12. Das Gefängnis

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Es sind jetzt schon mehrere Jahre vergangen, seitdem ich den ersten leibhaftigen Schatten entdeckt hatte.  Wie es sich herausgestellt hatte, war er keineswegs menschlich. Wenn ich jetzt so an unsere erste Begegnung zurückdachte, lief mir selbst jetzt noch ein Schauer über den Rücken.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie seine roten Augen mich an starrten. So als könnten sie direkt in die tiefen meiner Seele sehen.

Seine Fingernägel glichen Klauen und an seinem Hintern schwang ein schwarzer Schwanz.

Zuerst tat es mir leid, den Jungen ausliefern zu müssen und zwar nicht nur, weil es erstens sau schwer war ihn überhaupt einzufangen und zweitens er noch wie ein Kind aussah.
Doch als er mich nach kurzem schon versuchte anzugreifen, verstand ich es: Er war kein Mensch!

Er reagierte so wie wir es nur von Tieren her kannten. Strickt nach seinen Instinkten! Und damals hatte sein Instinkt bestimmt nichts gutes im Sinn gehabt.

Aus diesem Grund hatte ich mich zusammen gerissen und den außer Kontrolle geratenen Schatten eingefangen.

Seit seiner Entdeckung haben wir einen riesigen Fortschritt erlangt. Durch mehrere Experimente an ihm; konnten wir uns zahlreiches Wissen aneignen. Mit diesem gelang uns die Festnahme sämtlicher anderer Schatten, die eine Gefahr für die Gesellschaft darstellte.

Obwohl Schatten nicht mehr der richtige Ausdruck für sie waren. Wir nannten sie nun ,,Schattendämon", da sie vom Äußeren her einem Dämon glichen.

Für diese haben wir extra ein großes, abgelegenes Gefängnis errichten lassen. Abgeschnitten von der Außenwelt, tief im Mittelpunkt eines Sees. Insgesamt 150 Dämonen befanden sich dort in gewahrsam.
Eine beträchtliche Zahl, dessen Existenz vor der Menschheit verheimlicht wurde.

Nur die Wächter, also meine Wenigkeit und die hochgehobenen Leute wie Laras Familie, wussten, dass es solche Wesen überhaupt gab.

Meine Aufgabe war es diese zu bewachen wie viele andere es ebenfalls taten. Alleine ihre Existenz war eine unheimlich große Bedrohung. Durch Forschung kamen wir zur Erkenntnis, dass die Schattendämonen in drei Gruppen aufgeteilt werden konnten. Den Ältesten, die Mittlersten und die Jüngsten.

Da wir einen Mittleren als erstes gefangen hatten und an ihm experimentiert hatten, wurden schnell die Ältesten auf uns aufmerksam. Die wesentlich stärker, kluger und  gerissener waren.

Bisher haben wir nur einen festnehmen können, was aber eine echte Herausforderung war. Viele gute Männer sind deswegen auf unserer Seite draufgegangen.

Auch, da die Schatten ihre Freunde und Kameraden befreien wollten, sind viele unserer Seits gestorben.

Dies war zwar sehr traumatisch, doch  wir konnten vor unserer Pflicht die Menschheit zu beschützen; nicht fliehen.

Ich hatte die Verantwortung für den einzigen großen Dämon unter ihnen.
Es war ein Mann in meinem Alter. Wobei man eigentlich nicht von Mann reden kann, da er keineswegs wie ein Mensch aussah. Dennoch musste ich Tag und Nacht an seiner Zelle sitzen und ein Auge auf ihn haben. 

Doch je länger ich ihn betrachtete, gefesselt in Ketten an der Wand, desto mehr verzauberte mich seine schöne Gestalt. Er war schöner als jede Frau und jeder Mann den ich je gesehen hatte.  Manchmal glaubte ich, dass mich normale Dinge nicht wirklich interessierten, denn wenn  ich bei ihm bin, dann fühlte es sich zum ersten Mal einfach unglaublich an. In seiner Nähe wurden all meine Sinne vernebelt.

Wie jeden Tag begann ich meine Schicht in der Blüte des Morgens. Aus diesem Grund fiel es mir auch schwer; meine Augen offen  zu halten. Dennoch gab ich mich der Müdigkeit nicht hin, denn jede Sekunde, in der ich nicht hinsehen konnte, könnte der Zeitpunkt sein, in dem der Schattendämon flieht.

Ich fing deshalb ein Gespräch mit meinem Gefangenen an, um nicht
dem Schlaf zum Opfer zu fallen. Dabei war ich mir jedoch vollkommen bewusst, dass er mir nicht antworten würde. Immerhin hat er bisher noch nie geredet!

Doch, als er dann wie aus dem Nichts auf mein Gesprochenes einging, fiel mir fast die Kinnlage runter.

,,Konntest du etwa schon von Anfang an sprechen?", fragte ich und trat an die Gitterstäbe heran. Das Wesen begann auf meine Frage hin laut zu lachen. Es sah mir tief in die Augen und antwortete:,, Natürlich! Hast du echt gedacht, dass so jemand wie ich nicht reden könnte? Nur weil ich so aussehe, als wäre ich ein Tier?"

Seine Worte hallten in mir wieder und ich sah ein wie dumm ich mich doch verhalten hatte.
Wieso bin ich nie auf die Idee gekommen; dass er uns nur alles verspielte? Ich bin ja so ein Vollidiot!

,,Wieso sprichst du dann erst jetzt mit mir?", fragte ich und blickte in  seine wunderschönen und intensiven Augen. ,,Du hast mein Interesse geweckt! Das war alles!", erwiderte er und zuckte mit den Schulter; so als wäre es das Normalste auf der Welt.

Kritisch musterte ich ihn. Versuchte herauszufinden; ob er doch nicht noch einen anderen Hintergedanken hatte. Doch leider zeigte er mir keine Schwachstelle, mit der ich hätte arbeiten können.

Eine Weile betrachtete ich noch seine Gestalt. Angefangen mit den weißen Ohren auf dem Kopf, die eher aussahen wie die eines Hasens. Danach sein rabenschwarzes, langes Haar, welches immer wieder leicht aufschimmerte. Seine Augen die im Inneren gelb zu sein schienen und außen Dunkelgrün. Seine Haut weiß wie Schnee und sein Unterleib geziert von einem Schwanz am Hinterteil und mit zwei scharfen Klauen an den Füßen versehen. Hinzu kommen die schwarzen Flügel, die an seinem Rücken emporragten und ihn somit furchteinflössender machte.

Je länger ich seine Gestalt betrachtete; desto mehr verfiel ich ihr ohne es zu merken!



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