Kiss of the rain

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Der Regen trommelte sachte und zärtlich gegen die Scheibe meines Fenster. Ganz sanft, als wäre das Glas ein zerbrechliches Gefäß, welches bei der kleinsten Berührung zu Bruch ging. Dieser Vorgang hinterließ ein so wohltuendes Geräusch, welches in meiner Seele und tief in mir widerhallte. Ich schloss die Augen, saugte diesen Moment der Ruhe, der Stille und Idylle in mich auf. Für mich gab es nichts schöneres als Regen.Der Geruch. Das Geräusch, wenn er prasselnd auf die Erde niederging. Das schöne Bild, die die grauen und trüben Regenwolken am Himmel bildeten, welche so gut mein inneres Chaos nachbildeten. Oder der ein und andere Regenbogen. Und natürlich das Gefühl des Kusses auf meiner Haut, wenn der Regen über mich hinwegstrich und mich liebkoste, als wäre ich seine Geliebte.

~

All das erinnert mich an ihn. Ist es nicht verrückt, dass Regen mich an den Jungen erinnert, den ich liebe? An diesen einen Jungen, der so anders zu sein scheint, als der Rest. Und der so unerreichbar für mich ist. Dem nahezukommen völlig ausgeschlossen sowie unmöglich ist. Nie würde er einen Blick auf ein Mädchen wie mich werfen.

Denn - wer würde schon ein Mädchen mit Narben lieben? Auf der Seele, sowie auf meinen Armen. Keiner. Jeder schreibt solche Menschen als Psychos oder sonstiges ab. Diejenigen, die es nicht tun, sind entweder selbst welche oder eine Ausnahme. Und solche Ausnahmen gibt es verdammt wenig, bis gar keine.

Allerdings muss ich schon zugeben: Warum sollte man sich die Mühe mit solch Nervenbündel wie mir machen? Die nichts weiter waren als ein Wrack, ein hoffnungsloser Fall? Weil wir es wert sind? (Achtung, keine Anspielung auf Werbung oder so!) Klar, als ob.

Es gibt so gut wie keine Ausnahme. Bitches. Tunten. Tussen. Fakegesichter. Lügnerinnen. Möchtegern-Leute.
Ihr alle zieht diese Geschöpfe Leuten wie uns vor. Aber was sind Leute wie wir genau? Wer sind wir denn schon, welche Rolle spielen wir, welche ist uns zugedacht?

Wir? Wir sind die Loser. Wir sind die Außenseiter, die keine Freunde haben und die sich zu einer kleineren Gruppe zusammenhäufen, um nicht komplett alleine dahinzuvegetieren. Wir sind die, die immer ein kleines bisschen verrückt und dem Wahnsinn verfallen sind, weil bei uns alles, quasi ohne Auszeit, drunter und drüber geht. Wie bei einer Achterbahn. Wir sind die, mit den Krankheiten, den psychischen Erkrankungen wie Depressionen, und leben in einer Blase aus Trübsal und Trauer dahin. Doch man kann mit uns auch Spaß haben, wusstet ihr das? Wir sind die, die immer all ihre Probleme und Emotionen so weit zurückstecken, bis etwas oder jemand das Fass zum überlaufen bringt und wir hochgehen und explodieren wie ein Bombe. Wir sind die, denen keiner zuhört, weil wir es eben nicht wert sind. Weil wir unwichtig sind und nichts relevantes oder interessantes zur Gesellschaft beizutragen haben. Wir sind die, die anders sind und von den 'normalen' Leuten immer komisch angesehen werden, weil wir es gewagt haben uns von der Menge abzuheben, von den Normen abzuweichen. Weil wir nicht so sind wie sie. Weil wir wir selbst sind.

Wir sind die mit den Narben.

Narben, die unsere Seele über die Zeit gekennzeichnet haben, die uns unverkennbar als das ausmachen, was wir sind.

Doch ich bin stolz auf das, was ich bin. Wer ich bin. Und das kann mir keiner nehmen ...

Vielleicht werde ich nie das hübsche Mädchen sein. Oder das Girl, welches im Mittelpunkt steht, von allen beneidet und bewundert wird. Höchstwahrscheinlich werde ich auch nie viele Freunde haben. Aber das brauche ich auch nicht. Denn ich habe dafür wahre Freunde, und das ist etwas, was heutzutage etwas ganz seltenes ist. Und ja, nie im Leben werde ich den Typen abbekommen, nach dem sich mein Herz so sehr verzehrt.

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