Versprochen ist Versprochen!

35 3 0
                                    

Am nächsten Morgen herrschte wieder die übliche Harmonie, auf welche ihre Ehe seit vielen Jahren schon erfolgreich baute; zwar hatte die 53-Jährige den Streit von letzter Nacht nicht vergessen, doch war sie ihrem Ehegatten deswegen nicht mehr böse - wenn sie ihm denn überhaupt böse war. Vermutlich hatte sie ihm schon gleichen Moment wieder verziehen, in dem sie festgestellt hatte, dass er Recht hatte.

Darüber hinaus waren sie schon so viele Jahre zusammen und hatte auch soviel gemeinsam durchgestanden, dass sie schon gar nicht mehr lange auf einander böse sein konnten;  denn wenn man schon so viele Jahren Seite an Seite verbrachte hatte und auch heute noch so verliebt in einander war wie am Tag des Kennenlernens, dann konnte man wohl auch streiten ohne hinterher böse aufeinander zu sein. Zumindest war das bei Emily und Maximilian so, deshalb konnten sie sich nach einem guten Frühstück voll und ganz auf ihren Urlaub und die Sehenswürdigkeiten der der Bretagne konzentrieren ohne auch nur einen weiteren Gedanken an den kleinen Streit konzentrieren.

Heute hatten sie sich vorgenommen, ihren ersten größeren Tagesausflug zu machen und dafür hatten sie sich die Großstadt Nantes und deren Sehenswürdigkeiten ausgesucht. Denn diese Stadt bot laut Reiseführer, alles was das Herz eines Touristen begehrte mochte. Laut diesem gab es dort Kathedralen und Schlösser sowie auch wunderschöne Parkanlagen; und auch auch in Sachen Shopping sollte diese Stadt viel zu bieten haben. So machten sich die 53-Jährige und ihr Ehegatte also direkt nach dem Frühstück auf dem Weg und erreichten am Vormittag die Stadt - schließlich wollten sie sich dort soviel wie nur möglich heute ansehen. 

Als sie endlich einen passenden Parkplatz  gefunden hatten, stellten sie den Wagen dort ab und stiegen aus. Einige Minuten lang rätselten sie, ob sie hier fürs Parken was bezahlen musste, konnte jedoch nirgendwo ein Hinweisschild diesbezüglich und auch keinen Parkscheinautomat aus machen. Daher beschlossen sie letztlich einfach ein Strafticket in Kauf zu nehmen und machten sich dann schließlich auf den Weg. 

Emily trug jetzt einen Rucksack, in welchem sie neben ihrem Geldbeutel auch eine Flasche Wasser für sich und ihn hatte; er trug wie immer die kleine Tasche mit seiner professionellen Fotoausrüstung am Riemen über die linke Schulter. Um sich gegen die Sonne zu schützen, die auch heute wieder sehr warm und sommerhaft vom Himmel herab schien, trugen die beiden Sonnenbrillen und die 53-Jährige hatte zudem einen farblich nicht gleichen aber dennoch zur Farbe ihres Sommerkleid passenden Sommerhut aus Stroh auf. Bevor sie jedoch Nantes erkunden und besichtigen konnten, mussten sie erst mal vom Parkplatz aus, den Weg in die Innenstadt finden.

Zum Teil mit Hilfe einer kleinen Straßenkarte, welche sich in dem Reiseführer speziell für die Stadt Nantes befand und zum Teil  einfach nur mit Hilfe ihres Instinktes fand die beiden den richtigen Weg durch die vielen Straßen in die Innenstadt und steuerten dann auch so gleich die erste Sehenswürdigkeit an. Danach ging es natürlich gleich weiter zu nächsten und dann wieder weiter, um noch was zu sehen. 

So wanderten Emily und ihr Ehegatte also den ganzen Vormittag über kreuz und quer durch die Innenstadt von Nantes und suchten sich zu Mittag einen Platz in einem gemütlichen und landestypischen Café, um endlich was zu trinken. Ein wenig später, als sie erneut durch die Stadt schlenderten, kaufte sich Maximilian noch eine typisch bretonische Kleinigkeit zum Essen; Emily wollte nichts. Die 54-Jährige kaufte sich lieber während der kleinen Shoppingtour zum Abschluss ihres Tagesaufluges nach Nantes schon mal das ein oder andere Souvenir und hielt auch gleichzeitig nach möglichen Mitbringseln für ihre beiden Töchter, für Freunde und evtl. auch für ihre Geschwister Ausschau.

"Aber wir sind doch noch noch zwei Wochen hier im Urlaub," sagte Maximilian, während seine Ehegattin gerade bunt verziertes Porzellan begutachtete und ihm schließlich eine Schüssel in die Hand drückte. "Und wir wollen uns ja auch noch mehr Städte und Orte ansehen, da findest du sicher noch viel mehr an Dekokram und so." "Aber das gefällt mir dann vielleicht nicht so sehr wie die Schüssel hier," erwiderte Emily, ohne sich um zu drehen und betrachtete die Waren des Geschäftes weiterhin aufmerksam. Wenig später nahm sie ihm die Schüssel aus den Händen und stellte sie zurück, um ihm eine andere Schüssel zum Halten zu geben. Aber auch diese wurde kurz darauf wieder wegestellt; am Ende kaufte die 53-Jährige zwei dekorative Tassen mit Untertassen. Auf die Frage ihres Ehegatten, der die Tüte mit dem Porzellan schleppte, wo zu Hause sie die Tassen denn hinstellen möchte, erwiderte sie munter: "Och, da  finde ich schon das richtige Plätzchen für." Während sie nun den richtigen Weg wieder zurück zu ihrem Wagen suchten, dachte er mit einem Lächeln, dass dies typisch seine Ehegattin war. 

Nachdem sie durch das Wirrwarr der Straßen und Gassen der Großstadt zu der Stelle zurück gefunden hatten, wo sie den Wagen geparkt hatten - was ihnen zur ihrer eigenen Überraschung doch recht schnell gelang -, stiegen sie sogleich ein und machten sich auf den Weg heim in ihr Urlaubsdomizil. 

Es war zwar noch recht früh am Nachmittag, doch die beiden waren der Meinung, dass es für heute genug war. Schließlich waren sie heute Morgen schon recht früh nach einem kurzen Frühstück nach Nantes aufgebrochen, da sie nun mal nicht genau wussten, wie lange sie dort hin brauchen würden. Und nachdem sie dann dort angekommen waren, waren sie über mehrere Stunden bei der herrschen Sommerhitze kreuz und quer durch die Straßen dieser schönen Stadt gewandert. Ganz zu schweigen davon, dass die 53-Jährige Hunger hatte; denn schließlich hatte sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. 

So ging es also wieder zurück, allerdings wurde auf dem Weg noch bei einem Supermarkt Halt gemacht, um noch die Zutaten für den Salat nachher zu besorgen. Außerdem kaufte Emily eine Flasche Limonade, welche sie dann draußen sofort aufmacht und durstig mehrere Schlücke  daraus nahm, ohne Pause dazwischen zu machen. "Ah, das tut gut," sagte sie und reichte die Flasche an ihren Ehegatten weiter, welcher ebenfalls ein paar große Schlücke daraus trank. Zwar hatten sie während ihres Ausfluges nach Nantes im Rucksack etwas zu trinken dabei gehabt, aber die war einfach zu warm geworden.

In dem Ferienhaus schließlich angekommen, setzten sich die beiden erst mal auf die Terrasse und gönnten ihren Beinen eine wohl verdiente Pause. Erst dann begab sich die 53-Jährige in die Küche und machte sich daran, das Essen für heute Abend zu kochen - wo bei ihr Ehegatte natürlich wie immer half. Nachdem sie dann auf der Terrasse gespeist hatten, folgte wieder mal der Abwasch und dann spielten sie ein paar Runden Skyp-Bo und dann noch Rommee. 

Gegen Abend dann machten die beiden dann doch noch einen Spaziergang, welcher aber recht kurz war, denn ihre Beine fühlten sich schnell bleischwer an. Deshalb gingen Emily und Maximilian heute auch wieder früh zu Bett. 

Auch während der nächsten Tage machten die beide größere und kleiner Ausflüge in die verschiedenen Regionen der Bretagne. Sie liefen durch andere Städte und schauten sich auch dort die Sehenswürdigkeiten an, sie fuhren zu einsam gelegenen Örtlichkeiten bzw. geographischen Punkten, die im Reiseführer als Touristenziel abgeben wurden und sie besuchten auch den ein oder anderen Wochenmarkt. Und natürlich ging Emily nebenbei auch immer wieder auf kleine Shoppingtour. Zwischen soviel Urlaubsaktivitäten legten die beiden aber auch immer wieder Ruhephasen ein; einen Tag verbrachten sie z.B. die ganze Zeit an einem Badestrand und schwammen dort im Ozean.

Bei dieser Gelegenheit zeigte die 53-Jährige ihren für ihr Alter ungewöhnlich jung gebliebenen Körper mit der noch immer glatten Haut, was vor allen in ihrem neuen Bikini gut zur Geltung gab. Maximilian spielte auch wieder den Fotografen, der mit ihr ein Fotoshooting am Strand machte. 

Und die ganze Zeit über las sie nicht einmal weiter im Tagebuch ihrer verstorbenen Mutter weiter. Allerdings würde man lügen, wenn man jetzt sagen würde, dass Emily diesbezüglich nicht dann und wann doch in Versuchung geführt wurde. Das ein oder andere Mal nahm sie das Tagebuch doch wieder in die Hand, blätterte sogar darin rum. Aber dann legte sie es immer wieder zurück und sagte sich in Gedanken: Versprochen ist Versprochen!

Stattdessen verbrachte sie die Stunden, in denen sie nicht unterwegs waren sondern sich im bzw. vor dem Ferienhaus auf der Terrasse aufhielten, damit, in den mitgebrachten Romanen zu lesen. U.a. fing sie z.B. an den neusten Band der Autorin Linda Castillo in deutscher Übersetzung zu lesen; deren Krimibuchreihe gehörte wie die von Jean-Luc Bannalec zu ihren Favoriten.

Auf den Spuren meiner MutterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt