Erwischt

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 Erwischt

„Damon.“ Ein leiser Hauch einer Stimme dringt in meinem Kopf. Es scheint Kilometer weit entfernt, vernebelt und verschleiert. Kaum verstehbar, wenn ich den Namen nicht kennen würde.

Doch das nächste Geräusch, unüberhörbar im Gegensatz zu der Hauchstimme. Ein lauter Schlag, der mich erschrocken aus meinem Schlaf reißt.

Es dauert einen kurzen Augenblick bis ich Caroline vor dem riesigen Bett, indem ich noch liege wahrnehme. Ihre Augen sind geweitet, das Gesicht dunkelrot vor Zorn. Sie öffnet ihren Mund, wahrscheinlich um irgendetwas darauf zu erwidern, doch es kommen keine Worte heraus, stattdessen fängt sie wütend an zu schreien. Erst in diesem Moment begreife ich, worauf Caroline die ganze Zeit ihren Blick gerichtet hat. Auf meine Unterwäsche.

Ich schlucke. Ich habe gestern Nacht ganz vergessen, mich nach diesem Missverständnis wieder anzuziehen.

„Caroline, ehrlich.“ Ich hole tief Luft: „Es ist nicht das, wonach es aussieht.“

„Sag mal hast du den Verstand verloren, Damon?“ Ihre kreischenden Worte sind kaum zu verstehen.

Schnell schlage ich die Decke wieder über meinen Körper und wende meinen Blick auf Damon, der genauso verdattert wie ich neben mir liegt. Auch er wurde gerade aus dem Schlaf gerissen.

Doch Caroline lässt ihn noch nicht einmal antworten: „Wie stellst du dir das denn vor? Samantha ist nicht irgendein Mädchen, das du nach einem One-Night-Stand wieder fallenlassen kannst. Sie ist Elenas Schwester. Hast du das nicht begriffen? Wie konntest du nur? Kannst du nicht ein einziges Mal Rücksicht nehmen. Nur einmal. Ich hab Elena von Anfang gesagt, dass du ihr nur das Herz brechen wirst. Und ich bin froh, dass sie mich beauftragt hat, hierherzukommen. Du bist ein mieses hinterhältiges Schwein, Damon.“ Caroline holt Luft.

„Caroline, wirklich. Das ist wirklich nicht das, wonach es aussieht. Es ist nichts gelaufen…“, versuche ich Damon zu unterstützen.

„Steig sofort aus dem Bett, Samantha. Geh rüber in Stefans Zimmer und zieh dir was an.“ Sie hebt ihren Zeigefinger und richtet ihn Richtung Zimmertüre.

„Aber…“ Sie hat doch noch überhaupt nicht die ganze Geschichte gehört.

Ihre Augen verengen sich zu Schlitzen: „Sofort.“, zischt sie.

Ich hebe genervt entschuldigend die Arme, schlinge die Decke um meinen Körper und marschiere wutentbrannt aus dem Zimmer, aber nicht ohne zu vergessen, die Tür lautstark zuknallen zu lassen.

„Was denkst du dir nur?“ Ihr Schrei lässt mich vor der Tür innehalten.

„Caroline. Jetzt lass es mich doch erklären.“, brummt Damon verärgert.

Sie seufzt: „Nein, Damon. Du hast nichts mehr zu erklären. Ich rufe Elena an. Du bist ein elendes Schwein. Sie ist noch nicht einmal erwachsen! Und Elena hat die Verantwortung für sie, solange sie hier ist. Sie wird fuchsteufelswild sein, wenn sie das hier erfährt, da kannst du dir sicher sein!“ Ihre Schritte nähern sich der Tür.

Schnell mache ich einen Rückzieher und verschwinde wieder zwei Türen weiter in Stefans Zimmer, aus dem ich mich gestern Abend noch rausgeschlichen habe.

Caroline hat Recht, Elena wird wütend sein. Wieso lässt Caroline nicht mit sich reden? Wenn sie wenigstens die Wahrheit wüsste, wäre es nur halb so schlimm. Ob es bei Elena anders sein wird? Würde sie mir glauben, wenn ich behaupte nicht mit Damon geschlafen zu haben?

Ich stöhne. Wahrscheinlich nicht.

Wütend schlüpfe ich in meine Klamotten, die ich energisch aus meinem Koffer ziehe. Wieso ist das alles überhaupt passiert? Wieso mussten mich Elena und Damon damals aus London holen? Wieso? Seit diesem Tag steht mein ganzes Leben Kopf. Ich habe meine große Liebe Brian verloren, wurde ohne Vorwarnung auf einen anderen Kontinent verschleppt, habe den wahrscheinlich grausamsten Mann der Erde getroffen und werde Damon verlieren…Ich habe keine Lust mehr auf dieses Leben.

Ausgelaugt stopfe ich meine herumliegenden Sachen in den Koffer zurück, hebe ihn an und setze ihn auf das Fensterbrett. Der Koffer hat immer noch seine hundert Kilo, aber irgendwie werde ich ihn schon aus diesem Haus bekommen. Mulmig spähe ich aus dem Fenster, nicht so hoch, wie ich vermutet habe, aber dennoch hoch genug. Vorsichtig öffne ich das Fenster, hebe den Koffer heraus, halte ihn aber dennoch am Henkel. Hole Schwung und lasse ihn fallen. Ich habe Glück, er landet im hohen Gras, so dass der Schall gedämpft wird.

Gegenüber von meinem Fenster steht ein hoher ausgewachsener Baum. Vielleicht schaffe ich es an ihm, vorsichtig hinunter zu klettern, ohne Aufsehen zu erregen. Ich knie mich auf das Fensterbrett, kralle mich an den hoffentlich haltenden Ast und krabble Zug für Zug näher an den Stamm heran. Als ich den dicken Stamm erreiche, bin ich durch die Aufregung schon total verschwitzt, kann aber meines Stolzes wegen nicht mehr umkehren. Ich angele mich wachsam von einem Ast auf den nächsten Darunterliegenden, bis ich nur noch einen Meter vom Boden entfernt bin. Ich schließe die Augen, mache einen Satz und lande direkt neben meinem Koffer im hohen Gras. Glück gehabt, denke ich schnaufend.

Ich ziehe meinen Koffer aus dem Gras und schleiche mich an die Hauptstraße heran, ab hier können sie mich, durch die dichten Bäume nicht mehr erkennen. Ich atme erleichtert durch.

Mein nächstes kleines Ziel ist das Innenleben von Mistic Falls, das ich nur zwanzig Minuten später erreiche, nachdem ich mich mühsam, mit dem schweren Koffer aus der Wohnsiedlung geschlagen habe. Die Hauptstraße entlang erreiche ich die Grenze des kleinen Städtchens.

Angestrengt stelle ich mich an den Straßenrand und strecke meinen Daumen heraus. Ich muss nur in die nächstgelegene Stadt kommen, die einen Flughafen besitzt. Von dort aus werde ich meine Mutter anrufen, sie wird mir den Flug zurück nach London bezahlen. Im Inneren hoffe ich, dass sich mein Plan auch so leicht ausführen lässt. Doch was kann heute noch Schlimmes passieren?

Ein schwarzer Rover hält am Straßenrand. Der Fahrer winkt mich zu sicher heran.

„Kann ich dich mitnehmen?“ Seine Stimme klingt dunkel und verkratzt.

Ich nicke: „Ja, sehr gerne. Fahren sie in eine Stadt mit einem Flughafen?“

Er nickt: „Ja, dort gibt es einen Flughafen.“

Ich atme entspannt: „Kann ich meinen Koffer in ihren Kofferraum stellen?“

Er betätigt einen Knopf an seinem Lenkrad und da springt hinten die Luke auf.

Ich öffne die Hintertür, nachdem ich den Koffer untergebracht habe und lehne mich entspannt zurück in den Ledersitz.

„Samantha.“ Der Beifahrer dreht sich zu mir um: „Schön dich wieder zu sehen.“ Sein Grinsen verpasst mir eine Gänsehaut.

Meine Augen weiten sich. Stefan.

Sisterheart (Vampire Diaries FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt