Habt ihr sie noch alle?!

216 18 0
                                    

„Habt ihr sie noch alle?! Nein, auf keinen Fall!", sprach sich Sam sofort gegen Balthazars Idee aus.

„Ich frage keinen von euch um Erlaubnis. Es ist meine Entscheidung, über die ich euch alle lediglich informiert habe", erwiderte Sophia kühl.

„Du willst dich von einem Dämon foltern lassen? Spinnst du jetzt völlig?!", war Dean mit Sam einer Meinung. „Dann auch noch von Crowley?!"

„Wieso glaubst du, dass Folter Sophias Gedächtnis auf die Sprünge helfen würde?", wollte Adam dann von Balthazar wissen.

„Crowley hat eine Methode gefunden, in das sogenannte Betriebssystem eines Engels einzudringen. Es wird schmerzhaft, aber sie wird es überleben. Ich werde sie natürlich nicht allein mit ihm lassen. Ich werde sofort einschreiten, wenn er zu weit geht", versprach Balthazar.

„Wir vertrauen dir nicht", meinte Sam dann zu ihm.

„Tja, das ist dann euer Problem, denn ich vertraue ihm, okay?", verschränkte Sophia die Arme vor der Brust.

„Bitte, Sophia, denk nochmal drüber nach, bevor du die Dinge überstürzt", bat Sam. „Du kannst das doch nicht wirklich wollen ..."

Sophia runzelte die Stirn. „Wieso sollte ich eher auf dich hören als auf meinen eigenen Bruder? Du bist bloß ein Mensch ..."

Balthazar legte eine Hand auf Sophias Schulter. „Komm schon, Schwester, lass uns gehen! Warum geben wir uns noch mit diesen haarlosen Affen ab? Diese niederen respektlosen Wesen haben gar nichts zu melden! Die sollten froh sein, dass wir so gnädig sind und sie nicht hier und jetzt dem Erdboden gleich machen!"

„Du verdammter Scheißkerl", erkannte Bobby als Erster, was hier vor sich ging. „Du willst sie manipulieren! Was hast du mit ihr vor?!"

Was redete Bobby da bloß für einen Unsinn? Oder war es vielleicht kein Unsinn? Hatte er vielleicht Recht?

Balthazar mochte zwar ihr Bruder sein, aber sie stand ihm nicht wirklich nahe. Das hatte er selbst zugegeben. Diese Leute hier hingegen, diese Menschen ... Sie haben sich in den letzten Tagen um Sophia gekümmert, als wär sie ein Teil dieser Familie. Sie haben sie stets als eine von ihnen behandelt.

Aber dann wiederum war sie keiner von ihnen. Sie war ein himmlisches Wesen, das dazu geschaffen wurde, dem Himmel, ihrem wahren Zuhause, als ein Engel des Herrn zu dienen.

Ein Engel eines abwesenden Herrn, der sich nicht für sie interessierte im Gegensatz zu diesen Leuten. Diese Leute schienen sich wirklich um sie zu sorgen, vor allem dieser große Kerl, dieser Sam Winchester.

„Sophia, bitte, auch wenn er dein Bruder ist, du musst uns hier einfach vertrauen", sah Sam ihr tief in die Augen. Sein Blick löste etwas in ihr aus, was sie nicht eindeutig benennen konnte. „Ich kann ... ähm, ich meine, wir ... wir können dich nicht nochmal verlieren, okay?"

„Wie rührend", lachte Balthazar abfällig. „Na los, Sophia, verschwinden wir von hier!"

„Halt mal kurz deine Klappe!", zischte sie zu ihm, während sie ihre Augen nicht von Sams losreißen konnte.

„Wie bitte?!", entfuhr es Balthazar entrüstet.

„Du hast mich schon richtig verstanden, Brüderchen!", schnellte ihr Kopf schließlich doch in Balthazars Richtung. Sie fühlte, wie sich die Energie in ihr aufstaute und sich gegen ihn warf. Er wurde mehrere Meter nach hinten geschleudert durch die Tür hinaus. „W-War ich das?", fragte Sophia perplex nach, obwohl sie die Antwort bereits kannte.

„Ja, du scheinst Fortschritte zu machen", nickte Sam.

„Dann kann sie ja gleich mit der Tür weitermachen, die sie bei der ganzen Aktion zerschmettert hat", meinte Bobby darauf.

Sophia bewegte sich wie automatisch, als sie ihre Hand nach der Tür ausstreckte und sie innerhalb des Bruchteils einer Sekunde wieder an der richtigen Stelle zusammensetzte.

„Hat dir Balthazar das so schnell beigebracht?", erkundigte sich Ellen.

„Nein, keine Ahnung, i-ich wusste es einfach ... Als ich Balthazar nach draußen befördert hab, da ... keine Ahnung, ich glaub, das hat was freigesetzt oder so ..."

„Wie hast du das mit Balthazar überhaupt gemacht? War das einfach ein Impuls oder sowas?", hakte Sam nach, während Balthazar sich aufrappelte und wieder zurück ins Haus kam.

„Ich weiß es nicht", schüttelte sie den Kopf.

„Ich glaub, du hast vielleicht deinen Anker gefunden", meinte Balthazar auf einmal.

„Was meinst du?"

Balthazar rollte mit den Augen. „Weißt du noch, was ich dir erzählt habe, als du mich gefragt hast, was vorher dein Anker gewesen sein könnte?"

„Liebe?", verschwanden ihre Augenbrauen fast im Haaransatz. „Wie kommst du denn jetzt bitteschön auf Liebe? Was für eine Liebe soll mir denn die Kraft gegeben haben, dich aus dem Haus zu werfen?"

„Wollt ihr es ihr sagen oder überlasst ihr mir den Vortritt?", fragte Balthazar die anderen.

„Woher weißt du ...", setzte Sam an.

„Ach bitte", winkte Balthazar ab. „Sowas spricht sich im Nu rum!"

„Wäre einer mal so nett, mich aufzuklären?!", war Sophia keineswegs begeistert, als Einzige nicht Bescheid zu wissen, wovon auch immer sie da redeten. Alle anderen schienen zu wissen, worum es ging.

„Sam liebt dich!", plauderte Balthazar es schließlich aus, als wären sie Schulkinder.

Oh Gott! „Dein Ernst, Alter?!", fuhr Dean ihn an.

Sophia starrte zunächst Balthazar geschockt mit weit aufgerissenen Augen an, bevor sie sich langsam dem kalkbleich gewordenen Sam zuwandte. „Ist das wahr?", brachte sie nach einer gefühlten Ewigkeit hervor.

Sam nickte sprachlos.

„Wieso hast du nichts gesagt?", fragte sie stirnrunzelnd.

„Was hätte es denn geändert? Du erinnerst dich doch an nichts", entgegnete Sam.

„Ich versteh das nicht. Ich dachte, Engel und Menschen ..."

„Engel-Mensch-Beziehungen sind im Grunde genommen auch verboten", meldete sich Balthazar wieder zu Wort. „Aber hey, wenn Daddy schon nicht zu Hause ist, dann sollten wir das doch ausnutzen und tun, worauf auch immer wir Lust haben!"

„Du bist ein echt miserabler Engel, kann das sein? Sollten Engel nicht eigentlich gute Vorbilder sein?", stemmte Sophia die Hände in die Hüften. „Naja, ist ja jetzt auch egal ... okay, ich werde mir nicht von Crowley bei meinen Erinnerungen helfen lassen. Dafür möchte ich aber jetzt wirklich alles erfahren, was ich wissen sollte, verstanden?"

„Woher willst du wissen, dass sie dir dann auch wirklich alles sagen?", warf Balthazar ein. „Es wär viel sinnvoller, wenn du dir von Crowley helfen lässt."

„Warum bist du eigentlich so auf Crowley versessen? Seid ihr etwa Kumpels oder was?!", fragte Dean misstrauisch. „Ihr plant irgendein krummes Ding, gib's zu!"

„Du denkst, ich schmiede Pläne mit einem Dämon? Wofür hältst du mich?", schnaubte Balthazar beleidigt.

„Wollen wir uns mal anhören, was Cas denkt?", gab Dean zurück. „CAS!!!" Nichts geschah. „Hallo?! Castiel!!"

„Komisch, normalerweise kommt er sofort ... jedenfalls, wenn Dean ihn ruft", meinte Adam. „Ihm ist doch hoffentlich nichts passiert?"

„Verdammt, Cas", seufzte Dean.

LilienmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt