8. Die Demütigung

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Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich noch immer im gleichen Saal.
Doch diesmal war ich nicht derjenige, der im Zuschauerbereich stand und auf die Bühne sah. Diesmal war ich es, der die Aufmerksamkeit vieler Fremder -unter anderem auch die, der Vampirsöhne- auf sich zog.

Ich lag in Ketten auf der Bühne. Eingesperrt in einem riesigen Käfig.  Einige meiner Mitschüler befanden sich ebenfalls dort. Schnell fiel mir auf, dass wir alle nackt waren. Vor Scham und Demütigung sah ich in die Augen derer, die uns dies antaten.

Ich zerrte an den Eisenketten; die sich um meinen Hals und an meinen Handgelenken sowie an meinen Füßen befanden. Leider fügte ich mir dadurch nur unnötige Schürfungen an meinen Gelenken zu. Neben mir ertönte das Geweine eines Mädchens. Als ich zu ihr sah, erkannte ich sie wieder. Es war meine Lehrerin. Auch sie war entblößt und den gierigen Blicken der Vampire ausgeliefert, die sich an unserem Leid erfreuten.

Ich spürte wie die Wut in mir zu brodeln begann. Nicht nur meine Lehrerin war diesem Elend ausgeliefert. Auch mein einziger Freund hatte es schwer erwischt. Doch anstatt wie viele andere zu weinen, zu schreien und sich zu wehren, blieb er still. In seinen Augen erkannte ich, dass er fest entschlossen war, nicht nachzugeben. Ich erkannte seinen eisernen Willen! Und auch, dass er unter diesem töten würde. Sein Anblick ließ Mut und Stärke in mir aufbrodeln. Jene bekamen die Überhand über alle anderen Gefühle, die sich zur Zeit wie ein Knäul in mir angesammelt hatten.

Plötzlich wurde es kurz dunkel, bis das Licht wieder anging und auf uns schien. Ich war kurzzeitig geblendet, weshalb ich meine Augen zukniff. Als ich sie jedoch wieder öffnete, sah ich den Rücken des alten Vampirs Vladimir. Seine Söhne blieben als Zuschauer tätig, wobei mir besonders der Blick von Elvithan im Nacken saß.
Ich wollte mir nicht einmal vorstellen wie er meinen nackten Körper gierig in sich aufnahm. Ich wollte ihm nicht zeigen, wie sehr er mich gedemütigt hatte. Ich wollte ihm keine Schwäche zeigen! Denn, wenn man erst einmal seine Schwäche offenbart hatte, dann kannst du dich vor nichts mehr schützen. Nicht vor Menschen und nicht vor Vampiren.

Und genau diese Genugtuung wollte ich Elvithan und auch den anderen perversen Vampiren nicht gönnen!

,,Willkommen Damen und Heeren. Endlich ist unsere Zeit gekommen. Wie werden aus dem Schatten unserer Geschichte treten und hinein in die Welt der Menschen. Wir werden diese niederen Kreaturen das Fürchten lehren und ihnen zeigen  an welchen Platz sie gehören. Und zwar unter uns! Die Wesen der Nacht!
Die Untoten! Ehemalige Menschen, die bis in die Ewigkeit weiter leben werden! Vampire! Unmenschlich schön und unsterblich!

Wir beginnen unseren ersten Schritt zu einer Welt der Vampire durch diese Schule. Wir werden neue Regeln aufstellen. Regeln, an denen die Menschen verzweifeln sollen! Regeln, die ihnen zeigen werden, wo ihr Platz ist! Regeln, die bei einem Bruch mit dem Tod bestraft werden!

Liebe Gäste! Liebe Brüder und Schwestern! Liebe Söhne und Töchter! Es ist die Zeit gekommen, uns zu erheben und unseren rechtmäßigen Platz einzunehmen.

Kommen wir also zum Höhepunkt des heutigen Tages, welcher der erste Baustein für die Schule der Vampire sein wird und auch der erste Schritt zu unserer eigenen Nation. Meine Söhne werden anfangen und ihnen zeigen, weshalb wir hier so zahlreichen beisammen gekommen sind. Also nun meine Söhne darf ich bitten!", beendete der Mann seine Rede und machte auf der Bühne platz für die nächste Generation unter ihm.

Die Generation, die mir bestimmt noch einige schlechte Erinnerungen bescherren wird. Und die, die mir  höchstverscheinlich das Leben nehmen wird. Das Leben wie ich es gekannt hatte.

Und mit diesem Gedanken, schluckte ich den Kloß in meinem Hals herunter und sah dabei zu wie die schönsten Lebewesen, die ich je gesehen habe, die Bühne betraten. 

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