Kapitel XIV

107 13 1
                                    

„Hey, Witzfigur? Wurdest du jetzt doch von Kerzen ausgeknockt? Jetzt wach schon auf!" Ich höre, wie mich jemand ruft... Nach dem er mich wiedermal Witzfigur nennt, kann es nur Eric sein, aber ich bekomme meine Augen einfach nicht auf. „Ach Mist", jault er sarkastisch, „ beide schaffe ich leider nicht. Hmmm, dann muss ich ihn wohl leider hier liegen lassen." Ich springe auf: „Ich bin wach!"sofort wird mir wieder schwindlig und ich stolpere gegen die Säule, die meinen Sturz unsanft abfängt. Ich fasse mir an den Kopf. „Verdammt! Mir brummt echt der Schädel", knurre ich wütend. „Was ist eigentlich passiert?", fragt der etwas verwunderte Eric vor mir. Ich schaue ihn an. Er ist wieder in seiner menschlichen Gestalt und trägt den bewusstlosen Jack auf dem Rücken. Bin ich erleichtert. „Ich habe echt keine Ahnung... Ich erinnere mich noch daran, dass mich einer dieser Vollidioten mit einer Waffe bedroht hat, danach ist alles schwarz." „Meinst du diesen Typen hier?", fragt Eric, während er auf eine leblose Person am Boden deutet. Ich schaue ihn erstaunt an. „Was... Aber... Ich verstehe nicht... Lebt er noch?" „Ja", sein Blick sagt so viel wie 'als ob du halbe Portion jemandem gefährlich werden könntest?', „er ist nur bewusstlos, sonst fehlt ihm nichts." Da fällt mir ein... Ich renne zum Gerüst, um in den großen Raum zu schauen. Keiner der Kuttenträger steht mehr auf seinen Beinen, sie liegen alle bewegungslos am Boden. Aber wenigstens ist das befürchtete Massaker ausgeblieben.
„Ich hoffe, sie sind auch nur bewusstlos?"
„Ja, ich weiß, was ich tue! Und jetzt komm, ich will nicht mehr hier sein, wenn die Typen aufwachen!"
„Wie hast du das eigentlich gemacht?"
„Menschen sind sehr zerbrechliche Wesen, ein gezielter Schlag, und sie kippen aus den Latschen." Innerlich nicke ich mit dem Kopf, starre aber immer noch in den großen Raum hinab.
„Und was, wenn sie es wieder versuchen?", murmele ich gedankenverloren.
Eric lacht. „Ich bezweifle, dass sie sich je wieder mit dem Teufel einlassen werden!" Ich wage einen genaueren Blick nach unten. Auf dem Altar, auf dem Jack vorhin noch lag ist nun ein roter Drudenfuß und darunter steht: „Ich verweigere." Ich muss mir ein Grinsen verkneifen. Nachdem sie denken, dass sie wirklich etwas beschworen haben, muss diese Nachricht ziemlich verstörend sein. Ich drehe mich wieder zu Eric um "Hast du das alles so geplant?" Er guckt mich erstaunt an. „Was? Ich doch nicht! Und jetzt komm, ich will nicht hier sein, wenn diese Idioten aufwachen!" Eric läuft zur Treppe. "Warte?", er ist ein unglaublich schlechter Lügner, "Du hättest mir auch von Anfang an sagen können, was du planst! Dass hätte Kate sicher beruhigt."
Wir sind auf dem Rückweg zwar wegen der Zusätzlichen Nutzlast langsamer, aber es scheint keiner aufgewacht zu sein und uns zu verfolgen. Obwohl es recht unwahrscheinlich ist, dass sie uns folgen - schließlich denken sie, sie hätten einen echten Dämon beschworen (was in gewisser Weise ja auch stimmt) - drehe ich mich immer wieder um. Ich will einfach nur auf Nummer sicher gehen. Nachdem diese Typen sogar Waffen hatten. Da fällt mir ein, was ist eigentlich mit ihm passiert? Ist er wirklich einfach so umgekippt? Oder steckt doch mehr dahinter? „Hey, nicht nachdenken, sondern laufen!", brüllt mir Eric entgegen. Er ist schon viel weiter als ich. Naja, darüber nachzudenken bringt ja eh nichts. Wir sind beide sichtlich erleichtert, als wir endlich ins Auto steigen und diesen Wald hinter uns lassen können.
"Hey," murmelt Eric, während er unsicher seine Füsse inspizieren zu scheint, "Danke... Matti."
H-hat er gerade wirklich mit mir geredet? Schließlich hat er mal nicht 'Witzfigur' benutzt.
Ich bin perplex, mir fehlen wirklich die Worte. Mag Eric mich vielleicht doch?
"Jetzt steig schon ein, Witzfigur!" Tja, so viel zu 'mögen'.
Aber eine Sache interessiert mich dann doch noch: „Sag mal Eric, du hast auch eine besondere Fähigkeit, bist du dann auch ein höherer Dämon?"
„Du meinst ein Adliger? Ja, ich gehöre zur Yaruba-Dynastie", antwortet er, ohne dabei die Augen von der Straße zu nehmen.
„Yaruba, Yaruba", murmele ich gedankenverloren. Ich habe den Namen schon gehört, Carreau hat ihn mal erwähnt, als er mir sein neustes - nach dem Einband wohl eher ältestes, ich wundere mich bis heute, was die Seiten noch zusammengehalten hat - Buch über die Geschichte der Hölle gezeigt hat. Wenn ich mich recht entsinne, sind sie eine sehr mächtige und einflussreiche Familie.
„Aber, warum hast du dich dann für ein Leben auf der Erde entschieden? In der Hölle hätten dir bestimmt alle Türen offen gestanden!"
Er lächelt. „Willst du das wirklich wissen?" Es kommt mir wirklich unlogisch vor, dass jemand, der eine Zukunft in der Hölle hat, sich für ein Leben auf der Erde entscheidet. Ich nicke.
„Pass auf, das Leben als Adliger ist nicht so schön, wie es aussehen mag. Vor allem nicht für den ältesten Sohn, also für den Stammhalter. Jede Sekunde meines Lebens war verplant. Sogar, wen ich heiraten sollte, war schon kurz nach meiner Geburt bestimmt worden. Um ehrlich zu sein hatte ich auf dieses vorherbestimmte Leben keinen Bock. Sollten doch meine Brüder die Dynastie weiter führen?! Ich wollte einfach nur weg. Aber meine Familie ist sehr einflussreich, kein Ort der Hölle wäre sicher gewesen. Ich musste irgendwie auf die Erde kommen. Also habe ich angefangen, für das Königshaus zu arbeiten. Nur so hatte ich eine Chance. Als mir endlich eine Aufgabe auf der Erde zugeteilt wurde, habe ich keine Sekunde gezögert und bin durch dieses Portal. Als ich endlich hier war, wollte ich erst recht nie wieder zurück", er schaut verträumt in dem finsteren Nachthimmel' "also bin ich untergetaucht. Nach einer Weile kam ein Bote zu mir, der mich aus dem aktiven Dienst entließ. Der alte Azarel muss ganz schönen Ärger mit meinen Eltern bekommen haben, dafür, dass er mich nicht zurückgeholt hat, und dafür bin ich ihm bis heute unendlich dankbar." Unwillkürlich schaut Eric auf die Rückbank, wo Jack liegt und lächelt zufrieden. Es gibt also wirklich Dämonen, die das Leben auf der Erde dem in der Hölle vorziehen. Auch ich lächle müde.
Endlich am Haus angekommen schleppen wir den immer noch bewusstlosen Jack ins Wohnzimmer und legen ihn auf die Couch. Kate ist im Sessel sitzend eingeschlafen. „Hey mein Schatz, ich habe dir etwas mitgebracht!", flüstert ihr Eric ins Ohr. Sie öffnet müde die Augen, als sie ihren Sohn erblickt, springt sie auf und rennt zu ihm. „G-Geht es ihm gut?" Wir beide nicken. „Er-Er ist endlich wieder in Sicherheit. Meinem Sohn geht es gut." Während sie ihm einige Strähnen aus dem Gesicht wischt, fängt sie an, zu weinen. „Zum Glück... ist ihm nichts passiert!", schluchzt sie tränenüberströmt. „Mum, was machst du da? Was ist passiert?", fragt Jack schwach. Er ist endlich aufgewacht. „Mein Sohn!", brüllt die aufgelöste Mutter und umarmt ihren ahnungslosen Sohn. „Was ist den passiert?", fragt er erneut. „Das werde ich dir alles bei einer Tasse Kaffe erklären", sagt Eric, während er in die Küche geht. Wow, so sieht also wahre Elternliebe aus, interessant. Ich spüre, wie mir auch eine Träne übers Gesicht rollt. Noch bevor das jemand mitbekommt, renne ich in mein Zimmer. Wenig später, ich war schon im Halbschlaf, höre ich eine leises Klopfen an der Tür.
"Kann ich kurz reinkommen?", höre ich Kate's Stimme durch die Tür.
"Ja klar", sage ich, während ich mir die Augen reibe. Leise kommt sie rein.
"Danke Matti, für alles!"
Ich bin ziemlich überrascht. "Wofür denn? Eric hätte das auch ganz gut ohne mich geschafft!"
"Einfach, dass du da warst! Außerdem wüssten wir ohne dich immer noch nicht, wo unser geliebter Sohn ist!"
Noch bevor ich etwas sagen kann, nimmt sie mich in den Arm und drückt mich fest an sich. Verwirrt starre ich in die Dunkelheit des Zimmers: was passiert hier gerade?

Im Auftrag des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt