Sie verließen das Haus, indem Corey aufgewachsen war, gegen Tagesanbruch. Jedoch mit doppelt so viel Gebäck, wie sie gekommen waren. Coreys Mom hatte es sich nicht nehmen lassen, jeden ihrer Rucksäcke mit reichlich Proviant und nützlichen Sachen zu füllen, was ihre Tochter mit einem Augenverdrehen quittiert hatte, die Jungen waren jedoch von der Gutmütigkeit der Frau hellauf begeistert. Und auch, als sie sich die Jacken und Mäntel überstreiften, reichte sie jedem der drei noch einen Schal, der Coreys Meinung jedoch zu viel des Guten war.
,,Deine Mutter ist echt nett Corey." ,meinte Lee, als er sich umgedreht und Miss McDiver zugewunken hatte. ,,Wenn wir die Auserwählten in den nächsten Tagen nicht finden sollten, könnten wir ihr ja vielleicht wieder einen Besuch abstatten. Sie scheint mir so allein." Das Mädchen neben ihm seufzte betrübt und hätte gerne etwas anderes behauptet, doch es stimmte. Ihre Mutter war alleine. ,,Und deswegen fühle ich mich auch so schlecht, sie hat meinen Dad verloren und nun muss sie mit der Angst, dass ich vielleicht für immer verschwinden könnte, leben. Wenn sie mich verlieren würde, wäre sie ohne jede Umschweife allein."
Dicke Wattefetzten zierten den grauen Morgenhimmel, der Geruch von Regen erfüllte die Luft und machte jedermans Laune trüb und lustlos, so auch Coreys, die den Drang spürte, einfach alles vergessen und bei sich Zuhause bleiben zu wollen. Mal wieder. Doch das konnte und durfte sie nicht. Sie war gefangen zwischen dem Richtigen und dem Leichten, wobei letzteres sich so verlockend anhörte und doch ersteres mit hochgezogenen Augenbrauen sie warnend anstierte. Und so wagte sie es nicht, sich der leichteren Entscheidung zu nähern und womöglich Hand an ihr zu legen, da ihre Vernunft und auch ihre Verantwortung ihr zu laut entgegen riefen, es nicht zu tun.
,,Nun gut, dass sie dich nicht verlieren wird." ,warf Alex hastig hinzu und sein warmer Blick auf ihren Rücken verursachte ein zufriedenes Kribbeln in ihrem Körper. Zögernd lächelte Corey und schloss aufseufzend die Augen. ,,Aber manchmal kann man nichts gegen sein Schicksal tun, Alex. Manchmal ist es einfach das beste es zuzulassen."
Lee ließ ein verächtlichen Laut erklingen. ,,Corey, niemand muss sich an sein Schicksal halten. Du kannst es selbst in die Hand nehmen, denn dein Leben gehört dir. Du bist außerdem die Auserwählte, du bist dazu bestimmt großes zu vollbringen." Bei diesen Worten hoben sich die Mundwinkel des Mädchens ein Stück und dankbar blinzelte sie ein paar Mal. ,,Danke, Lee. Ich weiß deine gutmütigen Worte zu schätzen, doch ist es die Unsicherheit, die mich im Moment so in den Wahnsinn treibt."
Die drei Freunde bogen in eine andere Straße ein, das Haus von Corey hatten sie somit hinter sich gelassen und nun erstreckte sich weiter vor ihnen der Park, durch den Corey und Alex früher immer gemeinsam gelaufen waren. ,,Die Beüdenken, dass ich es womöglich nicht schaffen könnte, sind so intensiv, dass ich am liebsten alles hinschmeißen würde." ,erklärte sie wahrheitsgemäß und senkte beschämt den Kopf und starrte ihre Fußspitzen an.
Die Jungen warfen sich besorgte Blicke zu, beide wussten, dass die Aufgabe nicht leicht sein würde und doch konnten sie nicht viel mehr tun, als Corey mit aufmunternden Worten aufrecht zu halten. ,,Kein Held ist je vom Himmel gefallen, Corey." ,lächelte Alex und legte einen Arm um ihre Schulter, was sie dazu veranlasste hoch zusehen und sie schluckte bei dem intensiven Blick, den ihr bester Freund ihr gab. ,,Erwarte nicht sofort zu viel von dir, vergiss nicht. Wir und auch die anderen beiden Auserwählten sind da und wir werden an deiner Seite kämpfen, komme was wolle."
Im Park war es wie immer kühler, als außerhalb und so zog Corey ihren Schal fester um ihren Hals und steckte die kalten Hände in ihre Jackentasche. Ihre Augen musterten die kahlen Bäume, die, obwohl es Frühling war, einen merkwürdigen Kontrast von grau und dunkelbraun vorwiesen und nicht so farbenfroh wirkten, wie die außerhalb des Waldes.
,,Hier habe ich zum ersten Mal in meinem Leben zwei verfluchte Seelen gesehen.", murmelte Corey leise, ja fast ehrfürchtig und starrte den Kiesweg vor ihren Füßen an. ,,Echt? Davon hatte mir Alex noch nichts erzählt." ,antwortete Lee ihr überrascht und auch eine Spur anklagend. ,,Ach, es war nicht wirklich gefährlich oder so, wenn du das meinst. Die Schatten der verlorenen Seelen hatten von einem älteren Ehepaar Besitzt ergriffen, als ich sie ansah, da hatten sie unnormal spitze Zähne im Mund. Da war mir noch nicht klar, dass ich in die Augen von denen blickte, die mich töten wollen."
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Das Lied der Auserwählten
FantastikCorey und Alex. Seit mehr als fünf Jahren Nachbarn und beste Freunde. Corey vertraut Alex mehr, als jemand anderen auf der Welt und das wusste er zu schätzen. Sie wussten alles über den anderen, sie erzählten sich jede Einzelheiten und beschützen s...