Kapitel 9-Nichtliebeskummer

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Frohes neues Jahr.

Am späten Nachmittag desselben Tages kam ich wieder lustlos nach Hause und ließ mich einfach auf mein Sofa plumpsen. Müde kuschelte ich meinen Kopf zwischen die weichen Kissen und legte meine Füße auf den Couchtisch. Obwohl das viele Sitzen mein Hintern vom langen Sitzen schmerzte, war ich zum Stehen viel zu müde. Wir hatten uns erst spät voneinander verabschiedet, weshalb es mittlerweile schon halb eins war und an diesem Tag erwartete mich der Beginn einer neuen Arbeitswoche! Hoffentlich schlief ich nicht vor meinen Schülern ein und das auch noch so kurz vor den Ferien. Die Fahrt hatte mich sehr erschöpft. Ach was, das gesamte Wochenende hatte mir zu schaffen gemacht, vor allem psychisch. Ich hatte mir immer vorgestellt, wie es wäre, betrogen zu werden, doch ich hatte mir nie vorstellen können, selber mal jemanden zu betrügen und wie sich das anfühlte. Ich hatte das Gefühl, endlich wieder frei atmen zu können, sobald ich mich in mein Auto setzte und so viel Abstand wie möglich zwischen mich und John zu bringen.

Tom war dagegen eine willkommene Überraschung an diesem Wochenende gewesen, im Gegensatz zu der meiner Schwester. In ein paar Wochen würde ich wieder zu meinen Eltern fahren, da stand schon die Hochzeit an. Ich konnte es immer noch nicht fassen, doch ich strengte mich mit aller Macht an, mich für die beiden zu freuen. John musste ich aus meinen Gedanken verbannen, wenn auch aus den Augen unmöglich schien. Oh Gott, ich ahnte schon, was mich dann noch alles erwarten würde. Sophie würde mit mir ein Hochzeitskleid kaufen gehen, ich müsste ebenfalls ein albernes Kleid tragen als ihre Trauzeugin. Einerseits freute ich mich, dass sie mich als ihre Trauzeugin ausgesucht hatte, andererseits konnte ich somit erst recht nicht vor dieser Hochzeit kneifen. Ich kannte Sophie gut genug, um zu wissen, wie sehr sie sich in die Organisation stürzen würde. Ein Nachteil an dem Ganzen, bis auf das schlechte Gewissen und die brodelnde Eifersucht, war Johanna, die gegen jeden meiner Ratschläge steuern würde, ein weiteres Problem. Ich sah schon eine riesige, rosa und weiße Torte vor mir, deren Anblick mich anwiderte und doch mein tröstender Freund auf der Feier sein würde. Kuchen blieb Kuchen. Kuchen war toll. Kuchen und eine Menge Alkohol. Ich fürchtete mich vor dieser Hochzeit und ich hoffte, dass ich nicht so vieltrinken würde, als das es peinlich wird. Vielleicht sollte ich mir eine Therapeutin suchen, bevor ich einen Nervenzusammenbruch erlitt. Ich war kurz davor, einzunicken, da klingelte es schrill an meiner Wohnungstür. Ich versuchte es zu ignorieren, jedoch ließ es auch nach dem fünften Mal nicht nach. Noch bevor ich die Tür öffnete, war mir klar, dass es nur Kate sein könnte. Jeder vernünftige Mensch hätte gedacht, ich wäre nicht zu Hause oder wäre verhindert. Kate war hartnäckig und wusste genau, dass ich ihr früher oder später die Tür öffnen würde.

„Überraschung!", rief sie viel zu gut gelaunt und streckte mir zwei große Becher mit Eis entgegen. Unglaublich, dass sie um diese Uhrzeit so fröhlich hier auftauchte. Damit hätte ich rechnen müssen, als ich ihr schrieb, dass ich wieder zu Hause sei. Wo sie das Eis so spät herbekommen hatte, blieb erstmal ein Rätsel.

„Ich habe keinen Liebeskummer.", erwiderte ich gleich darauf, da mir sehr wohl bewusst war, warum sie dieses Eis angeschleppt hatte. Wir setzten dabei auf ein altbekanntes Klischee, welches vermutlich jede Frau mit Liebeskummer schon mal ausprobierte und ich stellte immer wieder fest, dass es bei mir anschlug. Ich liebte die Kälte und den süßen Geschmack und lud all die Kalorien in meinen Körper ein. Ob man nun auf seine Figur achtete oder nicht, verletzt wurde man immer. Kate rannte an mir vorbei in meine Wohnung und stürzte sich auf mein Besteck in der Küche, nahm zwei Löffel heraus und zog mich mit sich auf das Sofa. Aus ihrer Tasche zauberte sie eine DVD, um genau zu sein Bridget Jones, alle beiden Teile. Ich sah sie mit einem tadelnden Blick an und fragte mich, ob sie es ernst meinte. Doch eh ich es mich versah, lagen wir auch schon aneinander gekuschelt, unser Eis löffelnd und starrten den Bildschirm an. Haltet mich für verrückt, aber ich mochte diesen Film wirklich. Allerdings war auch dieser Film unser Signal für Liebeskummer. Es schien so, als wollte Kate es mir mit aller Macht einreden.

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