Todesengel von Auschwitz 2/4

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„Wissen Sie," fing der Mann an, „dies ist kein „normales" Vernichtungslager. Jeden Tag wurden hier Hunderte Menschen vergast. Wahrscheinlich waren es über die Jahre hin Millionen von Insassen die hier ihr Leben verloren. Die Wärter waren unglaublich brutal und haben zusätzlich jeden Tag Menschen erschossen oder so lange gequält bis sie unter den Schmerzen der Tortur kraftlos zusammenbrachen und starben. Doch das meine ich nicht. Ich kam 1942 hier nach Auschwitz als die Nazis mein Dorf eroberten und alle jüdischen Bürger deportierten. Sie pferchten uns auf einem Platz in der Mitte unseres kleinen Ortes zusammen und fingen an uns zu zählen, manche prügelten uns, andere erschossen wahllos Leute auf dem Platz. Dann trieben uns die SS-Truppen in LKWs und Züge mit denen sie uns nach Auschwitz brachten. Nach stundenlangen Fahrten durch die Kälte, eingesperrt und zusammengedrängt in kleinen Güterwagons, erreichten wir unser Ziel. Hier wurden wir sortiert. Alte, Junge, Schwangere...alle die nicht arbeiten konnten wurden umgehend vergast. Ältere Kinder, junge Erwachsene und die Älteren wurden in die Barracken gesperrt. Wir mussten arbeiten oder sterben." Er hielt kurz inne und schmunzelte traurig und erschüttert: „Naja ersteres hatte letzteres oft zur Folge. Eigentlich würden wir alle hier früher oder später sterben. Zumindest dachten wir dies. Vor zwei Jahren im Mai kam dann dieser Mann. Es war ein kalter, düsterer Morgen, genauso eisig und finster wie der Blick dieses Mannes. Er redete mit den Wärtern und betrat dann ein Gebäude. In derselben Nacht wurden wir aus unseren Betten gescheucht und in Reihen draußen aufgestellt. Es regnete und wir hatten nur unsere Unterwäsche an, als der Mann hinter zwei Wachen hervortrat. Unheilvoll begann er zu sprechen: „Guten Abend meine Damen und Herren. Gestatten sie, dass ich mich vorstelle: Mein Name ist Joseph Mengele. Ich werde ab heute der Arzt dieses Konzentrationslagers sein. Einige von Ihnen werde ich wohl kaum näher kennen lernen, andere werden dieses Privileg bekommen." Er nickte einem bewaffneten Wärter zu und sofort fielen mehrere Schüsse und dann drei oder vier Gefangene aus der ersten Reihe. Natürlich erschraken wir, doch das willkürliche Töten dieser unmenschlichen...Kreaturen, war für uns leider schon zur Gewohnheit geworden. Es kam hier immer wieder mal vor, dass Gefangene hinterrücks, aus reinem Hass von den Wärtern erschossen wurden. Dann fuhr er fort: ‚So wie diese..."Individuen". "Wissen Sie, ich bin ein Mann der Wissenschaft, ein Mann der Medizin. Ich forsche sehr viel, nicht nur für den Dienst am Deutschen Reich, sondern auch aus eigenem Interesse. Sie werden feststellen, dass meine Forschungsmethoden nicht...", an dieser Stelle huschte ein bösartiges Lächeln über sein in den finsteren Schatten liegendes Gesicht, "den üblichen und normalen Forschungsmethoden entsprechen." Dann wurden wir wieder in unsere Baracken gescheucht und durften ein paar weitere Stunden schlafen. Doch viele waren besorgt oder besser gesagt besorgter. Wir wussten zwar, dass die Chancen hier lebend herauszukommen sehr gering waren, doch was dieser Dr. Mengele über seine Forschung gesagt hatte ließ uns das Blut in den Adern gefrieren. Einige Kinder wachten nachts immer wieder schreiend auf und behaupteten das fürchterliche Lächeln dieses Mannes in ihren Träumen gesehen zu haben. Er schien einen unglaublichen Einfluss auf die Menschen um sich und eine bedrückende Aura zu haben. Am nächsten Tag wurden wir dann, wie man uns ja bereits mitgeteilt hatte, in Gruppen abgeholt und in ein steriles Untersuchungszimmer gebracht, wo wir gemustert wurden. Bis zu dem Tage wussten wir gar nicht, dass so ein Raum überhaupt existierte. In Unterwäsche standen wir in der Schlange bis in das kalte Zimmer hinein. In dem Untersuchungsraum standen Tragen, Geräte, Schränke voll Medizin und anderes ärztliches Zubehör herum. Akribisch untersuchten sie jeden Winkel unserer Körper auf der Suche nach allen Details und Makeln. Es waren zwei jüngere Männer in weißen Arztkitteln die die Untersuchungen durchführten, während Mengele alles mit seinem Blick, der ebenso kalt und steril war, wie dieser Raum, überwachte. Einen nach dem anderen inspizierten sie. Als wären wir Tiere oder Ware. Danach mussten wir wieder schuften. Wir alle fragten uns was diese Untersuchungen wohl zu bedeuten hatten, es konnte ihnen wohl kaum um unser Wohl und um unsere Gesundheit gehen. Doch schon am selben Tag wurden einige von uns von den Wärtern in Gewahrsam genommen. Es waren so um die hundert Insassen: Männer, Frauen, Kinder, Alte. Natürlich setzte sich niemand zur Wehr oder half ihnen. Es wäre reiner Selbstmord gewesen. Am selben Tag kamen einige zur Abendstunde wieder. Es waren grade mal zehn oder zwanzig. Manche hatten Bandagen, andere Pflaster und wieder andere...waren komplett entstellt. Die anderen waren vermutlich immer noch in den Untersuchungsräumen oder sogar schon tot. Als wir in den Baracken waren, berichteten sie, was sie erlebt hatten. Es waren unaussprechliche Grausamkeiten gewesen, die man den Insassen angetan hatten. Sie berichteten, dass man ihnen giftige Flüssigkeiten in Adern oder Organe gespritzt hatte, andere mussten Säurebäder überstehen. Einige hatte man in große Wannen voller trockenem Eis baden lassen, um zu sehen, wie lange sie so eine Tortur aushalten können. Und mit all diesen Erzählungen wuchs unsere Angst vor den Experimenten und vor diesen abscheulichen Menschen. Von dem Tag an wurden täglich neue Menschen hier nach Auschwitz gebracht und täglich wurden Leute zu diesen Experimenten abgeholt. Täglich gab es mehr Leichen und Vergasungen und täglich wuchs die Furcht vor den Grausamkeiten. Jeden Tag hörten wir von grausameren Experimenten." Der Mann geriet immer mehr in Rage vor Abscheu und Trauer. „Sie führten Hitzetests durch und verbrannten die Leute bei lebendigem Leib. Vor allem mit Zwillingen machten sie viele Experimente, sie nannten das Zwillingsforschung: Sie fügten dem einen unvorstellbare Schmerzen ohne Betäubung zu, um zu sehen ob der andere auch etwas spürte. Sie operierten sie sogar bei Bewusstsein. Andere Insassen wurden ebenfalls bei Bewusstsein operiert, manchmal nähten sie sie sogar zusammen und verschmolzen ihre Körper. Sie folterten die Insassen wie Versuchstiere in ihren Experimenten." Dem Mann liefen ein paar Tränen über die Wange und tropften auf den Asphalt. Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter und sagte ruhig: „Es ist vorbei."

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