34 ~ Letzte Hürde

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Vorsichtig küsste ich Erik auf die Stirn, strich durch sein Haar und stand letztendlich auf.

William war schon in die Koje gegangen. Sie war klein, das gerade ein angepasstes Gestell mit einer Matratze reinpasste, das die Form des Bugs annahm. Vor dem Bett konnte ich mich gerade einmal drehen.

"Es ist trotzdem groß für ein Boot, findest du nicht?"
Ich nickte und stand unsicher da. Es war klar, dass zwischen uns nichts war, aber dennoch war dieses wohlige Gefühl da, wenn ich an William dachte.
"Na, komm her, ich beiße nicht....und ich überfalle dich nicht nochmal mit einem Kuss." Ich lachte und schüttelte den Kopf. "Dazu gehören auch immer zwei, stimmt's?" Ich krabbelte auf das Bett und legte mich neben ihn.

"Sag mal, hättest du mich wirklich geheiratet?", fragte ich irgendwann. Plötzlich kam der ganze Tag auf mich zu, alle Szenen spielten sich noch einmal in meinem Kopf ab. Es war alles so schnell gegangen.

"Ja," sagte er nur.
"Aber warum? Deine ganze Zukunft..."
"Ach Elise," er lächelte mich an und drehte sich auf die Seite, dass er mich anschauen konnte, "wer würde dich nicht heiraten wollen? Außerdem glaube ich, wir wären ein gutes Team."
"Ein gutes Team?"
"Klar, um die Welt zu erobern und Leute, wie deine Mutter den Drachen vorzuwerfen." Er sagte das in einem so ernsten Ton, dass ich es ihm fast glaubte. Aber ich lachte nur.

Ich richtete mich auf. "William, ich muss aus diesem Kleid raus. Aber komm auf keine dummen Gedanken!", sagte ich und irgendwie an mich selbst. Ich liebte Erik, keine Frage, aber trotzdem kamen mir eben solche dummen Gedanken.
Er lachte auf. "Gott sei Dank, ich dachte schon, ich müsste in diesen schrecklichen Anzug schlafen!"
Also zogen wir uns aus und legten uns unter die Decke.

"Wollen wir Freunde sein?", fragte William plötzlich in das Dunkel der Nacht.
Ich drehte mich zu ihm. Eine Hand lag unter seinem Kopf, die andere spielte mit einer meiner Haarsträhnen. Seine Grünen Augen strahlten mich an. "Ja natürlich," sagte ich, verwundert über diese Frage.
"Glaubst du das geht? Eine Freundschaft zwischen Mann und Frau?"
"Das sind ganz schön tiefgründige Fragen für diese Uhrzeit, meinst du nicht?", lächelte ich ihn an. "Aber ich weis es nicht. Ich hatte noch nie Freunde," räumte ich ein und schaute zur Decke.

Er rückte näher zu mir und legte seinen Arm unter meinen Kopf. Ich lehnte mich an ihn. Es kribbelte, aber es war doch ein ganz anderes Gefühl, als wenn Erik hier liegen würde.
Denn dann würden die Sterne explodieren.

Kurz darauf schlummerte ich, der Tag hatte mich ganz schön mitgenommen.
"Schläfst du schon?", flüsterte William irgendwann. Er schien noch hell wach zu sein.
"Ja," antwortete ich und gähnte.
Er lachte leise und stützte sich auf. Müde sah ich ihn an. "Bist du nicht müde?", fragte ich und drehte mich zu ihm.
"Nein," schüttelte er den Kopf, "weist du, ich...ich weis, es ist verrückt, wie lange kennen wir uns? Eine Woche? Aber-" "-da ist dieses Gefühl," ergänzte ich im Halbschlaf. Als die Worte meine Ohren erreichten, war ich schlagartig wach.

"Du hast das auch?", fragte er überrascht. Ich rieb mir die Augen und setzte mich auf. Warum war ich nicht einfach still. Aber müde war genau so fatal wie betrunken sein. Die Wahrheit liegt einfach locker auf der Zunge.

"Ich weis auch nicht. Es ist komisch. Ich weis, dass ich Erik liebe." Nein, es gab keine Aber. Es war so. Punkt.

"Lass uns es ausprobieren," sagte er und richtete sich ebenfalls auf. Fragend sah ich ihn an. Es war kühler geworden, ich zog die Decke über meine Schultern. "Am Strand waren wir betrunken, wie viele Flaschen hatten wir, drei? Vier?"
"So viele?", sagte ich etwas laut. "Aha," meinte ich dann und begann zu Grinsen, obwohl mir der Gedanke schwer im Magen lag, "du willst das wiederholen?"

Das Schwert der Schuld hing an einem seidenen Faden über mir. Aber nach all dem, was mit Erik war, müsste ich es einfach wissen. "Okay."

Die Decke fiel von seinem Oberkörper. Ich atmete ein. Er sah einfach gut aus, das hieß nichts.
Nichtsdestotrotz begann mein Herz zu rasen.

William näherte sich, seine Grünen Augen zogen mich völlig in seinen Bann.
Wir waren so nah beieinander, dass wir die warme Luft des anderen atmeten. Er legte seine Hand sanft in meinen Nacken und streichelte meinen Hals. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände. Mit den Fingerspitzen ertastete ich sein weiches Haar.

Einer musste die Lücke schließen. Einer mussten den ersten Schritt machen.
Einer musste die Augen schließen.

Aber es geschah nichts.
Wir sahen uns stumm an.

"Aber ich habe das Gefühl," versuchte ich zu erklären, so leise wie es die Stille erlaubte, "es...es ist wie das Gefühl bevor du lachst, bevor die Welle bricht, bevor der erste Sonnen Strahl dich trifft." Er lehnte seine Stirn an meine und lächelte mich breit an.
"Das ist Freude," flüsterte er.

Ich lachte erleichtert auf. Die Anspannung fiel wie der Regen nach dem Donner.
Woher sollte ich das Gefühl kennen, als mit Erik? Ich liebte Erik, sodass dieses Gefühl gegenüber William alles hätte sein können.

Ich schlang meine Arme um ihn. "Bei dir auch?", fragte ich in seinen Nacken.
"Bei mir auch."

"Elise?"

Ich wich ein Stück zurück und sah einen verschlafenen Erik in der Tür stehen.

{ Hallo ihr Lieben! Vielen, vielen Dank für's Lesen, kommentieren und Sternchen geben! Ihr macht mich glücklich! :)
Liebe Grüße, Kelly :) }

ERIK Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt