Kapitel 13

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Ich lag jetzt schon ungefähr zwei Wochen im Krankenhaus. Aber auch nicht mehr auf der Intensivstation, sondern nur auf der „normalen" Station. Maya kam täglich zu mir. Wir unterhielten uns, sie lernte manchmal neben meinem Bett, ich beobachtete sie dabei und wir verloren kein Wort mehr über das, was ich gesehen habe oder meinen Traum. Ich wollte nicht, dass Maya mich verrückt erklärt, verständlich oder? Auch Zoé kam manchmal und es fühlte sich noch etwas komisch an sie zu sehen. Ich hatte sie verschlagen, tot und blutüberströmt in einem Gebüsch gesehen. Nur, hatte ich mir das alles nur eingebildet. Und nach dem Traum wurde mir immer ganz heiß, wenn sie mich mit ihrem intensiven Blick kritisch beäugte. Immer wieder kam mir die sprechende Krähe in den Kopf und wenn Zoé mit mir sprach, saß plötzlich eine Krähe auf meinem Stuhl neben meinem Bett. Ich war wirklich verrückt geworden! Sie sollten mich lieber noch ein bisschen hierbehalten und dann in die Psychiatrie schicken! Vielleicht vertrage ich aber auch einfach diese ganzen starken Medikamente nicht! Schieben wir es einfach mal auf die Medikamente...
Meine Eltern waren auch jeden tag die ganze, DIE GANZE, Zeit da. Immer wenn ich anderen Besuch hatte oder schlafen wollte, gingen sie raus in den Flur oder in die Cafeteria und warteten dort, bis der Besuch gegangen ist.
An einem Tag aber bekam ich ungewöhnlichen Besuch. Frau Zimmer, meine Lehrerin, der ich mal aus Schleimerei eine Donutpackung geschenkt habe und die jetzt immer sehr verlegen auf mich zu sprechen war, stand an einem Montagmorgen um 10 Uhr in meinem Krankenzimmer. „H...Hallo Frau Zimmer Haben sie denn keinen Unterricht?", fragte ich und setzte mich ein wenig auf. „Ach, Bastian, was machst du denn für Sachen? Und nein, ich habe keinen Unterricht! Ich bin als Stellvertretende Schulleiterin hier. Ich möchte ihnen im Namen der Schule diese Gute-Besserungskarte überreichen. Wir hoffen alle sie werden schnell wieder gesund...", sie legte die karte auf mein Nachttisch und schaute verlegen zur Seite. „Äh... danke?", sagte ich fragend und fand die komplette Situation sehr unangenehm. Zum Glück kam der Arzt ins Zimmer und schickte Frau Zimmer entschuldigend aus dem Zimmer, da er nun „Untersuchungen" machen müsse. Als letztes sagte sie: „Gute Besserung, Bastian! Wir vermissen sie alle!" Ich war sehr erleichtert, als ich endlich wieder alleine war.
Und jetzt war dieser Besuch auch schon wieder drei Tage her. Meine Mutter hatte mir meinen Laptop vorbeigebracht, auf dem ich jetzt täglich eine Serie durchschaute. Irgendwann konnte ich nicht mehr still sitzen und rief eine Krankenschwester. Diese half mir, mich an den bewegbaren Tropf zu hängen und dann aufzustehen. Ich war erst zum zweiten Mal seit dem Unfall aufgestanden. Gestern hatte ich es zum ersten Mal ausprobiert und tappte ein bisschen durch das Krankenhaus. Irgendwann wurde es mir zu anstrengend, da sich viele meiner Muskeln abgebaut hatten. Die Krankenschwester gab mir eine Art Rollator, an den der Tropf gehängt wurde. Ich stützte mich auf den „Rollator" und schob ihn ein Stück nach vorne und trippelte hinterher. Nach ungefähr einer halben Stunde stand ich in der Cafeteria und bestellte mir einen Donut. In dem Moment fiel mir auf, dass ich kein Geld dabei hatte. Ich bestellte den Donut ab und trippelte in den Park. Dort setzte ich mich angestrengt auf eine Bank und wischte mir den Schweißfilm, der sich gebildet hat, von meiner Stirn. Hier an der frischen Luft atmete ich erstmal kräftig ein und aus. Plötzlich musste ich ganz heftig lachen. Ich hielt mir den Bauch und die Tränen rannen mir über das Gesicht. Lauthals lachte ich mir die Seele frei. Die Leute, die an mir vorbei kamen, schauten mich komisch an, was mich nur noch mehr zum Lachen brachte.
So saß ich da, lachte vor mich ehr und plötzlich flog eine Krähe ganz dicht an meinem Gesicht vorbei. Sofort erstarb mein Lachen und hallte im park noch kurz aus. Mein Blick folgte der Krähe, die sich auf einen Baum hinter mir setzte. Von dort aus beobachtete sie mich. Ich wurde wütend. „Was willst du, he? Verschwinde, du Mistgeburt!", schrie ich die Krähe an. Schnell flog sie fort, was wohl jeder normale Vogel gemacht hätte. Ich fiel erschöpft wieder in die Lehne der Bank und beschloss, mich wieder auf den Rückweg zu machen. Diesmal musste ich mehrere Pause machen und kurz verschnaufen. Dann ging ich weiter. Schieben, trippeln. Schieben, trippeln. Schieben, trippeln. Immer so weiter. Ich kam völlig verschwitzt in meinem Zimmer an und rief eine Krankenschwester. Diese sah mich erschrocken an. Sie meinte ich sei schrecklich blass und sehr heiß auf der Stirn. Ich würde sehr kalt schwitzen und rote Flecken an den Armen haben. Dieser kleine Ausflug hatte mich wohl doch etwas mehr angestrengt, als erwartet. Die Krankenschwester legte mich auf das Bett, deckte mich zu änderte meine Schläuche wieder und legte mir einen kalten nassen Lappen auf die Stirn. Schnell eilte sie aus dem Zimmer und kam kurz darauf mit einem Arzt wieder. Mir verschwamm wieder die Sicht und meine Augenlider wollten zugehen, als der Arzt anfing mit mir zu reden: „Hallo? Hallo, hören sie mich? Bastian! Hören sie mich? Antworten sie mir!" Ich nickte nur, aber er wollte etwas von mir hören. Ich krächzte: „Ja" und der Arzt klopfte mir auf die beiden Wangen. „Bastian, reden sie mit mir! Geht es ihnen gut?" Ich hörte ein wenig Panik in seiner Stimme. Auf einmal stand aber kein Arzt mehr vor mir, sondern Maya. Sie war komplett schwarz gekleidet und sah mich angewidert an. Sie wollte mich mit sich ziehen. Ich fing an zu schreien. Maya legte ihre Hände um meinen hals und drückte zu. Immer fester wurde ihre Griff. Ich bekam immer weniger Luft... Ich schrie einmal auf und alles war, mal wieder, schwarz.
Dann sah ich Maya in einem hellen Schein. Sie winkte mich zu ihr und lächelte, wie sie es immer tat, wenn sie etwas von mir wollte. Ich folgte ihr und stand irgendwann neben ihr im Schein. Sie zeigte vor sich und ich verstand, das sie wollte, dass ich weiter ging. Ich tat es und fiel plötzlich einen Abgrund herunter. Ich lag auf einem Waldboden. Neben mir ragte eine hohe und kantige Steinwand auf. Auf der anderen Seite von mir waren viele, ich glaubte hunderte, tausende, Nadelbäume. Alle waren mindestens dreißig Meter hoch. Ich lag dort zusammengekauert und sah mich. Plötzlich sah ich im Augenwinkel einen Schatten und hörte ein Rascheln. Da! Wieder ein Rascheln. Jetzt hörte ich noch ein Flüstern. Angestrengt lauschte ich, ob ich etwas verstand: „Er ist da... Solange gewartet... Erlösung... richtiger Weg... Leben macht wieder Sinn..." Nur Gesprächsfetzen verstand ich und die verwirrten mich sehr. In dem Moment trat eine Frau aus dem Schatten. Sie war komplett in schwarz gekleidet und hatte riesige, fedrige, schwarze Flügel auf dem Rücken. Diese waren etwas größer als sie selbst. Ihr bodenlanges Kleid schleifte auf dem Boden und zog somit viele Blätter mit. Sie trat auf mich zu und ließ mich nicht aus den Augen. Als sie näher kam, merkte ich, dass ich sie kannte. Nur woher? Ich wusste, dass ich sie schon einmal gesehen hatte. Krampfhaft versuchte ich mich zu erinnern. Es wollte mir nicht einfallen... Die Frau sagte: „Du hast es endlich verstanden, dass es nichts mehr für dich bringt! Ich dachte, du kommst früher! Aber jetzt bist du ja da... Ich wusste es von Anfang an, dass du, Bastian Kasta-Mayer, ein bisschen länger brauchen würdest, dich damit abzufinden, dass du der Einzige bist, den wir brauchen. Zoé hatte Recht, die Neue zu überreden. Sie hat dich dazu gebracht, mitzumachen!" Die Frau fing an fürchterlich zu lachen. Wer war die Neue? Und was Zoé damit zu tun? Warum bin ich der Einzige und wofür überhaupt? Und was bringt nichts mehr für mich? Für was brauchte ich etwas länger und bei was mache ich jetzt genau mit? Ich verstand gar nichts mehr! Könnte mir das jemand erklären? Ich war doch gerade noch im Krankenhaus und jetzt hier im Wald. Ich schaute mich noch einmal um und merkte, dass ich diese Stelle des Waldes kannte. Es etwas ein Kilometer von unserem Haus entfernt. Hier in der Nähe musste ein alter Schuppen stehen, in dem ich früher mit meinen Freunden gespielt hatte.
Die Frau verstummt, als wieder etwas raschelte. Ich drehte mich um und sah, dass sich jetzt ein ganzer Kreis aus Frauen um mich gebildet hatte. Alle waren schwarz gekleidet und hatten riesige schwarze Flügel. Alle hatten denselben eiskalten Blick in den Augen und schauten mich abwertend an. Plötzlich öffnete sich der Kreis an zwei Stellen und von der einen Seite kam Zoé und von der anderen Seite Maya in den Kreis. Sie hatten auch schwarze Klamotten an. Sie hatten kein Kleid an, sondern ein eng anliegenden Ganzkörperanzug. Sie schauten sich feindselig an und fingen plötzlich an zu kämpfen. Ich saß daneben und konnte mich nicht bewegen. Irgendwann fiel Zoé leblos zu Boden un Maya grinste schadenfroh. Sie hatte gewonnen. Die elf anderen Frauen redeten mit ihr, was ich aber nicht verstand, da es eine andere Sprache war. Im nächsten Moment war Zoé zu Asche zerfallen, Maya hatte ein schwarzes Kleid an und große schwarze Flügel, wie die anderen. Sie stellte sich in den Kreis und alle schauten mich an. Unter dem intensiven Blick aller verschwand ich plötzlich und alles war schwarz...

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Wieder etwas von mir... Schreibt mal eure Vermutungen in die Kommentar, was ihr glaubt, wer die Frauen sind! Würde mich freuen!
Danke für all euren Support! ICh liebe euch<3
S.~

Die Todesengel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt