schutz errichtet hast.", berichtet der Vampirjunge.
"Oh, das ist ein Erfolg!", nickt Angelika mit schlecht versteckter Begeisterung.
"Dann kannst du Alexandra bestimmt von dem Krieg abhalten.", redet Miguel erfreut auf mich ein.
"Haaalt, stoppt mal die Sache. Angelika, ich will eure Anführerin nicht sehen.", erwidere ich.
Der Blick des Mädchens wird verständnislos, Miguels fragend und Joshuas erstaunt.
"Lilith,", fängt der Junge an, aber ich unterbreche ihn mit einer Handbewegung.
"Aber! Ich werde darauf eingehen. Für unser aller Bestes.", seufze ich.
Daraufhin sehen mich alle drei anerkennend an.
"Bist du bereit, jetzt mitzukommen?", fragt Angelika.
"Als ob ich eine andere Wahl hätte..."
"Lilith, deine Taktik lässt dich wirklich respektieren.", lächelt das Mädchen.
Ach ja? Ich würde das von mir nicht sagen.
Außerdem... hey, sie lächelt!
"Joshua, Miguel, ihr bleib hier.", bestimmt sie.
"Ja klar. Wir werden geköpft, wenn wir Lilith mit dir allein gehen lassen.", schnaubt Miguel.
Wahrscheinlich sagt er das nur, weil er mit mir gehen will. Aber süß von ihm.
"Dann kommt nur Joshua mit. Ich vertraue ihm mehr."
Ehe Miguel etwas entgegnen kann, berühre ich ihn am Arm.
"Bitte.", meine ich flehend.
Der Vampir seufzt.
"Viel Glück.", wünscht er uns und wir laufen los.
"Du darfst hier bleiben.", sagt Josephine zu Angelika, als diese nicht in das Häuschen eintretet.
Nun tut sie es doch. Wir gehen in das Wohnzimmer weiter und setzen uns dort auf die Sofas. Ich und Joshua auf das Eine, Josephine auf das Andere, Angelika bleibt daneben stehen. Die Anführerin ist meine Mutter... Mutter, die ich nie davor gesehen hab...
Es herrscht Schweigen im Raum, da sowohl ich als auch Joshua keine Fragen haben und Josephine nicht anzufangen weiß.
"Glaubst du mir?", fragt sie schließlich ohne Umschweife.
"Ich glaube meinem Gefühl. Ganz heftig, nachdem ich zum Vampir geworden bin.", antworte ich ernst.
"Und was sagt dein Gefühl?", vergewissert sie sich.
"Dass du meine Mutter bist."
"Na dann ist ja gut."
Ich merke, wie sie sich entspannt. Ich selbst kann mich aber nicht entspannen. Auch Joshua scheint etwas angespannt zu sein.
Also ich komme nicht damit klar, dass sie meine Mutter ist. Ja, mein Unterbewusstsein sagt es mir, doch ich bin daran gewöhnt, eher das Gegenteil anzunehmen.
"Ich habe Lilith erzählt, was du uns erzählt hast.", berichtet der Junge.
"Danke.", nickt ihm Josephine zu.
"Sag es mir aber nochmal selbst. Warum hast du mich und Vater verlassen? Wie kann man sein Kind verlassen?", melde ich mich wieder zu Wort.
"Du bist als Mensch zur Welt gekommen. Ein Mensch kann nicht zwischen Vampiren leben. Dein Vater schon gar nicht. Sie hätten dich getötet. Und ihn auch."
Schmerz funkt kurz in ihren Augen auf.
Warum zweifle ich so sehr an ihren Aussagen?
"Aber du hast doch irgendwie davor mit ihm gelebt!"
"Die Zeiten waren anders. Alexandra war da noch nicht die Anführerin."
"Das stimmt allerdings. Ohne sie war es einfacher.", pflichtet Joshua ihr bei.
"Ich kann es dir trotzdem nicht so einfach verzeihen.", sage ich traurig und leise.
"Das verlange ich auch nicht. Wie wurdest du behandelt?", wechselt die Anführer in das Thema.
"Ich habe bekommen, was ich brauchte. Joshua hat dafür gesorgt. Ich konnte meine Kräfte trainieren, ich wurde vor Gefahr beschutzt. Es ging und geht mir gut. Und ich will da bleiben."
Darauf lächelt Josephine zufrieden. "Danke Joshua, du bist ein guter Verbündeter."
Joshua lächelt ebenfalls.
"Würdest du Alexandras Platz übernehmen?", fragt mich die Vampirin urplötzlich und ich stocke.
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Zu Hause bei den Vampiren 2
VampierDie Geschichte von der Halbvampirin Lilith geht weiter. Neue Wahrheiten kommen heraus und neue Schwierigkeien erwarten sie.