3 ~ Flüsternde Türen

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Der Bedienstetentrakt war im Westflügel, nicht weit von der Küche entfernt. Ich lief den dunklen Gang entlang und zog meinen Bademantel enger um mich.

2b.

Es war eine Kammer mit einem Bett, einem Schrank und einem kleinen Tisch. Ich fühlte mich schlecht, dass ich ein prunkvolles Zimmer hatte, in das zehn dieser Bedienstetenzimmer passten.
Ich klopfte.

Erik öffnete die Türe, die Augen mit einem tiefen Schatten unterlaufen, seine Haare zerzaust.
Wir brauchten keine Worte, um zu wissen, was der andere dachte. Ich trat durch den Türspalt direkt in seine Arme. Die Türe schloss sich leise hinter mir.

„Ich habe mir Sorgen gemacht", hauchte er und drückte mich an sich. Ich schloss die Augen und genoss seine Nähe. Dann ging er einen Schritt zurück und betrachtete mich.

Seine Hand glitt von meiner Hüfte zu der Öffnung meines Bademantels. Er streifte ihn mir ab. Mit einem dumpfen Geräusch landete er auf dem Holzboden.

Erik streichelte meinen Arm und verweilte an meinem Oberarm.
Seine Kiefermuskeln spannten sich sichtbar an. Sein Blick traf mich. 

Dort hatten sich Hämatome gebildet, so wie auch an meinem Handgelenk.
Fred interessierte es nicht,
dass seine Berührungen mir weh taten, dass er so gefühllos mit mir umging.

Erik zog mich wieder an sich und küsste meine Stirn.

„Ist schon ok", flüsterte ich beschwichtigend.
„Elise, nichts ist ok! Schau dich an! Du siehst nicht gesund aus und das, seit du mit Fred zusammen sein musst. Er darf dich nicht so behandeln. Niemand darf das."

Ich fuhr meine Finger durch seine Haare, so weich, und an seiner Wange entlang.
„Ich hab keine Wahl, Erik. Wenn ich nicht mit Fred zusammen bin, muss ich nach Kanada. Weist du wie weit Kanada ist?"

„Aber Fred-"

„Du kennst doch meine Eltern. Ihnen geht es nicht darum, dass ich glücklich bin", ich lachte verächtlich, „oder darum, dass ich einen liebevollen Freund habe." Ich ließ meinen Daumen über seine Wange und über seine wunderschönen Lippen wandern. „Sie wollen geschäftliche Kontakte knüpfen. Fred's Eltern besitzen die Hafen und Werften von Westfrankreich! Was für ein Zufall, dass er auf meiner Geburtstagsfeier war und meine Mutter mit keiner einzigen Wimpern zuckte, als sie ihn mir vorstellte."

Ich atmete schwer aus. „Du kennst die Gesichte doch. Fred oder Lord Elch, oder wie er auch hieß."

Er schmunzelte. Diese winzige Geste entlockte mir ein erleichtertes seufzen.

„Komm mit mir. Pack' deine Sachen und wir gehen", sagte er plötzlich und umrahmte mein Gesicht mit seinen Händen.
„Was?" Belustig lachte ich auf. Der  Gedanke war so absurd, dass ich mich fast nicht traute noch länger darüber nachzudenken.
„Du und ich, wir hauen ab." Seine blauen Augen funkelten voller Hoffnung.
„Erik..." Meine Mundwinkel hoben sich unsicher. Es schien so als ob er diesen Gedanken nicht zum ersten mal dachte. Bei seinem Lächeln wurde mir bewusst, dass er an nichts anderes dachte. Er hatte sicher lange darüber nachgedacht, ob und wie er mir davon berichten sollte. Desto mehr schmerzten meine folgenden Worte.

„Aber Erik", nicht mehr als ein Kränzchen, denn die Realität hatte mich zu schnell wieder eingeholt, „das geht nicht. Meine Bodyguards, Fred und seine Gruppe, meine Eltern - sie werden es niemals zulassen! Und selbst wenn, was ist mit Rosella?" Panik breitete sich in mir aus. Es war zu viel, zu viele Leute, die ich mit in mein Unglück zu.

„Ich habe einen Plan." Seine Augen waren weit aufgerissen und er sah wirklich überzeugt aus. Verwundert sah ich ihn an.
„Ich komme hier niemals weg", wisperte ich, viel mehr zu mir selbst und ließ mich auf sein Bett fallen, er sich neben mich.

„Stimmt, aber ich hole dich da raus. Versprochen." Er ließ sich nach hinten fallen, soweit es das kleine Bett zu ließ. Ich legte mich zu ihm und kuschelte mich an seine warme Brust. Für einen Moment schloss ich die Augen und genoss seine Geborgenheit. Wie sehr wünschte ich mir, dass das solche Momente zu unserem Alltag werden würden. Dass wir nicht dauernd auf der Lauer sein und uns verstecken mussten.

„Man soll keine Versprechen geben, die man nicht halten kann, das weißt du?" 

Die Tür wurde aufgerissen und eine aufgewühlte Rosella stürmte in die Kammer.

„Elise, komm!", keuchte sie und bedeutete mir mit ihrer Hand, ihr zu folgen. Sofort stand ich auf, ergriff meinen Bademantel und stürmte aus dem Zimmer. Ich warf Erik einen letzten Blick zu, bevor Rosella die Türe schloss. Mein Puls schlug in den Ohren und mir war schwindelig, da ich viel zu schnell aufgestanden war. Doch zum Erholen hatte ich keine Zeit. Sie eilte den Flur entlang und ich hatte Mühe ihr zu folgen.

„Was ist los, Rosi?", flüsterte ich.
„Fred war in deinem Zimmer und hat dich gesucht", murmelte sie, „ich habe ihm gesagt, du bist in der Waschküche und suchst Kleidung. Komm jetzt, er wartet schon."

Ein Schauer ließ mich erstarrten. Meine Beine verharrten, mein Körper vereiste.

Fred in meinem Zimmer? Um diese Zeit?

Mir wurde übel.

„Elise, Liebes, komm!" Sie nahm mich sachte an die Hand und zog mich weiter, die Treppe hinauf, den Gang entlang. Ungeschickt ließ ich mich von ihr weiter ziehen, denn meine Beine schienen vergessen zu haben wie man läuft.
„Ich bin vor der Tür und passe auf," flüsterte sie, eilig die Treppen hochsteigend. Ich folgte ihr ungeschickt.

Ich wollte nicht in dieses Zimmer.
Nicht mit Fred. Nein, bitte nicht.

Mein Herz pochte gegen meinen Brustkorb und ich spürte, wie mein Magen rebellierte. Ich versuchte zu atmen, aber die Luft war weg.

Vor meiner Zimmertür hielt sie an und zupfte meine Haare zurecht.

„Geh rein, du warst in der Waschküche, wenn was ist: schrei", damit öffnete sie die Türe und ich sah Fred, wie er auf meinen Bett saß, seine Schuhe auf dem Teppich davor. Er schaute durch die großen Balkontüren hinaus auf's Meer. Sein Hemd war zur Hälfte aufgeknöpft und seine Beine baumelte von der Bettkante. Er sah fast nachdenklichen aus.

Ich warf Rosella einen leidenden Blick zu als ich die Türe schloss.

„Da bist du ja endlich", sagte Fred genervt und richtete seine Blick auf mich. „Was suchst du in der Waschküche? Hast du keine Angestellten dafür?"  Von der fast friedlichen Gesichtszügen war nichts mehr zu erkennen. Er schnalzte mit der Zunge und raffte seine Ärmel.

Ich zwang mir ein Lächeln auf mein Gesicht.
„Doch. Natürlich, aber du weißt ja, wie das mit ihnen ist. Sie lernen einfach nicht aus ihren Fehlern."

Er grinste zufrieden und deutete auf den Platz neben sich auf dem Bett.

„Komm her, Babe", seine Stimme ekelte mich an, aber ich setzte mich, den Mantel so eng um mich gezogen, wie es möglich war.

Er strich mir meine Haare aus dem Gesicht und legte seine Hand unter mein Kinn.

„Was hab ich ein Glück so eine hübsche Freundin zu haben," säuselte er und biss sich auf die Lippe.
Mir schauderte es und ich hatte alle Mühe, ihm nicht ins Gesicht kotzen zu müssen. Er legte eine Hand auf meinen Oberschenkel. Sie brannte sich ein wie ein heißes Eisen.

„Jetzt zeig' mir mal, was du mir bieten kannst," raunte er mir zu und löste den Knoten an meinem Bademantel.

-edited 2017- re edited 2020-
Kxx

ERIK Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt