36. Das kann nicht sein!

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Es kam mir noch immer so vor, als wäre alles ein Traum. Als wäre ich nicht gestorben und nie Elvithan noch seinen Brüdern begegnet. Mein Leben spielte sich vor meinem Auge ab. Von der Gegenwart in die Vergangenheit. Bis zu dem Tage, an dem ich geboren wurde.

Ich sah meine Mutter, dessen Gestalt etwas verschwommen war. Sie hatte mich als Baby im Arm und strich mir liebevoll über die Wange. Ihre Lippen waren zu einem Lächeln geformt, welches
jegliches Wärme in meinem Körper sammelte. Tränen stiegen mir in die Augen, auch wenn ich mir dies vielleicht nur einbildete.

Danach trat mein Vater in das Zimmer, als er mich sah lächelte er und nahm mich von meiner Mutter ab. Noch nie habe ich ihn so glücklich erlebt wie in diesem Moment.
Ich kannte ihn nur als einen schlechten Vater, der mich schlug, wenn ihm etwas nicht an meinem Verhalten passte. Seiner Meinung nach, bin ich schuld daran, dass meine Mutter uns verlassen hatte.

Was als nächstes geschah, konnte ich nicht so gut erkennen. Einst wusste ich aber, mein Vater schien es nicht zu freuen, da er in Tränen und Geschrei ausbrach. Histerisch warf er irgendwelche Worte zu meiner Mutter, während ich in seinen Armen zu weinen begann. Das Gesicht meiner Mutter war verdeckt, weshalb ich nicht erkennen konnte, wie sie darauf reagierte.

Letztendlich erfuhr ich es auch nicht mehr, da das Bild vor mir verschwand und in trostloses schwarz überging. Nirgends war ein Lichtstrahl und erst da kam es mir wieder in den Sinn, dass ich ja eigentlich gestorben war. Doch bevor ich mich diesem Fakt richtig stellen konnte, erschien doch ein Lichtstrahl.
Aus jenem kam eine Person um genauer zu sein eine Frau, meine Mutter. Ihre Umrisse waren so klar wie noch nie. Ich konnte ihr schwarzes Haar erkennen, welches bis zu ihrem Schultern reichte. Ihre Haut war blass wie Porzellan und ihre Augen so blau wie das Meer.
Sie war so wunderschön, dass sie mich an einen Engel erinnerte. Als sie jedoch bei mir ankamen und die Hand nach mir ausstreckte, wurde das weiße Kleid, welches sie an hatte, in ein tiefes Rot gefärbt. Ihre Haut war von Blut beschmiert und sie sah traurig zu mir.

,,Mutter....?", flüsterte ich fassungslos und ergriff ihre Hand, die so kalt war, dass ich bei der Berührung zusammenzuckte. ,,Was hast du?", fragte ich und merkte erst da, dass Tränen aus meinen Augen hinabliefen. Meine Mutter wollte etwas sagen, doch ich konnte keinen Ton verstehen. Einzig alleine ihre Lippen bewegten sich. ,,Mama, was sagst du? Ich kann dich nicht hören?"; sagte ich panisch und versuchte zu verstehen, was sie mir mitteilen wollte.

,,Es tut mir leid...Leonardo!"
Ich brach in Tränen aus. Was sagte sie nur da? Was tat ihr leid?
Verwirrt wollte ich sie darauf ansprechen, sie näher an mich drücken, sie festhalten. Doch leider schüttelte sie nur den Kopf und meinte:,, Du musst mich gehen lassen! Du wirst es mit der Zeit verstehen. Aber bis dahin musst du weiterleben, auch für mich, denn meine Zeit ist schon angelaufen. Du bist zu einem wunderschönen Sohn herangewachsen", sagte sie und war ebenso kurz davor zu weinen anzufangen. ,,Mum, was meinst du damit? Du bist doch noch am Leben!? Du kannst doch noch nicht Tod sein!!!", weinte ich und wurde immer lauter. Meine Mutter sagte daraufhin nichts mehr, dass einzige, was sie noch tat, war sich zu mir nach vorne zu beugen und mir einen Kuss auf die Stirn zu geben, bevor ihr Körper sich in lauter Funken auflöste, die in der Dunkelheit verschwanden. Nun war ich wieder alleine. Verwirrt und verzweifelt in der Dunkelheit gefangen.

Das ich soeben erfahren habe, dass meine Mutter schon gestorben war, traf mich ziemlich hart. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, wachte ich wieder auf. Verwirrt und überrascht sah ich mich um. Ich befand mich eindeutig wieder in der Welt der Lebenden, dort wo ich gestorben war! Eine Frage blieb jedoch:

Wieso lebte ich denn noch?

Verwundert setzte ich mich auf. Mein Kopf pochte als hätte ich tagelang einen Kater gehabt und mein restlicher Körper brannte so heiß wie noch nie. Die Verwandlung zu einem Vampir war ein Witz dagegen gewesen. Meine Sicht war noch intensiver geworden und die Macht floß beinahe nur aus meinem Körper.

Raven und der Fremde sahen mich beide mit weit aufgerissenen Augen an. Ich fragte mich, was sie nur hatten. Immerhin war ich doch noch ich selbst, oder? Besorgt versuchte ich aufzustehen. Die Wunde, die mich eigentlich hätte töten sollen, war verheilt, zurück blieb dennoch eine große Narbe, die sich dirket auf meinem Oberkörper eingebrannt hatte. Und der Schmerz konnte man ebenfalls noch wahrnehmen.
Mit zusammengebissenen Zähnen stand ich nun endlich. Meine Beine fühlten sich noch ziemlich wacklig an, dennoch fasste ich den Mut zu Raven zu laufen. Jeder Schritt verlangte eine Menge von mir ab, doch letztendlich fiel ich in die Arme meines Freundes.

,,Ist alles in Ordnung?", fragte mich jener und strich mir besorgt durch die Haare. ,,Es könnte besser sein!", brachte ich unter Schmerzen hervor und lächelte ihn traurig an. Eine Weile stützte er mich nur, was ich in vollen Zügen genoss. ,,Wieso starrst du so?", fragte ich nach einer Weile, in der er mich nur mit Blicken durchlöchert hatte.

,,Es ist nur so...das...das..!",fing er an, doch schaffte es nicht den Satz zu Ende zu bringen. ,,Was meinst du?", fragte ich und sah zu Raven hinauf. Jener lief rot an und meinte schließlich:,, Deine Haut!" ,,Hähh?", erwiderte ich und sah an mir herab mit der Begründung:,, Was ist mit meiner Haut?" Was ich sah, erschreckte mich. Verwirrt starrte ich meine Hand an, die statt einem hellen Hautton dunkelbraun gefärbt war. Mehrmals versuchte ich meine Haut wieder weiß zu rubbeln. Leider brachte dies nichts.

,,Was ist mit mir passiert?", fragte ich Raven, der unsicher zu Boden sah. Gerade, als ich ihm die Antwort von meiner Frage entlocken konnte, wurden wir von dem Vampirjäger unterbrochen:,, Das kann nicht sein!"
Immer wieder stotterte er diesen Satz vor sich her, bis er mitten im Satz aufhörte und frustriert aufschrie.
Was er als nächstes Tat hätte keiner von uns erwarten können.

Er stützte sich erneut auf uns, doch genau in dem Moment, als er uns verletzen wollte, drehte er sein Schwert um, sodass uns die stumpfe Kante traf. Überrascht sah ich mit an, wie Raven neben mir zu Boden fiel.
In Panik rüttelte ich an seinen Schultern, schrie seinen Namen.
Der Fremde seufzte und meinte:,, Reg dich ab! Er ist nicht tot."

,,Wieso sollte ich dir glauben? Du wolltest mich umbringen!", schrie ich und sah ihn mit Tränen in den Augen an. Ich wusste nicht wieso, aber mental war ich gerade ziemlich am Ende. Was wahrscheinlich an der Erkenntnis lag, dass meine Mutter gestorben war und mein Freund wie eine Leiche unter mir lag. Doch genau machte ich mir darüber keine Gedanken. Meine Gefühle verwirrten mich zu sehr.

,,Oh man. Hätte nicht gedacht, dass du so nervig bist", meinte mein Feind und zog mich am Arm nach oben. Ich knurrte ihn an. Doch meine Kräfte waren noch nicht zurück gekehrt, weshalb ich nichts tun konnte, als er mich über die Schulter warf und mich von meinem Freund wegbeförderte. Ich schrie, dass er mich loslassen sollte, doch er dachte nicht einmal dran, sondern ignorierte meine Beschwerden.

,,Was zur Hölle hast du vor?", fragte ich und bekam sogleich eine Antwort, die mich erstarren ließ:,, Ich werde dich zu deinem Vater befördern! Der Mann, der mich befohlen hat dich zurückzubringen!"

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