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Coreys Sinne konnten nichts anderes als vollkommene, beängstigende Schwärze ausmachen, die sie umgab. Sie war wie betäubt, konnte sich kaum bewegen, nur ihre Augen drehten sich wild in ihren Augenhöhlen umher und versuchten etwas im undurchdringlichen Nichts zu erkennen, was sich jedoch als unmöglich entpuppte. Als sie den Mund aufmachen und Worte hinausschreien wollte, entkam kein einziger Ton ihrer trockenen Kehle. Für sie schien es so, als schwebte in einem dunklen Meer, dass ihre Stimme ersticken und ihre Bewegungen stoppen ließ, dabei war sie doch nur in den kleinen See, in der Höhle -das angebliche Orakel- gestiegen, auf der suche nach Antworten für ihre unsicheren Fragen. Corey konnte keinen Boden, keine Wände erkennen und ihre Stimme konnte die unerträgliche Stille auch nicht zerstören. Sie fühlte sich hilflos. Wie sollte sie etwas herausfinden können, wenn sie ihren Körper nicht spüren konnte und keine Ahnung von ihrem jetzigen Standpunkt hatte? Wie sollte sie hier, in dieser Schwärze, herausfinden können, wie sie die Kreaturen und das Dämmerungsland retten kann? Einzig ihre Augen und ihr wild pochendes Herz schienen das lebendige in diesem Meer aus schwärze zu sein. Hatte die helle Gestalt in der Höhle, die so plötzlich aufgetaucht war, sie etwa angelogen? Daran wollte sie nicht einmal denken. Corey glaubte schon, dass Stunden vergangen sein mussten, als sich endlich was vor ihr tat und die bedrohliche Schwärze schien zurück zu weichen und platzt für ein kleines Lichtlein zu machen, das geisterhaft ihr entgegen flog. Hätte sie ihre Arme spüren können, geschweige denn sich bewegen können, hätte sie sie dem Licht entgegengestreckt. Doch nun musste sie einfach still zusehen, wie das Licht knapp einen Meter vor ihr zum Halt kam und sich ausbreitete. Es entfaltete sich immer weiter, bis ihr komplettes Sichtfeld hell erleuchtet war und sie keinen schwarzen Fleck mehr ausfindig machen konnte. Geblendet von dem Licht kniff sie die Augen zusammen und versuchte dennoch herauszufinden, was sich vor ihr abspielte. Ganz langsam verdunkelte sich das Licht wieder, wurde jedoch nicht wieder schwarz, sondern Farbtupfer erschienen vor ihren Augen. Nun schwebte ein blasses, aber sehr großes Bild vor ihren Augen, dass wie ein Fernseherbild vor ihr flackerte. Sie wartete auf eine Regung, oder ein Bildwechsel. Plötzlich schimmerte das Bild und wechselte die Farben von Rot, zu Braun und dann zu Blau, dazu sprach eine Stimme laut: ,,Vor hunderten von Jahren wurde ein Fluch auf das Dämmerungsland und dessen Bewohner ausgesprochen, mit der Prophezeiung, dass nur die Auserwählten das Land retten können. Seitdem versuchten die Kreaturen mit dem Fluch zu leben und wurden seitdem die Verfluchten genannt. Doch der Fluch erwies sich als gefährlich, als die ersten Verfluchten verrückt wurden, starben und zu Schatten der verfluchten Seelen wurden. Sie verbreiteten Angst und Schrecken, was dazu führte, dass ausgebildete Helfer die Auserwählten suchen und ins Dämmerungsland holen sollten. Bisher sind nur zwei Auserwählte aufgetaucht und nur eine davon ist noch am Leben." Im Bild bildeten sich Formen und bald konnte Corey Gestalten erkennen. Es waren Schatten. Sie krochen durch den Immerwald, ein schwarzer Nebel waberte hinter ihnen her und verblasste nur langsam, sodass der Nebel den Boden berühren und ihn verbrennen konnte. Übrig blieben nur die verbrannten und verrauchten Gräser des Waldbodens. ,,Doch etwas geschieht im Immerwald, was keiner vorraussehen konnte." ,fuhr die Stimme fort und Corey hielt gespannt den Atem an. Das Bild wechselte erneut und legte eine riesige Lichtung frei, welche überseet von schwarzen Nebel und düsteren Wesen war. Sie schnappte erstaunt nach Luft. ,,Die Höllenpferde und die Scharlatane." ,flüsterte sie und musterte eines der dunklen Wesen, welches auf der Wiese hin und her lief. Der Mantel flatterte geisterhaft um die Füße, die langen Finger tippen angespannt gegen ihn und das Höllenpferd stieß immer wieder ein Schnauben aus. ,,Ein Bündnis entsteht, welches mächtig und sehr gefährlich für das Dämmerungsland sein kann." Corey schluckte schwer. 'Wir werden es verhindern', hatte Sam gesagt, ehe sie Alex angegriffen und später von Lee durch einen Dolchhieb getötet wurde. Ein Bündnis entsteht nicht, es wurde bereits geschlossen. ,,Jeder Auserwählte muss zum Orakel reisen und die Kraft, die ihnen vom früheren König gegeben wurde, wird zum Vorschein kommen." Nun zeigte das Bild vor Corey ein schwarzes Symbol, einen Notenschlüssel, er drehte sich langsam im Kreis und im Hintergrund sah man weißen Nebel empor steigen. Sie wartete darauf, dass die Stimme, die ihr soeben etwas sehr hilfreiches erzählt hatte, weiterfuhr, doch es blieb still. Corey musterte angespannt den Notenschlüssel, der etwas zu real für sie wirkte. Sie war so beschäftigt mit starren, dass sie garnicht gemerkt hatte, dass sie hinabgeglitten war. Ihre Füße trafen den weißen, kaum sichtbaren Boden, erschrocken stolperte sie vor und hielt sich gerade so noch auf den Beinen. Sie konnte sich endlich wieder bewegen. Zögerlich schritt sie auf das schwarze Symbol zu, dabei verspürte sie jedoch kein Unbehagen, sondern einfach nur Gewissheit. Sie musste diesen Notenschlüssel berühren. Es zog sie förmlich an. Ihre Hand streckte sich zögernd aus und sie hielt den Atem an, als fast ihre komplette untere Armhälfte durch den Notenschlüssel hindurch glitt und leicht kribbelte. Das schwarze Symbol leuchtete hell auf, so hell, dass sie die Augen zukneifen musste. Als sie sie wieder öffnete war der Notenschlüssel verschwunden und mit ihm anscheinend auch wieder die Schwerkraft, denn Corey konnte ein weiteres Mal wieder keinen Boden unter den Füßen spüren. Sie erwartete neue Informationen, doch stattdessen blitzen helle Bilder in ihrem Kopf und ihren Gedanken auf. Keuchend wollte sie sich an ihrem Kopf fassen, was jedoch nichts brachte, denn sie war wieder wie gelähmt und konnte nur die Augen schließen und den Bildern, im Stillen, freien Lauf lassen. Ensetzliche Bilder folgten von einen auf den anderen, ein wilder Kampf, hunderte von Verletzten und Blut, das den Boden bezog. Frustriert schrie Corey in Gedanken auf, ihre Augen taten vom zukneifen langsam weh, doch sie hörten nicht auf. Der wilde Kampf endete in einem grauenvollen Krieg, die hunderten Verletzten lagen in Massen tot auf dem Boden und das Blut auf dem Boden schwappte nun in Wellen gegen kahle graue Felsen. Corey wollte das nicht sehen. Sie wollte nicht die Folgen eines Krieges oder den Untergang des Dämmerungslandes sehen, welches vielleicht auch einzig ihre Schuld sein konnte. Doch so plötzlich die schlimmen Bilder kamen, genauso schnell ebten sie auch ab und zeigten nun nurnoch drei kleine Symbole, die, genauso wie der Notenschlüssel zuvor, sich langsam im Kreis drehten. ,,Ein Lied, ein Amulett und ein Schwert." Die Stimme fing wieder an zu erzählen, doch leiser und bedächtiger als zuvor. ,,Heilung, Schutz und Kampf." Ihr lief es kalt den Rücken hinab. Was hatte das zu bedeuten? ,,Corey McDiver sie haben nun ihre vollständige Gabe erhalten, die sie zu einer Auserwählten und Retterin macht. Benutze sie mit bedacht." Das Bild der drei Symbole löste sich in Luft auf und vermischte sich mit dem weißen Licht im Hintergrund. Corey hatte nicht einmal Zeit gehabt zu blinzeln, da klatschte plötzlich Wasser gegen ihren Körper, drang in ihren vor Schreck aufgerissenen Mund und sie kniff die Augen zusammen, sodass sie nicht mit dem Seewasser in Berührung kamen. Hektisch strampelte sie sich nach oben, versuchte an die Oberfläche zu kommen, die ihre Lungen gerade bitter nötig hatte. Keuchend schnappte sie nach Luft, als sie durch die Oberfläche brach und blinzelte die Wassertropfen aus den Augen, um etwas erkennen zu können. Das kalte Wasser im See drang ihr durch Mark und Bein, ihre Zähne klapperten laut aufeinander und sie schwamm unbeholfen zum Ufer. Schwerfällig hiefte sie sich den Rand hoch und klammerte sich hustend fest, um nicht abzurutschen. Ihr Kopf dröhnte von den neu erlangten Informationen und sie konnte es einfach immer noch nicht fassen. Sie war nicht die einzige Auserwählte, die das Land retten musste. Es gab noch zwei weitere. Und für sie war eines klar.
Sie musste sie suchen.

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Lg. thoughtsgirl

Das Lied der AuserwähltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt