24. Kapitel- Ausreiten

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Noah p.o.v.

Meine Füße führten mich, wie selbstverständlich zum Stall. Besser gesagt zu Fleur. Wenigstens eine, die immer für mich da war. Ich setzte mich, mit dem Rücken zur Wand, zu ihr ins Stroh. Hier würde mich so schnell keiner finden.
Fleur kam zu mir und schnüffelte an meinen Taschen. Dieses Mal hatte ich keine Leckerlies für sie eingesteckt. Enttäuscht drehte sie sich weg.
Schön. Dann hatte ich heute wirklich alle verärgert, die mir etwas bedeuteten.

Nach einer Weile hörte ich auf der Stallgasse Schritte. Wieder diese bekannten, federnden Schritte, die ich dachte, so gut zu kennen. Anscheinend würde mich hier doch schnell jemand finden.

Vorsichtig öffnete Leila die Boxentür und begrüßte kurz Fleur. Danach ließ sie sich neben mich fallen. Bei ihrer Berührung zuckte ich zusammen. Ich fühlte nicht mehr dieses wohlige kribbeln, sondern richtige Stromschläge, die mir förmlich drohten, mich fern zu halten. Ich rutschte ein Stück weg.

"Noah ich weiß jetzt Bescheid.", fing sie an.
Ich starrte zu ihr und wartete auf genauere Ausführungen.
"Jona hat es mir erzählt.", erklärte sie.
So so.

Aber halt mal. Was hatte er ihr erzählt?
"Aber das brauch dir überhaupt nicht peinlich zu sein, das ist doch heute ganz normal.", meinte sie nun.
Jetzt war ich ernsthaft verwirrt. Was wollte sie denn?

Ich sah sie an und überlegte, was ich davon halten sollte. Da streckte sie mir die Hand entgegen.
"Ich weiß ja jetzt was los ist. Also, Frieden?", fragte sie.
Völlig perplex nahm ich ihre Hand. Da waren sie wieder, diese Blitze. Ich zog meine Hand schnell wieder zurück und starrte sie an.

"Aber ein bisschen enttäuscht, dass du dich mir nicht anvertraut hast, bin ich schon.", meinte sie leicht vorwurfsvoll. Irgendwie hatte ich diese Reaktion auf den ganzen Schlammasel, so nicht erwartet.
Ich murmelte ein leises "kommt nicht wieder vor." und anscheinend gab sie sich damit zufrieden.

Aber die Situation war mir dann doch zu komisch. Ich stand auf und verließ verwirrt den Stall.

Draußen lehnte Jona an der Stellwand und beobachtete mich. Schnurstracks schritt ich auf ihn zu. Eigentlich wollte ich mich ja von ihm fern halten, aber das musste jetzt geklärt werden.
"Was hast du ihr erzählt?", herrschte ich ihn bedrohlich an.
Er zwinkerte mir zu und klopfte mir, zunehmend sarkastisch, freundschaftlich auf die Schulter.
"Ach, find das mal schön selbst heraus, kleiner.", murmelte er leise, drehte sich um und ließ mich stehen.
Vielen Dank für die Antwort.

Jona p.o.v.

Langsam betrat ich den Stall und folgte dem Gang. Ich sah in jede Box, bis ich schließlich Leila entdeckte. Sie stand neben einem großen, schwarzen Pferd und striegelte es. Bemerkt hatte sie mich noch nicht und so Schlich ich mich weiter an sie heran, bis ich ganz nah zu ihrem Rücken stand.

Ihr Zopf wackelte bei jeder streichenden Bewegung ihrer Hand. Langsam streckte ich auch meine Hand aus und schob ihn zur Seite. Dann gab ich ihr vorsichtig einen Kuss auf den Nacken.
Sie zuckte kurz zusammen und drehte sich zu mir herum.
"Jona! Erschreck mich doch nicht so.", meinte sie leise.
Ich lachte ein wenig. Im Zwielicht sahen ihre Augen richtig grün aus, sie glänzten wie zwei Smaragde.
Sie sah auch in meine Augen und ich konnte förmlich ihr Verlangen spüren.

Sie gab dem nach und küsste mich. Ihre Lippen waren so weich und warm. Wir befanden uns in einer eigenen Welt.

Nach einer Weile trennte ich mich von ihr.
"Ich muss gehen.", flüsterte ich und verließ, ohne ein weiteres Wort den Stall.

Leila p.o.v.

Ich drehte mich wieder zurück zu Midnight und bürstete sie weiter. Meine Gedanken schweiften ab, zu Jona. Diese Küsse waren einfach der Wahnsinn, so leidenschaftlich, so voller Energie. Unbeschreiblich.
Er machte mich zum wohl glücklichsten Menschen dieser Erde.

Als ich gerade fertig war, kam Noah in die Box.
"Hey, hast du Lust auf ausreiten?", fragte er mich betont freundlich.
Ich war froh. Anscheinend war er wieder zu seinem altem Selbst gekommen.

Begeistert nickte ich. Jona hatte mir meine Lebensfreude wieder gegeben, die ich für kurze Zeit verloren hatte.
"Schwimmen?", fragte er mich mit einem Blick nach draußen.
Ich überlegte kurz. Es war nicht mehr ganz so warm und der Himmel sah auch ziemlich unfreundlich aus, also schüttelte ich den Kopf.
"Nein lieber nicht. Lass uns zu den Kirschbäumen reiten.", schlug ich vor.
-
Wir verbrachten einen tolle Zeit bei dem Ausritt und kamen, zufrieden und mit den Bäuchen voller Kirschen von unserem Ausflug zurück. Nachher würde ich noch einen Gruppenausflug zum See leiten. Zum Glück hatte sich das Wetter eindeutig aufgeklart und die Sonne siegte wieder über die Wolken.

Nach einer Weile kamen dann auch die vier Kinder an, mit denen ich den Ausflug starten würde.
Emma und Joe waren wieder mit dabei, doch auch zwei eher neue Gesichter, die erst kürzere Zeit bei uns angefangen hatten. Lena und Sarah.

Noah und ich halfen, die vier Ponys bereit zu machen, unsere beiden Pferde waren noch gesattelt.
Danach ging es los. Ich hatte Lena auf ihrem Pony am Strick und ritt langsam vornweg, danach kamen Emma und Joe und zum Schluss Noah mit Sarahs Pony am Strick.

Da wir nur langsam machen konnten, dauerte es relativ lange ehe wir endlich angekommen waren. Den Kindern schien es trotzdem Spaß gemacht zu haben, denn alle hatten ein seliges Lächeln auf den Lippen. Das sah ich gern.

Ich ließ Lena absteigen, da ich wusste, dass Hexe, das Pony auf dem sie ritt nicht ins Wasser gehen würde.
Traurig sah sie mich an.
"Kopf hoch, du darfst mal auf meinem rein.", munterte ich sie auf und das freute sie sichtlich.

Mit einem Blick zu Noah meinte ich dann: "Wir müssen unbedingt mal etwas dagegen tun, dass Hexe so wasserscheu ist. Das ist echt immer schade."

Eigentlich hatte keines unserer Pferde Angst vor Wasser, da wir andauernd mit ihnen zum See ritten, aber dieses Pony konnte sich meistens davor drücken. Gerissnes Tier.

Noah sah zu mir und nickte dann.
"Ich bin schon seit einer ganzen Weile dabei, ihr die Angst zu nehmen, aber sie braucht ihre Zeit.", erklärte er und führte zwei Kinder, mitsamt Ponys ins Wasser.
Ich sprang runter, half Lena wieder rauf und brachte sie und Emma hinter Noah ins Wasser.
Wir ließen los und die Ponys schwammen weiter rein ins kühle Nass. Glücklich quietschten die Kinder.
~
Nachdem wir genug hatten und die Ponys aus dem Wasser geholt hatten machten wir uns auf den Rückweg.
Höchste Zeit, denn ich merkte die Kinder wurden langsam müde und als wir auf dem Hof ankamen, standen schon die Eltern bereit, die ihre Kinder abholen wollten.

Glücklich plapperten sie los und erzählten, dass sie heute mit den Ponys schwimmen waren. Ein paar Eltern kamen sogar zu mir und bedankten sich noch einmal. Das freute mich noch mehr und als ich dann Abends im Bett lag, konnte ich auf einen schönen Tag zurückblicken. Diese Gedanken bereiteten mir einen wohligen Schlaf.

Mein Leben ist (k)ein Ponyhof.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt