Kapitel XXV

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Langsam öffne ich meine Augen. Bin ich tot, und jetzt im Himmel? Leise lache ich und sofort werde ich mit einem stechenden Schmerz in meinem Bauch bestraft. Ich zucke zusammen, erst langsam lässt das Stechen nach. Ich sehe mich um. Für den Himmel ist das hier eine ziemliche Bruchbude. Es sieht aus, wie irgend so eine alte Holzhütte, in der eine Hexe leben könnte.
Ich liege auf einem alten Bett und neben mir flackert auf einem kleinen Tisch eine Kerze. Ich schaue an mir runter und bemerke einen Verband an der Stelle, an der mich Sera... selbst in meinen Gedanken stocke ich bei diesem Teil. Ich frage mich, wer mich gerettet hat. Wieder schaue ich mich um. Es ist recht dunkel hier und ich sehe nur eine Menge Staub. Egal, wo ich hier nun bin, hier kann ich echt nicht bleiben. Ich stütze mich mit meiner linken Hand auf und versuche, mich aufzurichten. Aber schon nach wenigen Zentimetern ist Schluss und ich ächze vor Schmerzen, bis ich wieder zurück sinke.
"Du solltest liegen bleiben, wenn dir dein Leben lieb ist!", höre ich eine Stimme aus dem Dunkeln meckern.
Ich schaue mich hektisch um, in der Hoffnung, den Ursprung der Stimme zu finden.
"Ich habe doch gesagt, nicht bewegen! Hörst du eigentlich jemals auf das, was man dir sagt?", die Stimme hört sich nun genervter an.
"Wer bist du? Hast du mich gerettet?", frage ich so laut es mein momentaner Zustand zu lässt.
"Nein, natürlich hat der Weihnachtsmann dich gerettet!", mit einem genervten Stöhnen tritt ein Mädchen aus dem Dunklen hervor. Sie ist vielleicht 15 oder 16 Jahre alt und bei dem schwachen Licht fällt mir nur noch ihr schwarzes Haar auf. Ich habe plötzlich das Gefühl, sie irgendwo schon einmal gesehen zu haben, aber ich komme einfach nicht drauf, woher.
"Also hast du mich gerettet? Ich glaube, ich schulde dir wohl meinen Dank."
"Deinen Dank kannst du stecken lassen. Hättest du gleich auf mich gehört, wäre dieser ganze Scheiß nicht passiert", meckert sie mich an.
Ich schaue sie nur verwundert an. Also lag ich mit diesem Gefühl, dass ich sie irgendwo her kenne, gar nicht so falsch.
"Du hast echt ein Gedächtnis, wie ein Sieb! Ich habe dich auf dem Schulball gewarnt, du sollst aufpassen, mit wem du deine Zeit verbringst. Aber nein, unser Marax hier weiß ja alles besser."
Ich schrecke auf: "Du warst-" wieder kehrt der stechende Schmerz zurück.
Das Mädchen verdreht genervt die Augen.
"So lernfähig, wie eine Stubenfliege, die immer wieder mit einem Grinsen gegen eine Fensterscheibe klatscht. Ich sagte liegen bleiben, verdammt noch mal!" Sie kommt zu mir an das Bett und drückt mich mit einer Hand zurück auf die Matratze. "Und jetzt bleib gefälligst liegen, oder deine Wunde öffnet sich wieder", sagt sie dieses Mal in einem weitaus sorgevollerem Ton. "Du bist ziemlich stark... für ein Mädchen", erwähne ich beiläufig. Sie schaut mich zu erst wütend an, doch dann verzieht sich ihr Gesicht zu einem breiten Grinsen, bei dem selbst der mutigste Löwe das Weite gesucht hätte. Sie stützt ihren Kopf auf den Ellenbogen auf und legt diesen, immer noch grinsend, auf meinen Verband. Ich stöhne kurz auf vor Schmerz. "Und das sagt der Vollidiot, der sich gerade von einem Engel hat verführen lassen." Das Grinsen wirkt jetzt nur noch überlegener. Sie hat echt Nerven, mich hier festzuhalten. Ich liege mitten im Nirgendwo in einer Hütte, und bin der Gnade eines sadistischen Mädchens ausgeliefert. Ich schlucke meinen Stolz runter und zische ein 'Es tut mir leid' in ihre Richtung. Sie steht wieder vom Bett auf und setzt sich auf einen Stuhl, der neben dem Bett steht.
"Also, wer bist du eigentlich, und warum hast du mich überhaupt gerettet?" Aus Nächstenliebe oder Mitgefühl kann es ja schon mal nicht sein, denke ich mir dazu, schließlich scheint es ihr wohl zu gefallen, wenn ich Schmerzen verspüre.
"Du hast echt keine Ahnung, wer ich bin?" Ich mustere sie noch einmal genau. Nicht besonders groß. Schulterlanges, schwarzes Haar, was am Ende leicht gelockt ist. Eine Statur, die andere, unsensiblere, Männer, die ihr nicht ausgeliefert sind, wohl mit 'Spaghetti' oder 'Waschbrett' betiteln würden. Erst jetzt fällt mein Blick auf ihre Augen - erst jetzt erkenne ich sie überhaupt. Sie sind blutrot. Da ich erst vor Kurzem von meiner fast-Freundin niedergestochen wurde, und danach von einer Wildfremden, die vermutlich Katzen mit Hundewelpen verprügelt, gerettet wurde, erschreckt mich gar nichts mehr. Vom Charakter her würde sie wohl eindeutig besser zu den Engeln passen. Aber vermutlich ist sie, wie ich, aus der Hölle und im Auftrag Maos hier. Vielleicht war es ihre Mission, mich zu retten? Aber das hätte er mir doch irgendwie mitgeteilt - wobei er sich seit Monaten nicht gemeldet hat, genauer gesagt, seit ich hier angekommen bin.
"Also bist du wohl auch ein Dämon?", frage ich unsicher, obwohl mir die Antwort eigentlich klar ist. Sie schaut mich verächtlich an: "Ach, wie bist du denn darauf gekommen, Sherlock?" Kann sie eigentlich auch Sätze bilden, in denen sie keinen beleidigt?
"Ein kleines bisschen Mitleid bitte, schließlich wurde ich gerade von einem Engel niedergestochen", sage ich mit gekränktem Stolz.
"Tse, warum seid ihr Männer nur so wehleidig? Schließlich bist du nicht einmal gestorben." Ich schaue sie mit einem 'Ist-das-dein-Ernst' Blick an. Bis jetzt hätte ich nicht gedacht, dass es Demonen gibt, die mir auf Anhieb unsympathisch sind - Tja, es gibt wohl immer ein erstes Mal. Hätte Mao nicht jemanden anderen schicken können, um auf mich aufzupassen? Carreau? Oder einen Hund? Mir wäre echt alles lieber gewesen, als sie. Er hätte mich auch einfach mal vorwarnen können.
Ich würde ihr ja gerne meine Meinung sagen, aber da ich ihr momentan hilflos ausgeliefert bin, und ich ihr so ziemlich alles zutraue, schlucke ich meine Wut runter und seufze einfach nur unzufrieden.
"Du bist wohl von Mao geschickt worden, um mir zu helfen? Warum hat er sich eigentlich nie gemeldet?" Sie schaut mich zu erst aufrichtig verwundert an und fängt dann, erst leise und dann immer lauter, an zu lachen.
"Dann werde ich dich mal aufklären, kleiner Dämon." Vor lauter Lachen verstehe ich sie kaum. Warte! Hat sie mich gerade 'kleiner Dämon' genannt?
"Ich bin Elizabeth, Maos Tochter." Ich starre sie mit offenem Mund an. Sie ist WER? . 

Im Auftrag des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt