"Buck?"
Steves Stimme hallte unangenehm laut durch die alte Lagerhalle.
Als ihm niemand antwortete schlich er in die Mitte der Halle, wo Bucky provisorisch Unterkunft gefunden hatte.
Als der Captain merkte, dass niemand dort war, musste er einen Fluch unterdrücken.
Seit der Verhandlung am Vormittag stand er permanent unter Stress, und in seinen Gedanken begann er sich die schrecklichsten Dinge auszumalen.
Plötzlich schlug am anderen Ende der Halle eine Tür lautstark zu.
Steve verstärkte den Griff um die Riemen seines Schildes und suchte Deckung hinter einem Regal, wo er gespannt lauschte.
Eilige Schritte, schon fast rennend, näherten sich seinem Standpunkt.
Nach einigen Augenblicken erkannte er durch die Regale hindurch, dass es Bucky war der auf ihn zu kam.
Ein wenig erleichtert verließ er seine Deckung und erwartete, dass sein bester Freund seine Schritte verlangsamte, doch dieser warf ihm nur einen kurzen Seitenblick zu und stürzte zu einer Kiste, in der ein paar Waffen gelagert waren.
"Was ist los?"
Knurrte Steve und sah sich um.
"Einsatzteam. Hierher unterwegs. Wurde in Falle gelockt. Planen nicht mich lebend zu fassen."
Gab Bucky knapp wieder, während er Sachen in seinen Rucksack warf und eine Pistole lud.
Etwas in der Bauchgegend des Captains zog sich zusammen.
Hier stand er, vor ihm, sein bester Freund Bucky Barnes, und doch...
Selbst wenn seine Erinnerungen laut eigenen Berichten zurückkamen, Spuren jahrzehntelanger Folterung verschwanden nicht einfach so.
"Gehen wir."
Murmelte der Captain.
Er hatte nicht vor länger als nötig in einer Lagerhalle zu bleiben, die gleich von einem Einsatzteam gestürmt werden würde.
Leise, und immer zum Angriff bereit, liefen sie zum Hinterausgang.
Plötzlich ertönte ein den beiden allzu bekanntes Geräusch.
"Raus hier!"
Brüllte Steve und stürzte zur Tür, auf den letzten Meter nicht mehr auf mögliche Gefahren achtend.
In dem Moment, als sie die Lagerhalle verlassen hatten, erfasste sie die Druckwelle der Granate und warf sie von den Füßen.
Keiner der beiden erlaubte sich lange liegen zu bleiben, so schnell es ihnen ihre Körper erlaubten brachten sie etwas Entfernung zwischen sich und die Lagerhalle.
Ein paar Straßen weiter knackten sie ein Auto und fuhren los, ohne richtig zu wissen wohin.
"Was wolltest du überhaupt in der Halle?"
Durchbrach Bucky nach einer Weile die Stille.
Steve blickte zu ihm und versuchte in seinen Zügen eine Gefühlsregung zu finden.
"Die Verhandlung heute ist nicht wirklich gut verlaufen."
"Was heißt nicht gut?"
Der Captain atmete tief durch.
"Wir sollen uns der UN unterordnen und jemanden ausliefern."
Der blick des ehemaligen Winter Soldiers wurde einen Moment lang verwirrt, dann fiel er auf Steves Ehering, auf den ein kleines Eichenblatt eingraviert war.
"Du hast geheiratet."
Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, doch meinte Steve einen Moment lang die Spur eines Lächelns auf seinen Lippen zu erkennen.
Es fühlte sich so fremd an neben ihm zu sitzen, so nah und doch so fern, als würden all die Jahre eine unsichtbare Wand zwischen ihnen bauen.
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich im Auto aus, und schien eine ganze Weile lang hartnäckig bleiben zu wollen.
Steve versuchte sich abzulenken indem er stur auf die Straße blickte.
"Also, was ist unser nächster Schritt?"
Bucky lehnte sich zurück und warf dem Captain einen erwartungsvollen Blick zu.
"Wir haben eine 48 Stündige Entscheidungsfrist, wenn wir bis dahin nicht unterschrieben haben wird die Jagd auf uns eröffnet, und auf dich wahrscheinlich auch sobald die rausfinden dass du..."
Er hielt inne.
"Zurück bist."
Sein braunes Haar fiel ihm ins Gesicht, als Bucky leicht nickte.
"Was machen wir also als nächstes?"
Steve war froh über seine Gefasstheit.
Er hatte sich noch nicht einmal getraut sich diese Frage selbst zu stellen.
"Wir müssen rausfinden wer noch so denkt wie wir, und wer dich tot sehen will."
Antwortete er nach kurzem nachdenken.
"Alleine haben wir nie und nimmer eine Chance gegen die Forderungen standzuhalten, aber wir sind wahrscheinlich nicht alleine. Sam, Natasha..."
Er dachte an die Folgen, die das hier definitiv haben würde.
Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen.
In einer Kurzschlussreaktion wendete er das Auto mitten auf der Autobahn und fuhr in die andere Richtung.
"Ich muss noch wohin bevor das hier richtig losgeht."
Bucky klammerte sich erschrocken an den Türgriff und schien etwas sagen zu wollen, doch seine Haltung veränderte sich und er sah stumm aus dem Fenster.
Wieso auch immer, er hatte beschlossen Steve zu vertrauen.Eine ganze Weile später, als die Sonne schon kurz davor war unterzugehen, hielt der gestohlene Wagen mitten im grünen auf einem Schotterweg.
Ohne einen Kommentar stieg Steve aus und machte sich daran, dem Weg aufwärts zu folgen.
In diesem Moment war ihm egal ob Bucky sich entschied auszusteigen oder nicht, er hatte sein Ziel vor Augen.
Schon nach wenigen Schritten war er auf der Spitze des Hügels angekommen, und vor ihm erhob sich Clints kleines Farmhaus in den Himmel.
Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er Rebecca sah.Misstrauisch folgte Bucky Steve aus dem Auto und beobachtete wie er zielstrebig auf eine Frau zulief, die im Schneidersitz auf der Wiese vor der Veranda des Holzhauses saß.
Sie hatte die Augen geschlossen, und im Näherkommen erkannte er mit Schrecken, dass aus ihren Unterarmen, die sie locker auf ihren Knien abgelegt hatte, kleine Pflanzen wuchsen.
Als Steve direkt vor ihr stand, schlug sie die Augen auf und lächelte schief.
"Vermisst du mich schon?"
Er half ihr hoch und zog sie an sich.
Dabei war der kleine Babybauch kaum zu übersehen.
Bucky fühlte sich fehl am Platz, als wäre er unwillkommen, und versuchte unauffällig wieder in Richtung des Autos zu verschwinden.
"Hi Bucky."
Die Schwarzhaarige Frau löste sich von Steve und blickte Bucky direkt an, wobei ihre unnatürlich grünen Augen ihn zu durchbohren schienen.
Er fragte sich, woher sie wusste wer er war, doch trotzdem nickte er vorsichtig zur Begrüßung.
"Ich bin Rebecca."
Wieder nickte er nur.
Er war es nicht gewohnt, angesprochen zu werden, und noch weniger, dass man von ihm erwartete zu antworten.
Bei Hydra hatte es nur Befehle gegeben, wenn er sich geweigert hatte Folter.
Erst nach einigen Augenblicken bemerkte Bucky, dass Rebecca ihm ihre Hand hinhielt.
Er nahm sie und beobachtete, wie sich das hübsche Gesicht der zierlichen Frau kurz bei der Berührung verzog und ihre Augen sich weiteten.
Sie ließ seine Hand los und versuchte, ihre Reaktion auf die Erinnerungen und Gefühle zu verbergen, die sie über die Berührung gespürt hatte.
Um sich etwas selbstsicherer zu fühlen verschränkte sie die Arme vor der Brust, soweit das noch möglich war.
"Was macht ihr hier?"
Rebecca musterte Steve, dessen Herzschlag unnormal schnell in ihren Ohren tönte.
Jedoch lächelte dieser.
"Wir haben es geschafft, die Klagen zu verhandeln. In den nächsten Tagen werden wir ein paar Missionen haben, und ich werde es wahrscheinlich eine Weile lang nicht schaffen zurückzukommen."
Sie kniff die Augen misstrauisch zusammen.
"Die Anklagen wurden einfach so fallengelassen?"
Der Captain nickte.
"Es gab zu viele die dagegen waren."
Sie atmete durch und schloss kurz die Augen.
Ein ungutes Gefühl begann sich in ihrer Magengrube breitzumachen, doch sie versuchte es zu ignorieren.
Bis jetzt hatte Steve sie noch nie angelogen.
Die Versuchung, über ihre Kontaktfähigkeit in seinen Absichten zu stöbern war groß, doch sie hatte sich einmal geschworen das nie bei Steve zu tun.
Also nickte sie nur.
"Pass auf dich auf, komm ganz zurück. Und du auch."
Sie wandte sich kurz an Bucky.
Steve trat näher an sie heran, legte seine eine Hand um ihre Wange und küsste sie zärtlich.
"Ihr könnt nicht noch länger bleiben?"
Er schüttelte sanft den Kopf und lächelte.
"Tut mir leid, frühes Briefing morgen. Pass du aber auch auf euch beide auf, in Ordnung?"
Er legte seine Hand kurz auf ihren Bauch.
Es fühlte sich an als würde sie zittern.
Sie küsste ihn noch einmal und warf Bucky einen Blick zu, der aussah als wollte sie 'wenn ihm etwas passiert ist das deine Schuld' sagen.
Ohne weitere Worte ließen die beiden die Farm wieder hinter sich und setzten sich in den Wagen.
"Danke... Dass du mich- gedeckt hast."
Murmelte Steve betreten, bevor er das gestohlene Auto startete.
Er bekam keine Antwort.

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Waking up
FanfictionUltron ist besiegt- doch zu was für einem Preis? Die Avengers kehren zu ihren normalen Leben zurück, alle bis auf Steve Rogers. Er kämpft mit dem Verlust, der mit ihrem Sieg verbunden war. Und trotzdem bahnt sich eine noch viel größere Bedrohung als...