28. Kapitel- (Beste) Freunde

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Leila p.o.v.

Am Ende der Woche, Freitag um genau zu sein, war ich mal wieder mit June ausreiten. Ich genoss es, mich mit ihr zu unterhalten und dabei mit den Pferden zusammen zu sein.

Das konnte ich zwar mit Noah auch, aber ich hatte ihn die ganze restliche Woche soweit es ging, gemieden und nur noch klar gestellt, dass unser Kuss nichts bedeutet hatte und er es nie jemandem erzählen dürfte.
Die Enttäuschung in seinen Augen war fast unerträglich für mich gewesen, doch ich war jetzt mit Jona zusammen und das glücklich.

Apropos Jona. Das war das Nächste, beziehungsweise er war der Nächste, den ich geheim hielt. Ich hatte einfach diese riesengroße Angst, June zu verlieren, die mir, weil ich Noah ja mied, als meine einzige Freundin hier geblieben war. Doch ich hatte mir fest vorgenommen, ihr so bald wie möglich Bescheid zu geben.

Jetzt ritten wir nebeneinander her, der Hof kam schon langsam in Sicht und ich lauschte ihren Erzählungen über ein Treffen mit Finn, den Freund von Noah, den sie beim Lagerfeuer kennen gelernt hatte. Er schien wirklich ein netter Typ zu sein.

"Und rate mal was? Er hat mich heute Abend in's Kino eingeladen!", erzählte sie gerade aufgeregt.
Glücklich lächelte ich ihr zu.
"Ich freue mich so für dich.", rief ich und hätte sie am liebsten umarmt.
"Danke.", meinte sie selig und sah zu mir rüber.

"Du findest sicher auch noch den Richtigen.", ergänzte sie dann.
Mein Lächeln gefror. Sie ahnte ja gar nicht, dass ich ihn längst schon gefunden hatte, doch ich glaubte, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, mal damit herauszurücken. Früher als gedacht, aber eine bessere Zeit würde ich wohl kaum noch finden.

"Ähm, was das betrifft...", fing ich an, doch sie unterbrach mich mit einem kleinen Kreischen.
"Nein ich wusste es!"
Erschrocken sah ich sie an.
"Was weißt du?", fragte ich.
"Naja ihr habt doch die ganze Zeit fast gar nicht mehr miteinander geredet und da war ja klar, dass da irgendetwas im Busch war.", erklärte sie.

Ich nickte zögerlich. Anscheinend hatte sie schon mehr geahnt, als ich dachte.
"Und du hast damit kein Problem?", fragte ich und hatte wirklich Angst vor der Antwort.

Doch unbegründet, wie sich herausstellte, denn sie schüttelte vehement den Kopf und antwortete: "nein Quatsch. Wieso sollte ich? Ich freue mich so für euch!"

Dieser Satz machte mich so froh. Die ganze Zeit hatte ich dieses riesige Geheimnis mit mir herumgeschleppt, doch hätte es gar nicht gemusst. June war eben doch die beste Freundin, die man sich vorstellen konnte.

"Und? Wann trefft ihr euch wieder? Ich meine er ist ja eh die ganze Zeit auf dem Hof, aber wann geht ihr richtig aus?", fragte sie neugierig. Ich runzelte die Stirn. War er echt so oft bei mir gewesen? Das hatte ich gar nicht mitbekommen.
"Heute Abend. Wir gehen in den Club zum Tanzen.", antwortete ich.
Anerkennend sah sie mich an.

"Das hättest du mir ruhig früher erzählen können. Ich hätte ja nie gedacht, dass er so ein Party Typ ist.", meinte sie und sah mich fragend an.
Ich zog eine Augenbraue hoch. Normalerweise müsste sie ja wissen, dass ihr Bruder total gerne und oft auf Partys herumhing.
"Naja du kennst ihn einfach länger als ich.", fügte sie noch hinzu.
Da musste ich lachen. Was erzählte sie nur heute für wirres Zeug. Sie war halt eben doch ein Spaßvogel.
"Ha-ha genau.", meinte ich sarkastisch, gerade, als wir auf dem Hof ankamen.
June wollte etwas antworten, doch genau in dem Moment verstummte sie.

Ich folgte ihrem Blick und sah einen Jungen, am Rand des Weges zum Hof stehen.
"Finn!", freute sich June da schon und ritt eilig auf ihn zu. Ich folgte ihr langsamer.
"Hey, sorry falls ich euch erschreckt habe.", begann er.
"Hast du nicht.", fiel June ihm ins Wort. Er lächelte ihr zu und redete dann weiter.
"Ich habe mir gedacht, ich hole dich schon mal ab, June und da hat mir Leilas Mutter gesagt, dass ihr hier vorbei kommt.", erzählte er und nickte mir zu.

June sprang runter und umarmte ihn stürmisch. Er hatte schon ordentliche Sachen an und rümpfte die Nase, als June auf ihn zugeschossen kam, in ihren stinkenden Stall- Klamotten.

Er warf mir über ihre Schulter einen flehenden Blick zu. Er wusste genau, dass ich seinen, nicht gerade begeisterten, Gesichtsausdruck gesehen hatte.
Ich grinste ihn an. Ich war keine von den Personen, die wegen so einem Kleinkram Stress machten.

"Ich mach nur noch schnell mein Pferd fertig, dann bin ich da", sagte sie und löste sich endlich von ihm.
Ich verdrehte die Augen.
"Lass, ich mach das. Verzieht euch ihr Turteltauben.", meinte ich gnädig.
June kicherte und drückte mir die Zügel in die Hand. Finn zwinkerte mir dankbar zu und die beiden verschwanden in Richtung Haus. June hatte bei mir übernachtet und ihre Sachen waren noch in meinem Zimmer.

Auch ich sprang jetzt runter und führte die beiden zum Putzplatz. Dort sattelte ich ab und spritzte wie gewohnt ihre Beine mit dem Wasserschlauch ab. Dann brachte ich June's Schulpferd in die Box und war danach auf dem Weg mit Coffee, dem Pferd mit welchem ich ausreiten war, in seine Box.

Doch die war schon belegt. Schnell stoppte ich Coffee, der sonst auf die Person in der Mitte der Box draufgetrampelt wäre.

Langsam erhob sich Noah aus seinem Schneidersitz und lief näher zu mir.
Ich holte tief Luft und führte das Pferd in die Box. Zufrieden suchte es gleich den Boden nach irgendetwas essbarem ab und kümmerte sich nicht mehr um die beiden Menschen, die sich in der Boxentür anstarrten.
"Warum hast du hier gewartet?", fragte ich leise.
"Ich wusste du würdest irgendwann hier auftauchen.", begründete er in der selben Lautstärke.

"Ich kann das nicht mehr. Ich brauche dich Leila.", fügte er schnell hinzu.

Meine Augen flogen über sein Gesicht. Er hatte tiefe Augenringe, was vielleicht daran lag, dass sein Gesicht total bleich war. Er sah aus als hätte er kaum Schlaf bekommen, denn selbst seine Augen hatten ihren Glanz verloren. Mitleidig sah ich ihn an.
"Versteh doch. Ich bin jetzt mit Jona zusammen.", versuchte ich ihm klarzumachen.

Er seufzte.
"Meinetwegen. Aber ich halte es nicht mehr aus, dich auch als Freundin verloren zu haben. Und das ist alles meine Schuld."
Langsam wanderten seine Augen zu meinen.

"Der Kuss ist genauso meine Schuld.", flüsterte ich und bemerkte ein aufblitzen seiner Augen.

"Ich weiß nicht, ob ich dich immer sehen kann, obwohl ich weiß, dass der Kuss für dich so viel mehr bedeutet hat, als für mich.", fügte ich noch hinzu und er ließ traurig den Kopf hängen.
Ich kannte ihn einfach zu gut, um das nicht zu schlussfolgern. Was er fühlte lag ja auf der Hand, trotzdem hatte ich es lange nicht gesehen.

Ich seufzte laut.
"Mir ist unsere Freundschaft trotz alledem einfach zu wichtig, als dass ich sie einfach so wegschmeißen könnte." Damit war für mich die Sache geklärt.
Ich umarmte ihn kurz, drehte mich um und verließ den Stall.

Bald würde Jona hier auftauchen.

Mein Leben ist (k)ein Ponyhof.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt