• 12 •

82 9 2
                                    

,,Corey! Los, nach links!" ,schrie Alex laut, griff ihren Arm von der Seite, wobei er ihn fast zerquetschte und zog sie um eine Fichte herum, sodass sie kurz ins stolpern kam. Die kalte Nachtluft peitschte in ihr Gesicht, ließen ihre Augen tränen. Sie japste auf: ,,Ich höre es nicht mehr." Sie wollte stehen bleiben, doch ihr Freund riss sie weiter mit sich. Wut war in sein Gesicht geschrieben. Oder vielleicht war es auch einfach die Verzweiflung, die sein Gesicht zu einer Grimasse schnitt. ,, Auf keinen Fall stehen bleiben!" Seine Stimme ging fast im Wind, der durch den Wald fegte und Laub und Geäst durcheinander brachte, unter. Es schien als habe sich der Wald, binnen weniger Minuten, gegen sie verschworen. ,,Du kannst sie nicht hören. Ihre Schritte." Er warf ihr einen gequälten Blick zu. ,,Sie haben keine Füße. Sie schweben über dem Boden, wie Geister, die lautlos durch Häuser streifen." Sein Blick fokussierte sich nach vorn. ,,Man weiß nur, wenn eines in der Nähe ist, wenn man ihr Wiehern hört. Ihr grässliches Wiehern." ,fügte er schluckend hinzu. Warum habe ich nicht auf ihn gehört? ,dachte Corey bitter. Ich habe uns beide in Gefahr gebracht. Wie, als hätte das Höllenpferd ihre Gedanken gelesen, erklang ein bestialischer Laut, der die rauschenden Böhen übertönte und nicht weit von ihnen entfernt, den Weg ins Freie gefunden hatte. ,,Mist, Mist, Mist!" Alex Katzennase bebte. ,,Ich kann es wittern." ,,Konzentriere dich auf den Weg." , wies sie ihn an, als er langsamer zu werden schien. ,,Hast du eine Idee wo wir hin können?" Sie runzelte die Stirn. ,,Wo wir sicher sind?" Etwas schien an Coreys Gedächtnis zu rütteln. Ganz doll, als wüsste sie die Antwort schon längst, nur würden das Adrenalin und die Angst es verdecken. Alex neben ihr sprang flink über einen dicken Stein und sah dabei fast so elegant, wie eine echte Katze aus. ,,Ich denke schon, ab-" ,,Die alten Gemeuer hier im Wald!" ,rief Corey entzückt auf, nachdem ihr das Kapitel über die wichtigen Gebiete im Immerwald eingefallen war. ,,Sie lassen nur Personen mit einem bestimmten Gen hinein." Sie war so sehr aus dem Häuschen, dass sie fast vergaß, wie gefährlich diese Situation doch gerade war. ,,Wenn wir einen der Gemeuer finden, sind wir sicher!" Alex entfuhr ein ungläubiges Keuchen. ,,Warum bin ich nicht schon früher drauf gekommen?" Er lachte laut auf. ,,Los, zeig mir schnell deinen Rucksack." ,,Aber das Höllenpferd!" ,protestierte Corey empört. ,,Es wird uns einhol-" ,,Paperlapap." Alex schnipte mit seinem Finger. ,,Dort ist doch eine Karte eingezeichnet, wo wir welche finden werden, oder? Wenn ich nur stärker nachdenke, kann ich vielleicht unseren jetzigen Aufenthaltsort ausfindig machen." Corey zuckte nervös mit den Schultern.
,,Hier." ,entgegnete sie hastig, nachdem sie das Buch aus ihrer Tasche hervorholte und ihrem Freund in die Hand drückte. Dieser wiederum, riss es auf und blätterte schnell auf die Seite, die Corey als letztes gelesen hatte. ,,Da!" ,rief Alex laut, was Corey ein 'Shh' entlockte und er senkte den Kopf hastig, um die gemalte Karte in Augenschein zu nehmen. Sein Finger überflog das Blatt, wanderte die, allen Anschein nach, beschrifteten Wege nach und blieb nach einer kurzen Wartezeit an einem grauen kleinen Punkt stehen, der abseits der Wege lag. ,,Hier.." ,murmelte er nachdenklich. ,,Ich dachte du kennst die hier aus." Corey drehte sich einmal kurz nervös im Kreis. ,,Kenn ich auch!" ,gab er ihr empört zurück und schlug das Buch zu, kurzdrauf flog es Corey in die Arme. ,,Ja und? Wo müssen wir lang?" ,drängte sie. ,,Ich habe eine ungefähre Ahnung." ,,Na dann los." Corey setzte sich in Bewegung, erleichtert nun nicht mehr Still zu stehen und dem Höllenpferd ein gutes Opfer darzustellen, Alex folgte ihr in einiger Entfernung.
Es schien, als wäre nun alles wieder auf dem Weg der Besserung. Sie wussten nun einigermaßen, wo sie waren -nun gut, eher Alex- und das Höllenpferd war weit und breit nicht zusehen oder hören. Dachte Corey.
In diesem Moment dachte sich das Wesen wahrscheinlich, es könne doch nun mal wieder bei ihnen vorbeischauen, denn auf einmal raschelte es laut einige Meter hinter ihnen. ,,Was-?" , doch Alex kam nicht weit, denn das Gebüsch wurde zur Seite gezogen, wobei Corey grausig lange dünne Finger erkennen konnte, die sie entsetzt einige Meter nach hinten taumeln ließen. Pures Grauen erfasste sie, als sich das Höllenpferd einen Weg ins Freie bahnte und dabei nur das Gebüsch knacken und rascheln ließ, von ihm selbst, kam kein einzigster Laut. Sie wagte es nicht einmal zu atmen, als das Wesen langsam ihnen entgegenkam, zu schrecklich war für Corey sein Anlitz. Der dunkle Umhang flatterte geisterhaft an seinem Körper, seelenlose kalte Augen sahen ihnen entgegen und die Haut war um seinen Kopf gezogen, sodass man die Konturen des Schädels erkennen konnte. ,,Corey." ,hauchte Alex leise, als könnte das Wesen jede Worte, die sie wechselten, hören. ,,Lauf!"
Und das musste er ihr nicht zweimal sagen.
Sie wirbelte herum, das schrille Wiehern des Pferdes nahmen ihre Ohren nur dumpf war und nahm die Beine in die Hand.
Sie hatte nicht wirklich eine Ahnung, wo es lanf ging und deshalb drehte sie sich zu Alex, der mit einem schnellen Nicken die Führung übernahm. Corey rannte so schnell, wie sie es noch nie im Leben getan hatte und auch nicht mehr wird, falls sie es nicht schaffen werden. Sie erschauderte. Daran wollte sie jetzt lieber nicht denken.
,,Komm hier hoch!" Alex kletterte einen kleinen Steinhügel empor, sie waren jedoch mit soviel Matsch und Erde bedeckt, dass Corey zögernd stehen blieb. Komm schon! Auch wenn du runterfällst, musst du weiter! Sie gab sich einen entschlossenen Ruck, griff an den ersten Stein und zog sich hoch, dass Kreischen des Höllentieres ihr dicht im Nacken sitzend.
Überraschender Weise gelang ihr der Aufstieg mit bravur, sodass sie, nicht mehr als 10 Sekunden brauchte, ehe sie sich nach Alex entgegen gehaltender Hand streckte. ,,Geschafft." ,prustete sie atemlos. Doch ihr Freund drang sie weiter und so liefen sie. Für Sekunden und Minuten, die sich dahin zogen, bis Alex endlich 'Stopp' schrie und Corey fast blindlings in ihn hineinkrachte.
,,Sind wir da? Wo ist es?" Sie stütze sich nach Luft schnappend auf ihre Knie. ,,Ist es noch hinter uns her?" Alex zuckte mit den Schultern, während er weiter vorlief und Corey mit ihren Fragen alleine ließ. ,,He!" Sie rappelte sich auf und folgte Alex, der nun um einen Baum herum ging und plötzlich verschwunden war. ,,Was?" Corey drehte sich überrascht um. ,,Corey komm schon!" Ein Flüstern kam von dort, wo ihr Helfer gerade verschwunden war. ,,Wo bist du?" ,wollte sie wissen, da schoss plötzlich eine Hand hervor, die sie am Handgelenk packte und ehe Corey aufschreien konnte, wurde sie hinein ins Nichts gezogen, sie schloss die Augen.
Es war, als würde sie durch eine Art Schleier gezogen werden, ein sanfter weicher Stoff schien über sie hinweg zu gleiten, dann spürte sie einen Ruck, ganz so, als würde sie aus etwas hinausgezogen werden und sie öffnete wieder ihre Augen. Sie stand vor einer Art Kirche, sie war recht klein und Pflanzen rankten sich um die losen Steine auf dem Boden und hinein in die Löcher, die in den Steinmauern zusehen waren. ,,Auf gehts hinein!" ,hörte sie Alex sagten, der ihr Handgelenk losließ und nun auf das Gemeuer zuschritt.

,,An was denkst du?" Sie hatten die Rucksäcke, die nun als Kopfkissen dienten, hinter sich gelegt und die blaue Decke unter sich ausgebreitet, sodass der Steinboden die Kälte nicht mehr an ihnen weitergab und es nun nicht mehr ganz so ungemütlich war. Die Kirche war von Innen nicht sehr geräumig, aber dennoch groß genug für weitere 10 Personen, welche noch bei ihnen Platz gefunden hätten. Der Wind wehte durch die klaffenden Löcher an den Wänden und in der Decke, was jedoch beiden nichts ausmachte. Alex jedenfalls nicht. Seine Körpertemperatur war ja eh kalt und somit konnte er durch Schnee, Regen oder Hagel laufen, ihm würde es bestimmt nichts ausmachen.
Corey hatte sich im Schneidersitz auf die Decke und neben Alex, der auf dem Rücken lag, gesetzt. ,,An die Geschehnisse heute." Sie seufzte leicht. ,,Und an meinen Vater." Alex legte sich, auf seinen Arm gestützt, auf die Seite. ,,Du wirst schon damit klar kommen." ,gab er neutral und achselzuckend zurück, ganz so, als wäre das alles kein Problem. Doch für Corey war es eins. ,,Und woher willst du das wissen?" ,fragte sie trocken und hob fragend eine Augenbraue. ,,Weil du Corey bist." Er lächelte leicht, während er ihr seinen Kopf zu wante. ,,Das ist dein Ding." ,,Mein Ding?" Sie legte ihren Kopf schräg. ,,Und was ist mein Ding genau?" Leise lachend betrachtete er sie. ,,Du schaffst so manches, auch wenn es oft aussichtslos scheint." Die Lippen zusammengepresst lauschte sie weiter seinen Worten, doch auch wenn es nicht so auszusehen schien, Alex Worte lösten ein ungewohntes Kribbeln in ihrer Magengegend aus. ,,Und stimmst Leute fröhlicher, oder eher freundlicher. Vielleicht ist es das, was du als Auserwählte kannst, aber für mich, bist das ganz allein du." ,,Aber ich mache doch nur Probleme." ,meinte sie zweifelnd und wollte dem Worten ihres Freundes und Helfer keinen Glauben schenken. ,,Ich lasse Mom alleine Zuhause, hetzte diese Schatten der verfluchten Seelen auf dich und mich, bringe verfluchten Kreaturen verzweifelte Hoffnung für ein besseres Leben und bringe dich in Gefahr, nur weil du immer bei mir bist und auf mich acht gibst." ,,Hey." Alex grinste schief. ,,Das ist mein Job. Denkst du, ich würde hier liegen, wenn ich kein Helfer wäre? Nein, oder? Weil ich dich nämlich dann niemals kennengelernt hätte. Ich habe mich freiwillig für dich gemeldet, weil ich dir ein guter Helfer sein wollte." Er stockte kurz. ,,Aber ein noch besserer Freund."
Schweigen herschte zwischen ihnen, bis Corey ein leises 'Danke' hervorbrachte. ,,Na komm." Alex robbte etwas zu ihr rüber und versuchte somit die anbahnende peinliche Stille zu verhindern. ,,Ist dir kalt?" ,,Ein wenig." ,gab Corey zu und legte sich Näher an Alex, der seine Arme einladend ausgestreckt hatte und ihr somit seine Wärme anbot. Zufrieden ließ sie sich in die Umarmung ihres besten Freundes gleiten, welche, ihrer Meinung nach, schon zu lange her war. ,,Danke." ,flüsterte sie ein weiteres Mal. ,,Wofür bedankt du dich denn immer?" Alex Brust bebte leicht, wegen sein Lachen. ,,Dafür, dass du da bist." ,gab Corey schlicht zurück und schloss ihre münden Augen. ,,Mach dir keine Gedanken mehr." Es raschelte leicht, Alex hatte sie dichter aneinander gedrückt. Doch es störte Corey nicht. Sie konnte die Nähe eines Freundes gut gebrauchen. ,,Schlaf gut." Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Nacken, was ihr, trotz Halbschlaf, noch eine leichte Gänsehaut verursachte, diese jedoch schnell wieder weg ging. ,,Du auch." ,nuschelte sie, ehe der Schlaf ihre Augen zufallen ließ und sie müde in die betäubende Dunkelheit fiel.

Das Lied der AuserwähltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt