Kapitel 18-Gefühl

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„Hallo John! Was machst du denn hier?" Ich sprang auf und umarmte ihn, lächelte und wir taten, als wären wir ganz normale Verschwägerte. Ich fand, wir waren gar nicht so schlechte Schauspieler, Tom durfte genauso wenig etwas wissen wie die anderen. „Willst du dich vielleicht zu uns setzen?", fragte ich ihn aus reiner Höflichkeit, obwohl anscheinend weder ich noch Tom, laut seinem Gesichtsausdruck, Lust darauf hatten.

„Sicher, aber lange kann ich sowieso nicht bleiben." Er setzte sich tatsächlich neben mich, dabei hätte ich erwartet, dass er ebenfalls wenig Lust auf mich hatte. Es war keinesfalls so, dass ich ihn hasste, leider, aber es war mir furchtbar unangenehm mich allein schon in einem Raum mit ihm zu befinden. Ließ diese Spannung denn irgendwann mal nach?

„Was machst du hier?", wollte ich weiterhin neugierig wissen und die eingetretene Stille vernichten.

„Hat es dir Sophie noch nicht gesagt? Sie will hierher ziehen und ich habe eine Stelle in dem Krankenhaus hier angeboten bekommen." Ich dachte, ich hatte mich verhört. Es war eine tolle Nachricht, dass meine Schwester in meine Nähe ziehen wollte, denn wir sahen uns viel zu selten, doch gleichzeitig bedeutete es, dass ich John öfter sehen musste und das hätte anstrengend werden können. Ihn nur mal an Feiertagen zu sehen wäre noch erträglich gewesen, aber vermutlich jede Woche war mir zu viel. Dabei dachte ich, dass ich über ihn hinweg wäre, doch das konnte wohl noch eine Weile dauern, bis es nicht mehr völlig peinlich war.

„Wirklich? Das ist super!", freute ich mich eher halbherzig.

„Ich denke, ich sollte dann mal gehen. Habe noch einen weiten Weg vor mir.", verkündete Tom, während er aufstand.

„Oh, wirklich schon so früh? Na dann, noch viel Spaß und fahr vorsichtig!" Ich umarmte ihn fest und hoffte, dass er wirklich keinen Mist baute. Ich hatte grundsätzlich Bedenken gegenüber Motorrädern.

„Ja, Mama. Ich rufe dich an, wenn ich da bin.", scherzte er, bevor er endgültig ging. Nur wenig später hörte ich ein Motorrad vorbeifahren. Jetzt waren John und ich allein.

„War das nicht der komische Typ von deinen Eltern?", meinte er und klang dabei, als würde er von Herpes reden.

„Dieser Typ ist Tom und er ist mit Sicherheit nicht komischer als du.", gab ich zickiger als ich wollte zurück.

„Und wie steht ihr zueinander?", stocherte er weiter herum.

„Ich weiß zwar nicht, was dich das angeht, aber wir sind Freunde und das schon seit der Oberstufe." Ich trank den letzten Schluck meines Kaffees aus und stand auf, um ebenfalls zu gehen.

„Warte! Ich soll noch irgendein Paket bei dir abholen.", hielt John mich auf.

„Oh, das hatte ich ganz vergessen. Dann komm mit."

Kurz darauf standen wir vor meiner Wohnung. Ich ging hinein, doch John blieb draußen stehen.

„Was ist? Kommst du?", fragte ich ihn verwundert.

„Ich wusste nicht, ob das okay wäre, wegen dem letzten Mal als ich hier war..." Prompt hatte ich alle Bilder von unserem ersten Treffen im Kopf und musste mich stark zusammenreißen, damit ich nicht wieder daran dachte, wie toll es war.

„Wir sind zwei erwachsene Menschen, keine Teenager mehr. Wir sollten mit dieser Situation fertig werden." Ich klang wesentlich sicherer als ich es eigentlich war. So fest entschlossen ich auch über meine Gefühle war, sobald John wieder auftauchte, schien alles wieder durcheinander zu kommen. Langsam folgte er mir, wirkte dabei allerdings recht vorsichtig, als wäre das Gleiche nochmal passiert bei einer falschen Bewegung. Aus meinem Schlafzimmer schleifte ich ein relativ großes und sehr schweres Paket an. Ich sollte es für sie bestellen, damit John nicht irgendeine Rechnung oder was weiß ich nicht fand, wo drauf stand, was drin war. Sie hatte einen leichten Schwangerschaftsausbruch und sämtlichen Babykram bestellt.

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