1 ~ Brechende Welle

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Seine Augen fanden meine.

Aber der Schoss auf dem ich saß, gehört nicht ihm.
Auch nicht die Küsse, die meinen Hals verkosteten.

Ich hatte meine Arme um Fred gelegt, aber mein Blick verweilte auf Erik. Er saß im Sand, nur wenige Meter entfernt. Aber ich spürte seine Nähe klar und deutlich.

Erik schaute mich an, sein Gesicht war starr und sein Blick unfassbar leer.

Fred legte eine Hand um meine Hüfte, seine Lippen nun an meinem Ohr. Ich spürte den körnigen Sand unter meinen Füßen und versuchte alle meine Sinne auf die winzigen Steinsplitter zu fixieren.

Ich schüttelte leicht den Kopf, doch Erik starrte weiter. Ich wollte ihm sagen, dass er sich das nicht ansehen sollte, dass er nicht mit mir leiden musste.
Er wusste, dass er machtlos war. Sein Leid schmerzte mehr als alles andere. Ich würde alles tun, um diesen Blick von seinem Gesicht zu nehmen.

Freds Küsse wanderten meine Wange entlang. Doch meine Augen waren nur auf Erik gerichtet. Schau weg, dachte ich, geh einfach!

Aber er schaute nicht weg. Er blieb bei mir während die Wellen zu seinen Füßen brachen.

Ich spürte Freds Lippen auf meinen.
Übelkeit stieg in mir auf und drehte meinen Kopf zur Seite.

"Was ist los, Babe?", fragte er und verstärkte den Griff um meine Hüfte.

"Ich glaube, die Sonne tut mir nicht gut", meinte ich und wollte mich von seinem Griff befreien, unauffällig gehen, jede freie Minute nutzen, um ihm zu entkommen.

Doch Fred lies mich nicht los. Seine Hände fühlten meinen Rücken entlang, zu tief, zu nah.

"Soll ich dir noch ein Glas Wein holen?", fragte er und löste meinen Zopf während er erneut Küsse auf meinem Hals verteilte.
Meine Haare fielen über meine Schultern und verdeckten endlich ein Teil meines Ausschnittes von dem Kleid, das Fred heute morgen für mich ausgesucht hatte.

"Fred, ich glaube, ich muss mich übergeben, bitte lass-", setzte ich an und spürte, wie die Magensäure meinen Hals empor stieg und ich hielt mir meine Hand vor den Mund. Es war nicht die Hitze, die die Übelkeit verursachte.

In diesem Moment riss ich mich los, stand auf und rannte zum Toilettenhäuschen am Ende des Strandes.

Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, übergab ich mich bis mein Magen und selbst dieser im Klo herunter gespült waren. Erschöpft lehnte ich mich an die Türe.

Tränen brannten in meinen Augen und bevor ich sie zurück drücken konnte, liefen sie meine Wange herunter. Vorsichtig stand ich auf und lief zum Waschbecken.

Ich spülte meinen Mund aus und ertappte mein Spiegelbild in dem kleinen dreckigen Spiegel vor mir.
Müde, kraftlos und schwach starrte mich mein Ich an. Ein Ich, das ich nicht mehr kannte.

Mein schmutziges Kleid und der Sand vom Strand klebten auf meiner schweißigen Haut. Aber das störte mich nicht.
Ich konnte immer noch jede Berührung von Fred spüren. Durch meinen Körper erbebte ein Schütteln, nur mit dem Gedanken daran.

Dann sah ich einen Schatten hinter mir. Ich riss die Augen auf und krallte mich am Waschbecken Rand fest. Mit dem bisschen Hoffnung, das ich noch hatte, betete ich, dass es nicht Fred war.

"Alles gut", hörte ich Erik sagen. Ich atmete erleichtert aus und schluchzte. Er lief auf mich zu und wischte die Tränen mit seiner Handfläche weg.

Dann drehte er den Wasserhahn auf und begann einzelne Strähnen meiner Haare zu säubern. Er nahm erneut Wasser und säubere mein Gesicht und jede Stelle, die von Abscheu, Hass und Ekel brannte.

Das plätschernde Wasser im Einklang mit den einberechnen Wellen beruhigte mich. Sein braunes Haar fiel ihm lose ins Gesicht.

Er zog mein Kleid über meinen Kopf und ich begann zu zittern, obwohl es mehr als dreißig Grad hatte. Er streichelte meinen Arm bevor er sein Shirt auszog und es mir überreichte. Es war warm von seiner Körperwärme und roch nach ihm.

Als mir sein Geruch in die Nase stieg, verschwamm mein Blick.
"Shh", murmelte er und strich eine nasse Haarsträhne hinter mein Ohr. "Alles gut." Erik nahm mein Gesicht in die Hände und durchdrang mich mit seinem fürsorglichen Blick.
Ich nickte schwach.

Warum konnte ich nicht ihn haben?

Er lächelte mich an und in seinen blauen Augen sah ich alles, was ich brauchte. Hoffnung, Wärme, Nähe. Ich trat an ihn heran und lehnte meinen Kopf an seinen Brustkorb. Er schloss mich in seine Arme.

Warum konnte er nicht mich haben?

-edited, 2017-
Kxx

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