Kapitel XV

121 11 5
                                    

„Im Unterricht wird nicht geschlafen!", höre ich die Stimme von vorn brüllen. Nicht mal in der Schule kann man mehr schlafen. Müde öffne ich die Augen und erkenne noch, wie Mrs. Martin irgendetwas wirft. Mit einem dumpfen Knall auf meinem Kopf merke ich, dass Kreide doch verdammt hart sein kann."Ich weiß nicht, was Sie in ihrer Freizeit machen, aber in der Schule wird nicht geschlafen, haben sie mich da verstanden?" Freizeit? Das war keine Freizeit, sondern viel mehr Arbeit, aber das kann ich ihr natürlich nicht so einfach sagen. Mir würde ja eh keiner glauben. „Ja Mrs. Martin", stottere ich müde. Wie hätte ich auch schlafen sollen, nach dem, was mit Jack passiert ist. Ich habe die Nacht kein Auge zugemacht. Wenigstens geht es ihm so weit gut. Sicherheitshalber hat ihn Erik erst mal von der Schule genommen, damit er sich erholen kann. „Hat er ein Glück", denke ich mir, während mein Kopf wieder auf die Tischplatte sinkt.

„Und nicht vergessen, in zwei Wochen findet unser Herbstball statt." Herbst-was? Ich bemerke nur das lang ersehnte Klingeln zur Pause.
„Geht ihr zum Herbstball?", fragt Lance aufgeregt.
„Nein! So was ist doch völlig unnötig." Nichts anderes habe ich vom immer kühlen Adrian erwartet. Wie immer lehnt er alles von vornherein ab.
„Was ist denn dieser Herbstball überhaupt?", frage ich verwirrt. Die beiden schauen mich an, als käme ich vom Mond.
„Wo kommst du denn her, dass du keinen Herbstball kennst?", fragt Lance mich, mit einem Lachen, was wohl auf dem ganzen Hof zu hören war.
„Pass auf, dass ist eine große Party, für die Schüler über 16. Es wird gefeiert, getanzt, sich unterhalten... und es ist perfekt, um sich an die Ladys ran zu machen", sagt er mit einem seltsamen Funkeln in den Augen.
„Sage ich ja, komplett überflüssig. Deswegen werde ich da auch nie hin gehen", murmelt Adrian.
„Ach, du hast nur keine Ahnung von Spaß! Und Matti, kommst du auch?" Was soll ich auf so einem Ball, tanzen kann ich eh nicht und worüber sollte ich mich mit fremden Leuten unterhalten?
„Ähm, also ich denke eher..."
„Matti", höre ich Sera hinter mir rufen. „Du musst unbedingt mit auf den Herbstball kommen! Ein Nein lasse ich nicht gelten, also was ist?" Sie schaut mich mit ihren großen, blauen Augen an.
„Also ich... Eigentlich wollte ich nicht wirklich..." stottere ich irgendwie zusammen. „
Ach komm schon, dass wird bestimmt total lustig."
„Aber..."
„Nun komm schon, dann können wir auch zusammen tanzen!" Ich seufze leise in mich hinein. Irgendwie kann ich das nicht ablehnen. So sehr ich auch 'Nein Danke' sagen möchte, so sehr sträubt sich mein Mund, es auszusprechen. Ich werde wohl weich?
„Na gut, ich denke, ich kann..."
„Na geht doch." Mit einem Grinsen umarmt sie mich noch und verschwindet dann wieder. Ich bleibe mit leicht geöffnetem Mund zurück. Was ist hier gerade eigentlich passiert?
Hinter mir höre ich ein applaudierendes Pfeifen. „Es sieht ganz danach aus, als hätte da jemand ein Date?"
„Was? Ich, ein D-Date?" stottere ich nur. Ich bin mir selbst nicht ganz sicher, was das gerade war, aber ein Date? Mit Sera?
„Du wirst rot", bemerkt Adrian kühl. Ich drehe mich um. Lance grinst mich schief an: „Ich nehme an, da sind Glückwünsche angebracht?" Mit einem lauten Lachen beendet er den Satz.
„D-Das ist nicht lustig", stammele ich wütend, „und erst recht kein Date!"
„Du kannst es nennen, wie du willst, aber ein Date ist ein Date. Und du hast eins!"
„Lass ihn nur reden", meldet sich Adrian zu Wort, „wenn Lance sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann man ihn nicht mehr vom Gegenteil überzeugen. Er ist schlimmer, als ein sturer Esel."
„Na warte!", ruft Lance, während er versucht, Adrian zu erwischen. Man traut es diesem kleinen, in schwarz gekleideten Jungen zwar nicht zu, aber er hat es faustdick hinter den Ohren. Ich starre in den blauen Himmel. Ein Date, mit Sera, hmm? Ich lächle zufrieden.

„Ach ja, dieser dämliche Herbstball", sagt Jack verächtlich, „und du bist dir sicher, dass du da hin willst?" Er hat es sich auf der Couch gemütlich gemacht und genießt seine Auszeit von der Schule. „Eigentlich ja nicht, aber... Sera hat mich gefragt und..." Unsicher schaue ich zu Boden. Ich hoffe, ich werde nicht wieder sofort rot.
„Sera also, was?", er grinst mich schief an.
„Naja, ähm...", ich starre immer noch zu Boden. Er fängt an zu lachen.
„Da wird jemand rot!" erschreckt schaue ich ihn an.
„Keine Panik, du musst nichts weiter sagen." Er zwinkert mir zu. Warum machen alle eigentlich so ein Drama darum, dass ich mit Sera zu diesem Herbstball gehe?
„Aber sag mal, kannst du überhaupt tanzen?"
„Nun ja, nicht wirklich. Vielleicht noch die Grundlagen, aber mehr nicht." Zwar hatte ich am königlichen Hof Tanzunterricht, aber an mir ist noch jeder Lehrer gescheitert. Die Meisten sind mit schmerzenden Füßen wieder gegangen.
„Dann werde ich es dir wohl beibringen müssen", sagt er mit einem leichten Kopfschütteln.
„Warte, DU kannst tanzen?" verächtlich dreht er mit den Augen, „Ja, meine Eltern haben mich dazu gezwungen"
„Es wird nur der einfache Walzer getanzt, der ist nicht schwer. Den solltest du auch hinbekommen."
Er greift nach meiner Hand. Ich starre ihn verwundert an.
„Tanzen kann man nur schlecht alleine lernen, also hab dich nicht so!" Na toll, ich hoffe nur, dass bekommt keiner mit. „Also, am Anfang solltest du den Takt noch mitzählen."

Nach etwa zwei Stunden lässt sich Jack zurück auf die Couch fallen und reibt sich die schmerzenden Füße. „Okay, zumindest machst du dich jetzt nicht mehr zum Vollidioten. Aber wenn es irgendwie möglich ist, TANZE NICHT!" Er schaut mich ernst an. „Ich sagte doch, dass ich nicht tanzen kann", murmele ich. Wozu muss man überhaupt tanzen können, dass nützt einem doch überhaupt nichts, welcher Vollidiot hat sich den Mist überhaupt einfallen lassen? Er seufzt leise: „Sera tut mir jetzt schon leid." Er steht auf. „Ich gehe mir jetzt erst mal Eis holen." „Oh, bekomme ich auch welches?", frage ich ihn erwartungsvoll. Ich liebe Eis, leider haben wir in der Hölle so was nicht. Es ist einfach zu warm. Jack bleibt stehen und schaut mich wütend an: „Nicht zum Essen, sondern für meine Füße!"

Im Auftrag des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt