4 ~ Eis zum Frühstück

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Ich schrie nicht.

Meine Kleidung lag auf dem Boden neben meinem Bett.
Aber er tat nichts. Es wäre eine Schade - für ihn und mich.
Dieses eine Mal war ich dankbar für eine Regel, die sich in dieser Gesellschaftsschicht durchgesetzt hatte: kein Geschlechtsverkehr vor der Ehe.

Ich ließ es über mich ergehen. Seine Berührungen, seine Küsse, seine Blicke.

Als er endlich weg war, rannte ich ins Klo und übergab mich.

Irgendwann klopfte es an der Tür. „Mademoiselle Benetau, das Frühstück ist angerichtet", hörte ich Anaïs sagen.
„Ich komme", brachte ich mühevoll hervor und drückte die Eis-Pads, die in ein Tuch mit Kräutern eingewickelt waren, auf meine Hämatome.

*

Ich betrat das Esszimmer geduscht, in einem meiner Kleider, das ich ausgesucht hatte und setzte mich meiner Mutter gegenüber.
Es war ein Sommerkleid in A-Linien Form, die Ärmel reichten bis zu den Ellenbogen und es leuchtete in einem wunderschönen sanften blau. Erik hatte es genäht und mir zu meinem Geburtstag geschenkt. Ich liebte dieses Kleid.

Ich schaute mich um, Vater war wohl schon weg. Einer musste arbeiten und das war sicher nicht meine Mutter.

„Hast du den Fummel immer noch? Elise, du solltest einkaufen gehen. Frag' doch Clemance, ob sie mit dir nach Cannes fahren möchte."

Nicht einmal ein „Guten Morgen" hatte meine Mutter für mich übrig. Clemance war die Tocher einer Freundin meiner Mutter. Sie war eine verwöhnte Göre, aber ganz nett. Trotzdem konnte ich nichts mit ihr anfangen.

Mir wurde Tee serviert.

Ich kannte diese Hand.
Vorsichtig sah ich auf und sah in eisig blaue Augen.

Überrascht öffnete ich leicht den Mund.
Erik stellte die Teekanne wieder ab und tat mir großzügig von dem klein geschnitten Obst auf. Noch nie hatte er serviert.
Ich fühlte mich unwohl, mich von ihm bedienen zu lassen.
Es war falsch.

Die Tür öffnete sich erneut und Fred betrat den Raum. Er warf Erik ein spöttisches Grinsen zu. Ich umgriff meine Gabel fester.

„Fred! Wie schön, dass du hier bist!", heuchelte meine Mutter und begrüßte ihn mit einem Küsschen rechts und links auf die Wange. Ich war kurz davor die Augen zu verdrehen.

"Hallo Liebling", begrüßte er mich mit einem Kuss. Ich lächelte und widmete mich meinem Obstsalat. Vielleicht sollte ich ab demnächst Smoothies zum Frühstück verlangen, das wäre nicht so eine mühsame Arbeit.

Fred schnipste mit dem Finger. "Kaffee und Toast", kommandierte er und erntete ein zustimmendes Lächeln von meiner Mutter.

"Ihr seid ja so süß!", sagte sie und beschwerte sich darauf bei Erik, dass heute nicht so viele Obstsorten wie sonst dabei sind. Erik stand mit gesenktem Kopf da und lies über sich schimpfen.
Ich stieß meine Tasse um.

"Oh."

"Ach Elise! Du bist ja auch zu nichts zu gebrauchen!", schnaubte meine Mutter und verdrehte die Augen. Erik lächelte mich dankbar an als er die Tasse wegräumte.

Als er wieder kam, servierte er Fred Kaffee und Toast.

"Madame Benetau, es wäre mir eine Ehre, wenn ich euere Tochter wieder zum Strand begleiten darf", meinte Fred, "gestern hatten wir so viel Spaß! Das Wetter war einfach wunderbar! Stimmt's Liebling?" Er warf Erik ein weites spöttisches Grinsen zu und sah dann mich an.
Warum kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen?
Ich antwortete nicht.

"Aber selbst verständlich! Ist das nicht aufmerksam von ihm, Elise?" Meine Mutter sah mich auffordernd an. Wieder lächelte ich und bedeutete, dass ich einen vollen Mund hatte. Nektarinen waren nun mal schwer zu kauen...

"Da ihr gerade beide da seid, kann ich euch mitteilen, dass am Samstag eine Party stattfindet! Familie und Freunde werden kommen! Es wird toll!", berichtete meine Mutter aufgeregt.
Erik hatte sich hinter Fred an den Servierwagen gestellt.
Wann würden wir endlich gehen?
In dem kurzen Augenblick, in dem sich unsere Blicke trafen, sah ich die gleiche Hoffnung.

Fred schien nicht sonderlich überrascht und nickte zustimmend.

"Schön, ich freue mich", kommentierte ich beinahe sarkastisch und aß weiter. Es fanden unzählige Partys statt, es wunderte mich eigentlich auch nicht.

"Bursche, das Toast schmeckt wie ein Putzlappen. Bring mir ein neues."

Und das war nicht die letzte Bemerkung, die Fred beim Frühstück von sich lies. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte ihn in tausend Stücke gerissen, aber ich tat es nicht.

*

Am frühen Mittag, zog ich das Kleid an, das Fred mir geschenkt hatte. In dem Fummel nehme ich dich nicht mit, hatte er gesagt.
Es war ein weißes Stück Stoff, das über den Schulter und an den Seiten zusammen genäht war, der Ausschnitt war wie immer großzügig und das Kleid sehr kurz.

Ich stieg zu Fred ins Auto.

Er lehnte zu mir herüber und küsste mich. Es war kein zarter Kuss. Er ergriff meine Arme und ich zuckte, als seine Fingerspitzen sich in meine Haut gruben.

"Was für einen fleißigen Laufburschen du hast. Wärmt er auch dein Bett, bevor du schlafen gehst?" Dann lachte er lauthals los.

Wut brodelte in mir, meine Zähne knirschten. Eisern starrte ich aus dem Fenster und rückte so weit es ging von ihm weg.

Während der Fahrt zum Strand ließ er seine Hand grob meinen nackten Oberschenkel auf und ab wandern.
Ich versuchte nur den Wind zu hören, der durch das offene Fenster wehte.

"Bald werde ich dein Bett und dich heiß machen und glaub mir, Babe, das passiert schneller als du denkst."

Aus irgendeinem Grund schwirrte die angekündigte Party in meinem Kopf, aber ich verdrängte den Gedanken.


-edited 2017-
Kxx

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