Nachdem sie ihren eigentlichen Beruf als Büroangestellte in einer Firma für Kunststofftechnik aufgrund dessen dass diese dann Pleite ging verloren hatte, entschied sie sich ihre Begeisterung für Bücher und Literatur im Allgemeinen doch noch zum Beruf zu machen. Sie ging ins Gewerbe des Buchhandels und arbeite hat und mit viel Ehrgeiz, bis sie irgendwann eine eigene Buchhandlung in der Innenstadt aufmachte. Schön und gut, in Zeiten des lukrativeren Onlinehandels von allen möglichen Waren (somit auch von Büchern) kam sie wohl nie zum Reichtum, aber der Laden lief zumindest gut genug, um sich über Wasser halten zu können - außerdem wollte Emily nie reich werden.
"Du willst das hier lesen?" fragte Brian erstaunt, der ebenfalls eines der Bücher durchgeblättert und dann wieder in die Truhe gelegt hatte. "Die Schrift scheint so uralt zu sein, dass sie wohl heutzutage keiner mehr lesen kann." "Naja," erwiderte die 52-Jährige, "so uralt ist die Schrift gar nicht." Und sie erzählte ihren beiden Brüdern, dass die Schrift in den Büchern sehr oft als deutsche Schrift oder auch Frakturschrift bezeichnet wurde und u.a. auch in den ersten Jahren jener Zeit in Deutschland angewendet wurde, als die Nazis an der Macht waren.
Dass sie glaubte, dass es sich bei den Büchern um Tagebücher ihrer Mutter handelte, behielt sie lieber noch für sich - auch wenn sie nicht genau wusste wieso. So oder so die Schrift wirkte auf die 52-Jährige als wäre es die Handschrift ihrer verstorbenen Mutter. Aber 100 % Gewissheit konnte sie nur haben, wenn sie diese Bücher las.
Brian und Maximilian schleppten die Truhe schließlich zu dessen Wagen, während Emily und Andrew die vielen Lumpen nach unten schleppten; diese würden bei nächster Gelegenheit im Müll entsorgt werden. Nun war das Haus mehr oder weniger aus geräumt... Lediglich die Möbel waren noch da, denn bevor diese verkauft werden konnten, mussten die Annoncen in der Zeitung erscheinen; das gleiche Schicksal erwarte auch der Dekokram. Zumindest jener Teil, den keinen der Geschwister haben wollte.
Jene Sachen, die einer von ihnen gerne behalten wollte, hatte jeder in einen Umzugskarton getan. Emily nahm den ihren natürlich gleich mit nach Hause, genauso wie Brian. Aubrey und Andrew, die beide im Ausland lebten, würden es irgendwann in den nächsten Wochen auf dem internationalen Postweg nach Hause liefern lassen. Auch Matthew würde sich seinen Teil per Post liefern lassen, obwohl auch er in Deutschland lebte.
Er hatte jedoch kein Auto und konnte es somit nicht selbst transportieren. Derzeit lebte er in einer Kleinstadt oben im Norden von Deutschland, wo er auch seine aktuelle Freundin Lisa kennen gelernt hatte.. Allerdings war Matthew einer von jenen, die gerne mal dazu neigten, plötzlich alles auf zu geben und woanders eine neue Existenz aufzubauen. Was er auch schon das ein oder andere Mal getan hatte - doch seine Geschwistern akzeptierten das, denn schließlich war er so oder so immer noch ihr kleiner Bruder.
"Ich finde wir haben gute Arbeit geleistet," meinte Emily, nachdem sie noch ein letztes Mal durch Haus gewandert waren und sie nun die Haustür von außen abschloss. Sie würde sicherlich noch ein paar Mal hier her kommen, schon allein weil sie ja den Interessenten die kaufbaren Möbel und anderen Sache zeigte musste. Ihre Geschwister jedoch würden das Haus möglicherweise wie über eine sehr sehr lange Zeit nicht mehr sehen, in dem sie aufgewachsen waren - und wenn sie es irgendwann mal wieder sehen sollten, dann würde es sicher schon verkauft sein.
So standen sie also alle noch einige Minuten vor dem Haus, betrachteten es schweigen und sagten im Stillen Lebewohl. Und dabei überkam die Geschwister ein letztes Mal eine Welle an Erinnerungen in ihren Gedanken, Aubrey lief sogar eine einzelne Träne die rechte Wange herunter. Nach einer gefühlten Ewigkeit verabschiedeten sich Emily, Maximilian und Aubrey von Brian, Matthew, Andrew sowie ihren beiden Schwägerinnen Kiyoko und Sarah.
Diese würden sich nämlich jetzt wieder auf dem Weg nach Hause machen, hauptsächlich aus beruflichen Gründen. Aubrey würde erst am Freitag nach Hause fliegen und wollte die beiden Tage bis dahin mit ihrer Schwester verbringen; als junge Mädchen waren die beiden einst fast unzertrennlich gewesen und hatten sehr viel gemeinsam unternommen, doch während des Älterwerdens hatten sie sich nach und nach auseinander gelebt.
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Auf den Spuren meiner Mutter
Historical FictionHildegard Brown hat die Tyrannei des Nazi-Regimes sowie auch den zweiten Weltkrieg überlebt. Nun ist sie im Beisein ihrer 5 Kinder friedlich entschlafen. Bei der Auflösung des Haushaltes, um das Haus der verblichenen Mutter zu verkaufen, entdeckt ei...