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Als sich Corey mühsam am Rand des Sees hochstemmte, zitterten ihre Arme bedrohlich und schienen am glitschigen Stein fast abzurutschen, doch glücklicherweise konnte sie gerade noch ein Bein über das Ufer schwingen, ehe ihre Arme einknicken. Keuchend zog sie sich mit aller Mühe weiter über den Rand und ließ sich dann auf den kalten Höhlenboden fallen. Ihr Herz pochte stark wegen dem Adrenalin, als hätte sie gerade einen 200 Meterlauf hinter sich gebracht und wäre nun im Ziel a gekommen. Hustend versuchte sie das Wasser vom See aus ihrer Lunge zu bekommen, welches sie ausversehen geschluckt hatte, als sie so plötzlich wieder im See erschienen war. Doch sie wollte nicht lange bleiben, sie musste Alex und Lee Bescheid sagen und ihnen alles erzählen, was sie über die Auserwählten erfahren hatte. Schwankend erhob sie sich, drohte jedoch fast wieder umzukippen, als ein plötzlicher Schwindelanfall sie überkam und sie schwankte. Wie sollte sie es in diesem Zustand zu ihren Freunden schaffen? Als sie endlich auf die Füße kam, schien ihre komplette Kraft, die sie nach ihrem Bad im See übrig hatte, aufgebraucht zu sein, doch trotzdem trat sie einen wackeligen Schritt nach dem anderen aus der Höhle hinaus. Sie wusste nicht, ob sie dort noch etwas gefunden hätte, aber nachdem sie in einem schwarzen Nichts geschwebt und erfahren hatte, dass sie nicht die einzigste Auserwählte war, die das Land retten muss, konnte sie nicht mehr dort bleiben. Sie brauchte nun ihre Freunde. Wie schon auf dem Weg hin tastete sie sich den dunklen Weg entlang, halb stützte sie sich ab. Der Tauchgang am See hatte an ihren Kräften gezerrt. Blindlings stolperte sie wie zuvor durch den Gang, es war kalt, sie wusste nicht, wie lange sie fort gewesen war. Endlich breitete sich der Gang aus und endete wieder in die weite, große Höhle. Obwohl Corey das Gefühl hatte, sie konnte keinen weiteren Meter laufen, verspürte sie einen tiefen Drang, hinauszugehen und loszuziehen. Eine Kraft schien schlagartig durch ihren Körper zu strömen, die zuvor noch nicht da gewesen war. Ganz plötzlich hörten ihre Beine auf zu zittern, sie konnte wieder klarer sehen und nun rannte sie los, weiter durch den dunklen Tunnel, ignorierte die Steine vor ihr, über die sie fast stolperte und tastete sich mithilfe ihrer Hände, die an den Felsen noch Halt suchten, zum Ausgang. Sie begann nach Alex zu rufen, noch ehe sie den Ausgang erreicht hatte. Das Licht blendete sie schlagartig, sie kniff die Augen zusammen, rannte jedoch sturr weiter und hielt die Arme ausgestreckt. ,,Corey!" ,hörte sie Alex überrascht rufen, als sie in ihn hineinrannte und er sie verdutzt mit den Händen an den Schultern packte. Hastig blinzelnd sah sie zu ihm auf, ihre Augen tränten wegen dem hellen Licht, doch sie gewöhnte sie langsam daran. ,,Alex." ,keuchte sie erleichtert und doch eine Spur verwirrt und zog ihn in eine Umarmung. Er legte sein Kinn auf ihrem Kopf ab und drückte sie ebenfalls besorgt. ,,Corey, was ist los? Warum bist du wieder zurückgekommen?" Er schob sie von sich, begutachtete sie erstaunt und Corey war nun vollends verwirrt. ,,Warum ich zurückgekommen bin?" Sie lachte erstaunt. ,,Ich muss euch doch erzählen, was ich erfahren habe." Sie blickte an Alex vorbei. ,,Wo ist Lee?" ,,Warte, warte, warte." Alex Hände schlossen sich fester um ihre Schultern, sodass Corey überrascht zu ihm zurücksah. ,,Du warst nicht mal fünf Minuten fort. Gleich nachdem du verschwunden warst haben Lee und ich uns hingesetzt und wollten auf dich warten." Coreys Stirn legte sich nachdenklich in Falten, als sie Alex Gehör schenkte, doch sie schien es nicht recht glauben zu wollen. Alex redete weiter: ,,Es ist merkwürdig, dass du schon so früh zurück bist, aber vielleicht, ja, vielleicht kann es sein, dass die Zeit in der Höhle stehen geblieben ist, während sie für uns hier draußen weiterlief." Begeistert funkelten seine Augen. ,,Lee, komm her! Corey ist wieder da!" Ein Knacken ertönte, dann ein Rascheln und schließlich schob sich Alex bester Freund aus dem verwachsenen Dickicht. ,,Schon?" Er klopfte sich sorgfältig den Dreck von der Hose und lächelte dann in die Runde. ,,Ich habe mir schon gedacht, dass irgendwas magisches an diesem Orakel sein muss. Ich meine, wenn nur Auserwählte es betreten können." Seine Hand fuhr durch das blonde, strubbelige Haar, während er die andere Hand lässig an die Hüfte legte. ,,Was hast du herausgefunden?" ,fragte er neugierig und schlagartig konnte Corey es nicht mehr erwarten ihnen von den anderen Auserwählten zu erzählen. Sie drei ließen sich Nahe dem Orakel auf einem Baumstamm nieder und Corey fing an im Schnelldurchlauf ihnen alles zu erklären, ließ ab und zu ein paar Bemerkungen über die unheimliche Schwärze dazwischenrutschen und fuchtelte ununterbrochen mit ihren Händen, was sie zwar anspornte, aber nicht abregte. Als sie endete herschte lange Schweigen zwischen den Freunden, Stille, in der sie abwechselnd von einem Freund, zum anderen blickte, doch je länger beide schwiegen, desto unsicher wurde sie. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. ,,Was ist?" Die Verwirrung konnte man deutlich aus ihrer Stimme heraushören. ,,Es ist doch eigentlich recht simpel. Wir reisen in die Menschenwelt, suchen mithilfe von Wanderportalen nach den anderen zwei Auserwählten und bringen Sie zum Orakel, damit sie herausfinden können, was ihre Kräfte sind. Das wären dann ein Schwert und ein Amulett." Gerade noch rechtzeitig bekam sie den Blick, den sich Lee und Alex zuwarfen, mit. ,,Corey, so einfach ist das nicht." ,fing der blonde Junge an und für einen kurzen Moment fiel der zweiten Auserwählte wieder ein, dass er doch eigentlich blind war. Sein Blick glitt leicht schräg zur Seite, als er ihr in die Augen sah. ,,Wir können nicht einfach in die Menschenwelt reisen und nach den anderen zwei Auserwählten suchen. Denke doch mal an die Schatten der verfluchten Seelen. Wir sind nur zwei Helfer und eine Auserwählte-" ,,Du hast ja gesehen, wieviele uns angreifen wollten, als wir mithilfe des Wanderportals ins Dämmerungsland gereist waren. Sie wurden fast wie magisch davon abgezogen." ,warf Alex dazwischen. ,,-wir drei hätten keine Chance gegen zwanzig von denen." ,beendete Lee pikiert. Coreys aufgeregte, freudige Miene bekam Risse, die bei jeder einzelnen Kritik der beiden Jungen zu brechen schien. War es möglich, dass sie sich in allem getäuscht hatte? Vielleicht war sie doch nicht bereit dazu. Konnte es wirklich sein, dass alles den Bach herunter ging und sie nur am Uferrand stehen und zusehen konnte? Was wäre, wenn sie schlussendlich für den Untergang des Landes Schuld wäre? Wo war der Funke Hoffnung, der bis eben noch vorhanden war, hingesprungen? War er erloschen? In der Strömung der Verzweiflung einfach untergegangen? Bitter lachte Corey auf. ,,Ich glaube nicht, dass die Schatten in der Menschenwelt ein Problem darstellen werden. Sie haben sich mit den Verrückten, den Höllenpferden und den Scharlatanen verbündet und warten nun irgendwo darauf, dass der perfekte Schutzwall, der uns von ihnen abschirmt, unbeaufsichtigt ist, um zuschlagen zu können." ,,Was? Wo?" ,rief Alex alarmiert und riss seine Augen überrascht auf. Ach ja, dachte Corey schuldbewusst. Das hatte ich ja ganz vergessen zu sagen. ,,Diese Stimme hat gemeint, dass ein Bündnis entsteht, welches mächtig und sehr gefährlich für das Dämmerungsland sein kann." Seufzend rieb sie sich die Augen. ,,Irgendwas planen sie, Jungs." Müde und bedrückt wanderte ihr Blick über den Waldboden zu ihren Füßen. ,,Und wir brauchen die Auserwählten. Ich brauche sie." Plötzlich fühlte sie sich den Tränen nahe. Das Bad im See hatte sie erschöpft, ihr Kopf dröhnte und die grausamen Bilder, die den Untergang des Landes symbolisiert hatten, genauso, wie die verzweifelten Ideen machten sie schwach. Schwächer als sonst. ,,Ich schaffe das nicht alleine." ,flüsterte sie und spielte wütend auf sich selbst mit den Reißverschluss ihrer Jacke. Sie versuchte sich abzulenken. ,,Und wenn es noch weitere Auserwählte gibt, dann werde ich sie suchen." Trotzig hob sie den Blick, starrte vorwurfsvoll zu Alex, der sich vorbeugte und ihren Rücken streichelte. ,,Du bist nicht alleine, Corey. Das wirst du niemals sein. Das werde ich nicht zulassen." Lee nickte zustimmend. ,,Wir werden schon einen Weg finden, um die deines gleichen zu uns zu bringen." Corey wurde es leicht unangenehm. Sie wollte nicht schwach wirken, vor den anderen. Was sie jedoch soeben getan hatte, dafür war sie selbst schuld. ,,Wo werden wir als nächstes hingehen?" ,versuchte sie das Thema zu wechseln, während sie sich langsam erhob und den anderen somit zeigte, dass sie um keine weitere Kommentare über ihre momentane Angst bittete. Sie konnte sich zwar immer wieder vorstellen, wie sie versagte, aber sie konnte auch von ihren Taten lernen. Wie hieß es so schön? Lerne von der Vergangenheit, träume von der Zukunft, aber lebe in der Gegenwart. ,,Am besten gehen wir jetzt zurück zum Schloss." ,schlug Lee vernünftig vor, er ging auf ihre stumme Bitte ein, wofür sie dankbar war. ,,Wir könnten den König fragen, ob er eine Ahnung hat, wie wir am besten die anderen zwei Auserwählten finden." Zutimmend nickte Corey, während sie zu Alex sah, der sie musterte. ,,Hoffen wir mal, dass uns kein Höllenpferd auf dem Weg überrascht." Er lächelte schulterzuckend und Corey konnte ihm da nur recht geben. Er streckte die Hand aus und seufzte theatralisch, sodass Corey ihm amüsiert hochhalf. ,,Fettklops." ,witzelte sie frech und knuffte ihn in die Seite. Spielerisch schlang er einen Arm um ihre Schultern und zog sie Näher an sich, sodass sie gegen seine Brust prallte. Corey zischte leise, ihr Herz klopfte auf einmal so viel schneller. Alex lenkte sie auf eine unbekannte, sie wusste es noch nicht so genau, aber vielleicht sogar angenehmen Weise ab. Und Ablenkung von ihren Gedanken konnte sie gut gebrauchen.

Das Lied der AuserwähltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt