Kapitel 40 Teil 1

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Wir saßen noch eine Weile im Auto, denn niemand wollte wirklich auf den Friedhof. Niemand wollte tatsächlich der Tragödie ins Auge sehen und realisieren, dass alle drei tot waren. Stiles hatte sich die Hand vor den Mund geschlagen und stützte sich mit seinen Armen am Lenkrad ab. Ihm ging es furchtbar, man konnte spüren wie sehr es im zusetzte, auch wenn er es nie zugeben würde. Isaac war still geworden. Er hatte sich auf dem Rücksitz klein gemacht und starrte in die Dunkelheit. Und ich saß immer noch mit überschlagenen Beinen auf dem Beifahrersitz, meine Hände waren in meinem Schoß zusammen gefaltet. Die Stimmung war bedrückt, ich wollte irgendwie die ganze Situation auflockern doch es gab keinen Weg der dies ermöglichte. „Leute … ich denke wir sollten allmählich aus dem Auto steigen.“, bemerkte ich leise. Niemand antwortete mir. Ich seufzte. Ich schnallte mich ab und öffnete die Beifahrertür. „Ich gehe jetzt allein, ihr könnt gerne hier drin sitzen bleiben doch das wird euer Leiden nicht mindern.“ Ich schaute Stiles nochmal kurz an, er starrte wie gebannt auf das Lenkrad und Isaac schaute mich durch die Scheibe mit ausdruckslosem Blick an. „Eure Freunde hätten es nicht gewollt, dass ihr so leidet.“, sagte ich leise, schloss die Tür und ging zum mächtigen Tor des Friedhofes. Rost zierte das kunstvoll geschmückte Eisentor. Ich griff mit meiner rechten Hand das Tor und zuckte leicht zurück. Es war eiskalt. Ich zog meinen Jackenärmel vor und ergriff das Tor erneut, mit quietschendem Geräusch schob ich es auf. Ich atmete aus, wobei mein Atem vor Kälte sichtbar wurde. Es war wirklich kalt. Ich lehnte das Tor hinter mir an und trat mit meinem Fuß auf den gepflasterten Weg, der sich durch den gesamten Friedhof zog. Friedhöfe bei Nacht hatten eigentlich immer etwas Gruseliges an sich, doch dieser erschien trostlos. Es gab keine schönen Blumengestecke auf den Gräbern, keine Grabkerzen oder sonstige Beweise, dass vor kurzer Zeit noch Menschen hier waren. Niemand schien sich noch großartig um diesen Ort zu kümmern. Unkraut wucherte zwischen den Fugen der Pflastersteine, verwelkte Blumen lagen tot auf den Gräbern und die Hecken und Sträucher waren von Schädlingen zerfressen wurden. Ich lief langsam den Weg entlang. Ich wusste nicht wo genau ihre Gräber lagen und ich wusste auch nicht wo man ihre Leichen gefunden hatte. Das wussten nur Stiles und Isaac, doch die wollten nicht hier her. Ich konnte ihren plötzlichen Sinneswandel nicht erklären doch daran sollte es jetzt nicht scheitern. Ich suchte die Grabinschriften ab, doch keiner dieser Namen kam mir bekannt vor. Die meisten Leute die hier begraben waren, sind mit sehr hohem Alter gestorben doch dann gab es wiederum diese, die mit Mitte 30 beerdigt wurden.

Ich fuhr mit meiner Hand über einen etwas neueren Grabstein, man erkannte es daran weil er immer noch glänzte und nicht mit Moos überwuchert war. Die Inschrift war mit Dreck überzogen und dadurch unleserlich. Ich wischte mit meinen Fingern leicht darüber. Der Dreck hatte sich in die Inschrift gedrückt, ohne ein Werkzeug bekam ich ihn dort nicht heraus. Ich seufzte, stand auf und betrachtete das Grab noch einmal. Dies war das einzige Grab, dass ich bis jetzt gesehen hatte, dass noch gepflegt wurde. Violette Blumen waren vor dem Grabstein gepflanzt und weiße Grabkerzen zierten das Beet. Ich steckte meine Hände in meine Jackentaschen und seufzte. Es war ein komisches Gefühl unter solchen Umständen auf einem Friedhof zu sein. Immer wieder malte ich mir verschiedene Szenarien in meinem Kopf aus, was an diesem besagten Tag passiert sein könnte. Doch nichts davon erschien mir plausibel. Mir erschloss sich einfach kein vernünftiger Grund warum drei Jugendliche, in einer sicheren Stadt, am gleichen Tag starben, besonders weil sie sich alle gekannt hatten. Mir fiel eine Haarsträhne über mein rechtes Auge, ich ließ sie dort verweilen. Ich wollte – nein- ich musste wissen was passiert war.

„Ich begreife es immer noch nicht, dass sie nicht mehr hier ist. Ich werde sie nie mehr wieder sehen.“, sagte eine unbekannte dunkle Stimme hinter mir. Ich drehte mich langsam um. Einen guten halben Meter hinter mir stand ein Mann, vielleicht Anfang 40 mit Lederjacke. Er hatte die Hände ebenfalls in die Tasche gesteckt und betrachtete mit traurigem Blick den Grabstein. „Das erscheint mir jetzt ziemlich unangebracht, aber wessen Grab ist das hier, Sir?“, fragte ich und sah den Mann an. Sein Blick fiel auf mich, er lächelte schwach. „Das ist das Grab meiner Tochter, Allison.“, antwortete er und betrachtete das Grab erneut. „Mir tut das sehr leid mit ihrer Tochter, Sir.“ Er lächelte wieder. „Nennen sie mich Chris.“, sagte er. Ich lächelte leicht. „Mein Name ist Mable.“, antwortete ich ihm. Er drehte sich zu mir und kam ein Stück näher. „Also, Mable, was machen sie um diese Uhrzeit hier auf dem Friedhof?“, fragte er und sah mich an. Ich seufzte. „Ich versuche mein Leben zu ordnen.“, entgegnete ich. „Hier? In Beacon Hills? Mitten in der Nacht? Auf einem Friedhof?“ Ich nickte leicht. „Sir … Chris, wissen sie was mit ihrer Tochter passiert ist? Ich habe … ein paar Geschichten davon gehört doch ich möchte gerne die Wahrheit erfahren.“ Er hielt einen Moment inne. „Woher kommen sie, Mable?“ Ich schaute ihn überrascht an. „Aus Chicago.“, antwortete ich ihm. „Und was ist der wirkliche Grund warum sie hier her gekommen sind? Hier machen nicht viele Urlaub.“ Ich biss mir leicht auf die Innenseite meiner Wangen. „Es gibt ein paar Sachen die man niemanden anvertrauen möchte.“, sagte ich schließlich. Dann sah er mich an. „So geht es mir mit dem Tod meiner Tochter.“

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Mir fehlt die Zeit um ein 6-Seiten langes Kapitel zu schreiben und da ich nicht drei Wochen nicht updaten wollte, habe ich mich entschlossen Kapitel 40 in verschiedene Teile zu teilen. Ich weiß das Kapitel ist jetzt nicht sonderlich spannend aber ich möchte alles noch ein wenig aufschieben und möglichst viele Details und so reinbringen. Denn ich habe so ein bisschen Angst diese Geschichte zu beenden ...

Jedenfalls ich hoffe euch gefällt es.

The Night With The Thousand EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt