5. Der Anfall

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Verlegen wurde ich jedenfalls nicht, denn ich wusste, in welcher Beziehung wir zueinander standen. Wir waren nur Chef und rechte Hand. Mehr nicht! Worum ich aber auch froh war!

Kyle strich mir über die Haare. Ich merkte beinahe nicht, wie er die Schleife meiner Augenbinde löste. Erst als ich wieder mit beiden Augen sehen konnte, wusste ich, was er getan hatte. Ich wollte nicht, dass man mich so sah. So hilflos!

,,Du bist nicht hilflos, Florian!", sagte Kyle aufeinmal und lächelte mich warm an. Mein Herz wurde von dieser Wärme angesteckt. Sein Lächeln war unbeschreiblich und so bezaubernd wie die Sonne. Kyle war wie ein großer Bruder für mich. Den Bruder, den ich nie hatte. Immerhin war ich ein Einzelkind.

Plötzlich ertönte ein Schrei hinter uns. Ich sah sofort in die Richtung; aus der er gekommen war. Amika stand dort und betrachtete uns mit roten Wangen und offenem Mund. In ihren Händen befand sich eine Schüssel mit kaltem Wasser und einem Lappen darin. Zu meiner Verwunderung zitterte sie, doch sogleich fiel mir mein Auge wieder ein.

Ich senkte den Kopf, traute mich nicht in ihr Gesicht zu blicken. Die Demütigung würde bald kommen. Auch, wenn sie dieses Auge auch schon aus Entfernung gesehen hatte, war es mir unangenehm; dass sie es nun von nahem betrachtete.

Ich war fest davon überzeugt, dass sie wie alle anderen reagieren würde. Tränen näherten sich mir. Doch bevor ich endgültig verkümmerte, stellte sich Kyle vor mich und meinte:,, Kümmere dich nicht darum!" ,,Sie kann dir nicht weh tun. Du bist stärker als du denkst!", fügte er hinzu. Seine Worte ließen meine Tränen versiegeln. Seine Worte machten mich stark. Stärkten mein Selbstvertrauen! Sprachen mir Mut zu! ,,Was...war das?", fragte Amika stotternd und kam langsam näher.

Doch Kyle ließ sie nicht zu mir durch, sondern nahm ihr die Schüssel ab und schickte sie aus dem Raum. Ohne sie anzusehen, wusste ich, welchen Ausdruck sie in dem Moment machte.

Enttäuscht und verwirrt! Nach der Wahrheit strebend. Dennoch machte sie keine Anstalten uns mit Fragen zu durchlöchern. Dies liebte ich so an ihr!
Sie verstand die Situation und reagierte dementsprechend! Feinfühlig das würde sie am besten beschreiben.

Nachdem sie uns alleine gelassen hatte, wandte Kyle sich wieder mir zu. Er betrachtete mein Auge und meinte:,, Du musst in der Zukunft besser aufpassen. Lerne deine Gefühle besser zu kontrollieren! Ansonsten werden sich bald alle gegen dich richten. Ich werde dies nicht zu lassen, immerhin habe ich es deinen Eltern geschworen!

Niemand wird doch mehr leiden lassen, dafür Sorge ich!" Er seufzte bei seinen Worten und sah mich das erste mal mit lauter Gefühlen im Blick hat. Wie ein Vater schien er manchmal zu sein! Besorgt um mich! Wie ich es auch betrachtete, Kyle nahm für mich sowohl die Vater als auch die Bruderrolle ein.

Ohne ihn, würde ich völlig einsam sein!
Und immer die Kontrolle verlieren! Die Kontrolle über mein verfluchtes Auge!

Doch gerade als ich mich an das Geschehen erinnerte, wurde mir wieder schwindelig. Kyle sagte:,, Übernimm dich nicht! Du musst dich jetzt erst mal schonen! Lass die Vergangenheit, Vergangenheit sein und widme dich der Zukunft!"

Ich nickte, denn mein Chef hatte recht. Acht Jahre ist es her! Acht Jahre habe ich ausgehalten, also könnte es auch noch länger gehen. Ein paar Jahre hinzu schadet jedenfalls keineswegs!

Ich schloss meine Augen und entspannte mich etwas. Ausruhen, war gerade das beste, was ich tun konnte.

Während ich im Reich der Träume versank; merkte ich nur noch schwummrig, wie Kyle mir die Stirn mit dem kalten Lappen abtupfte. Mein Auge leuchtete nur noch schwach und die Schmerzen vergingen auch zunehmend. Ein Gefühl der Geborgenheit überkam mich und ließ mich vollends entspannen. Ich konnte noch Kyles Nähe und Wärme spüren.

Die mir so vertraut war!

Im Traum erinnerte ich mich wieder an Kyles Worte, sodass ich beruhigt und glücklich schlafen konnte. Immer in dem Wissen, dass ich nicht alleine war und, dass man auf mich acht gab.

Mich beschützte!

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